Nachdem Guy Ritchie bereits mit seiner „Sherlock Holmes“-Adaption erfolgreich war, übertrag ihm Warner schließlich die Aufgabe ein weiteres Retroprojekt mit moderner Inszenierung aufzumotzen, die Kinoneuversion der Agentenserie „The Man from U.N.C.L.E.“ aus den 1960ern.
Genau zu dieser Zeit, zu Beginn der 1960er, spielt die Kinoneuauflage auch und lässt inmitten des Kalten Krieges den CIA-Agenten Napoleon Solo (Henry Cavill) und den KGB-Agenten Illya Kuryakin (Armie Hammer) Spy vs. Spy spielen. Als Solo nämlich die Automechanikerin Gaby Teller (Alicia Vikander) aus Ostberlin herausholt, ist Kuryakin dicht auf seinen Fersen, was in eine spritzige Verfolgungsjagd mündet, in der sich die Kontrahenten gegenseitig belauern und mit Finten austricksen. Charmant, gewitzt und stilvoll, ein famoser Auftakt, an den der Rest vom Film nie wieder so richtig anknüpft.
Der CIA ließ Gaby nicht ohne Grund befreien, denn ihr tot geglaubter Vater Udo (Christian Berkel) war einer der führenden Wissenschaftler zur Nazizeit und könnte eine Atombombe bauen, die sich dritte Parteien leisten können. KGB und CIA arbeiten in dieser Notsituation zusammen: Sowohl Solo als auch Kuryakin sollen Gaby nach Rom zu ihrem Onkel Rudi (Sylvester Groth) begleiten und nach Udos Verbleib forschen. Eine Kooperation von Russe und Amerikaner, das war in der Originalserie im Jahr 1964 ein fortschrittlicher Gedanke, war doch erst zwei Jahre zuvor die Kuba-Krise gewesen, deren glückliches Ende man allerdings optimistisch deuten konnte. Heutzutage sind solche Konstrukte nach Zerfall der Sowjetunion, allem Knatsch zwischen Putin und dem Westen zum Trotz, bestenfalls versöhnliche Gesten, aber Ritchies „The Man from U.N.C.L.E.“ ist voll auf Retro und Nostalgie gebürstet.
So begibt sich das Trio nach Rom um dort Rudi und dem exzentrischen Ehepaar Victoria (Elizabeth Debicki) und Alexander (Luca Calvani) auf die Finger zu schauen, die man als potentielle Auftraggeber des Bombenbaus vermutet. Kuryakin gibt sich als Gabys Verlobter aus, Solo als Antiquitätenhändler und mal mit-, mal gegeneinander versucht man die Bombe zu finden, bevor sie verkaufsfertig ist…
Die Ansätze für ein launiges Buddy Movie mit Retrocharme sind da, gerade auch in der Anlage der beiden Superagenten zu finden: Solo, ein Meisterdieb, der gezwungenermaßen für die CIA arbeitet, das gute Leben, die Frauen und Stil über alles schätzt und stets einen arrogant-amüsierten Oneliner parat hat, trifft auf Kuryakin, eine zähe Kampfmaschine, deren dunkle Vergangenheit gelegentlich zu Gewaltausbrüchen zu führen droht und deren Humorlosigkeit im Kontrast zu Solos Laissez-faire-Attitüde steht. Doch wenig macht „The Man from U.N.C.L.E.“ aus dieser Situation, nutzt die verschiedenen Persönlichkeiten der beiden Hauptfiguren selten aus, weshalb die meisten der Spy-vs.-Spy-Gags auch mit ganz anderen Figuren genauso ablaufen würden.
Humor ist sowieso ein Problem des Films oder besser gesagt seiner Inszenierung: Wenn Solo während einer Verfolgungsjagd von einem Boot geschleudert wird, an Land in einen Laster steigt und dort zu klassischer Musik aus dem Autoradio einen Picknickkorb plündert, während sich Kuryakin im Hintergrund mit fiesen Schergen zofft, dann ist das kurzzeitig amüsant, wird aber zunehmend nervig, wenn Ritchie den Gag bis ins Unendliche auswalzt. Eine spätere, deutlich schwarzhumorige Variante dieses Gags funktioniert schon besser, aber insgesamt ist die Trefferquote in Sachen Oneliner und Witze bestenfalls als durchwachsen zu beschreiben; kein Vergleich zu den pointieren Wortgefechten der artverwandten „Sherlock Holmes“-Filme des Regisseurs.
Wobei man fairerweise sagen muss, dass die Kombination aus Robert Downey Jr. und Jude Law eine ganz andere war als die der „U.N.C.L.E.“-Hauptdarsteller. Henry Cavill wirkt immer etwas bemüht, auch wenn er den arroganten Quasi-Bond mit Verve spielt, während Armie Hammer durchaus facettenreich den zu zarten Gefühlen fähigen Haudrauf-Agenten verkörpert. Eine wirkliche Chemie im Zusammenspiel miteinander entwickeln sie allerdings nie. Als dritte im Bunde ist Alicia Vikander bestenfalls routiniert, weiß sich aber in einigen Szenen famos die Bälle mit Hammer zuzuspielen. Elizabeth Debicki ist herrlich überdreht als Fieslingszicke, ganz schwach dagegen Luca Calvani als ihr Mann, doch vom Drehbuch werden die beiden auch mit zahnlosen Schurkenrollen abgespeist, die nie genug Charisma entwickeln um als echte Bedrohung zu erscheinen. Sylvester Groth gibt ganz okay mal wieder den Altnazi, sein „Inglourious Basterds“-Kollege Christian Berkel schaut für zwei, drei Szenen vorbei, doch die Szenendiebe sind ganz andere: Hugh Grant als britischer Geheimdienstler sowie Jared Harris und Misha Kuznetsov als Bosse der beiden Agenten-Streithähne.
Die Prämisse dient Guy Ritchie jedoch eh nicht als Schauspielerfilm oder spannender Thriller, sondern als Styling-Orgie in Sachen Ausstattung und Set-Design – beides Qualitäten, die sich in „The Man from U.N.C.L.E.“ zweifellos sehen lassen können und mit viel Charme den Zeitgeist der 1960er wieder aufleben lassen. Leider wird gleichzeitig Ritchies Desinteresse an fast allem anderen spürbar: Ereignislos schleppt sich der Plot dahin, Überraschungen gibt es nur wenige, da die Schurken ja von Anfang an bekannt sind und das Gefühl von echter Gefahr für die Hauptfiguren oder gar die Weltbevölkerung vermittelt „The Man from U.N.C.L.E.“ nie. Stattdessen schwelgt man dröge in der Präsentation schicker Anzüge, funkelnden Schmucks und historischer Rennautos, während der Film nie so recht die Balance zwischen Flappsigkeit und Ernst trifft: Einerseits wird das Ganze als lockerleichtes Agenten-Abenteuer-Actionspektakel präsentiert, andererseits wird es phasenweise unvermittelt düster und abgründig, gerade wenn es um Kuryakins Vergangenheit geht: Sein Vater wurde ins Gulag deportiert und der Sohnemann hat seitdem psychische Probleme. Doch diese Seiten kann Ritchie nie stimmig in den Film integrieren, sie wirken wie Fremdkörper.
Auch in Sachen Action kann „The Man from U.N.C.L.E.“ nur selten glänzen: Neben dem famosen Auftakt ragt noch ein Verfolgungsjagd im Finale hinaus, bei dem Zoom-Ins und Zoom-Outs die Positionen aller an der Hatz beteiligten Parteien auf der Landkarte zeigen und einige coole Vehikelstunts drin sind. Die restliche Action dagegen ist meist schnell vorbei, selten spektakulär und leidet stellenweise unter einer Überinszenierung, etwa wenn beim Sturm auf die Basis der Fieslinge das Bild mit zig Splitscreens fragmentiert wird.
Das Ende schielt auf die Schaffung einer neuen Franchise, nach mauen Einspielergebnissen sieht es danach aber nicht aus. Nicht zu Unrecht, denn „The Man from U.N.C.L.E.“ bleibt ein dröger Agentenfilm zwischen Parodie und Hommage, Ernst und Absurdität, der abgesehen von seinem tollen Opening und einer schicken Jagd im Finale nur mit seiner tollen Ausstattung punkten kann. Doch die Geschichte bleibt zweitrangig, die Figuren egal und der Humor ist nur begrenzt treffsicher. Auch Mäßiges mit Stil bleibt immer noch mäßig.