Hypnotisierende Leere
Früher war jedes, rar gesäte Terrence Malick-Werk ein gottgleiches Event & bildhübsches Arthouse-Highlight mit tieferem Sinn. Oft nur eins pro Jahrzehnt. Die meisten würden sagen, "Knight of Cups" wäre der letzte & stärkste Beweis, dass sich der abgeschottete Meister weit von dieser Glanzform entfernt hat. "Knight of Cups" wurde weltweit von Kritikern zerrissen & vom Publikum umgangen. "Tree of Life" war umstritten, "To The Wonder" hätte man als Ausrutscher abtun können, aber "Knight of Cups" soll nun endgültig prätentiöser Hochglanz-Müll sein, der zu hoch ist für diese Welt. Teilweise stimmt das. Teilweise ist das für mich absoluter Bullshit.
Ich war nie der größte Malick-Fan, schlief bei "Tree of Life" öfter ein, als dem Blu-ray-Player lieb war, musste mich sogar durch seine unumstrittenen Meisterwerke wie "Der schmale Grat" oder "Days of Heaven" manchmal etwas quälen. Aber mit "Knight of Cups" war das anders. Vielleicht war ich ausgeschlafener, vielleicht hat mich die Story über einen leeren Mann im leeren Hollywood einfach fasziniert, vielleicht war es Lubezkis grandiose Bildpoesie oder vielleicht hat sich mein Geschmack über die Jahre auch einfach verbessert/verändert. Ganz egal - diese schwerfällige, wunderhübsche Ode an das Leben & den Sinn dahinter, hat mich mitgerissen & es ist eine Schande, dass ich ihn im Kino links liegen lassen habe, denn besonders dort hätten sich die hypnotischen Bilder wohl noch stärker entfaltet. Never trust the critics! Bild dir deine Meinung selbst...
"Knight of Cups" ist träumerisch schön, kein normaler Film. Eher eine Collage des Lebens, der Schönheit & der Kunst. Denn dieser Film ist unumstritten Kunst. Ob die nun ergiebige, hohe Kunst ist oder schon weg kann, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich gehöre hier wohl zur Minderheit, die dem Film durchaus genug abgewinnen können. Viele Bilder, die hängen bleiben, selbst wenn das Hauptthema mit der Leere Hollywoods, seelisch wie charakterlich, natürlich nicht gerade innovativ anmutet. Man sah es vor Kurzem sogar optisch ebenso brilliant in Refns "The Neon Demon". Beide sind thematisch nicht unähnlich, unfassbar gut aussehend, könnten jedoch genauso gut Gegenpole sein.
Die Darsteller, ob Christian Bale als zielloser Erfolgstyp oder seine etlichen, ultraheissen Gespielinnen, machen ihre Sache extrem eindringlich. Kein Wunder unter Malick, bei dem selbst der größte Name nie weiß, ob er nicht doch auf dem Boden des Schneideraum landet. Über die berauschenden Bilder wurde schon genug gesagt, über die ungewöhnliche Art von Filmkunst ebenso. Das er etwas repetitiv & selbstgefällig wirken kann, streite ich nicht ab. Das er ein Erlebnis für die Sinne sein kann & für Fans von Malick ein Must-See, muss jedoch genauso betont werden. Da mich bisher noch keiner seiner Filme (die ich mir dringend nochmal angucken sollte!) so beeindruckt & geflasht hat, wie diese beeindruckende Tarokarten-Show, diese erweitere Parfumwerbung, kann ich hier nur den Daumen hoch geben & muss laut widersprechen, wenn man sagt, Malick kann aufhören. Zumindest für mich ist er hier wieder richtig gut drauf & hat eine Kehrtwende geschafft, hat es immer noch drauf. Und das wie kein Anderer!
Fazit: wie ein wunderschöner Traum, an dessen Sinn oder entscheidende Stellen man sich nicht mehr richtig erinnern kann. Trotzdem übte "Knight of Cups" eine bizarre Faszination auf mich aus, die die zeitweise Langeweile & Leere weit überstrahlt - ein polarisierendes Werk, dass über die Jahre sicher an Wert, Sinn & Ansehen gewinnen wird. Malick ist einfach mit absolut Nichts zu vergleichen & das ist gut so! Näher ist ein Film einem Schwall von Erinnerungen oder gar einem komplett vorbeiziehenden Leben noch nicht gekommen.