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Ich könnte mir vorstellen, daß Fenrir, der Fenriswolf aus der nordischen Mythologie, ziemlich angepißt wäre und möglicherweise sogar "Ragnarök" knurren würde, wenn ihm das deutsche Videotape "seines" Filmes vor die Schnauze fällt, haben ihn die Marketingleute des hiesigen Vertriebes VCL/Virgin doch glatt und ohne ihn zu fragen in Anthony umgetauft. Ein Schicksal, das er mit dem Indianermonster aus The Cellar (Anthony II - Die Bestie kehrt zurück, 1989) teilen muß. Mit dem originalen Anthony, der Kreatur aus Stephen Carpenters und Jeffrey Obrows The Kindred (Anthony, 1987) haben beide nämlich nicht das Geringste zu tun, und wer sich die Filme nacheinander zu Gemüte führt wird unschwer erkennen können, daß sich die drei Monster auch kaum ähneln. Ausgangspunkt der Geschehnisse in The Runestone (Anthony III) ist der Fund eines riesigen Runensteines in Pennsylvania durch den Archäologen Martin Almquist (Mitchell Laurance, Syngenor), welcher ihn zu weiteren Untersuchungen nach New York schaffen läßt. Besagter Stein wurde dort vor langer Zeit von den Wikingern entsorgt, denen es gelungen ist, den schrecklichen Fenrir bzw. dessen Geist in den Stein zu bannen. Gegen das verlockende Gesäusel des Gefangenen ist Martin machtlos, und bald schon stapft eine blutrünstige Bestie durch den Big Apple, die alles massakriert, was ihr in die Quere kommt.

Regisseur und Drehbuchautor Willard Carroll macht vieles richtig, vieles aber auch falsch, was rückblickend traurig stimmt, hätte The Runestone doch das Zeug zum kultigen Monsterkracher gehabt. In der ersten Hälfte ist der auf einer Novelle des Schriftstellers Mark E. Rogers basierende Streifen recht träge und nicht wirklich stimmig, da sehr uneinheitlich. Der Plot mäandert ziellos dahin, als wüßte man nicht, wohin die Reise geht. Da wird mit dem von Alexander Godunov (Die Hard) gespielten Uhrmacher eine mysteriöse Figur eingeführt, die den Großteil des Filmes im Arbeitszimmer herumsteht, die Stirn runzelt und ominös in die Gegend starrt. Captain Fanducci (Peter Riegert, Animal House) soll als fluchender, PEZ-futternder Polizist wohl so etwas wie ein Comic Relief darstellen, was nicht funktioniert, da seine Sprüche meist lahm sind. Lawrence Tierney (Reservoir Dogs) als sein Vorgesetzter weigert sich partout, die Fakten anzuerkennen ("I'll tell you what it is, Fanducci. It's a big guy in a bulletproof dog suit."), und Lars Hagstrom (William Hickey, Prizzi's Honor) ist der verrückte Alte, den alle ignorieren. Zumindest Tierney und Hickey bereichern allein mit ihrer Anwesenheit den Film. Eine Bereicherung stellt zweifelsohne auch Joan Severance (Black Scorpion) als Martins Ex Marla Stewart dar, da sie ordentlich spielt, hübsch anzuschauen ist und recht sympathisch rüberkommt.

Ganz und gar nicht sympathisch erscheint hingegen Martin, womit man die Möglichkeit verpaßt hat, seinem Schicksal analog zum Werwolfmotiv eine tragische Note zu verleihen. Und Tim Ryan als Marlas Ehemann Sam bleibt so blaß, daß man ihn schon wieder vergessen hat, sobald der Abspann läuft. So zerfahren The Runestone in der ersten Hälfte wirkt, so geradlinig und zielgerichtet ist er dann in der zweiten. Denn ab etwa der Mitte gibt es Monster-Action satt. Der Streifen legt an Tempo zu, das Biest metzelt sich durch die Cast im Minutentakt (der Bodycount ist erstaunlich hoch), ein Set-Piece reiht sich an das nächste. Das Beste davon ist vermutlich das Massaker in einer Kunstgalerie, wo die Kreatur unter anderem ein lebendes Ausstellungsstück - eine Frau mit Lockenwickler und Godzilla-Slipper - attackiert, und die Besucher über den Realismus staunen, weil sie denken, das gehöre zum Tableau. Leider macht Carroll auch hier etwas ganz entscheidendes falsch. So nett die Monster-Randale auch anzuschauen ist, so sehr wünscht man sich, daß sie härter und wuchtiger umgesetzt worden wäre, zumal sie auch fast schon erschreckend blutleer ist. Mit dem roten Lebenssaft wird so gegeizt, daß man den Eindruck bekommt, die SFX-Crew rund um Lance Anderson (Pet Sematary) hätte nur eine Flasche Kunstblut zur Verfügung gestellt bekommen und hätte deshalb das Gros des "Blutbades" notgedrungen ins Off verlagern müssen.

Fenrir selbst, gespielt von Dawan Scott im zotteligen Ganzkörperkostüm, ist eine zwiespältige Angelegenheit. Das etwa zwei Meter große Biest ist unbestritten eine durchaus eindrucksvolle Erscheinung, umso mehr, weil es DoP Misha Suslov gelingt, die Auftritte der Kreatur mit geschickter Szenenausleuchtung (viel blau, noch mehr rot) und massenhaft Nebel sehr stimmig und effektvoll in Szene zu setzen. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß Fenrir bloß ein 80er/90er-Jahre-Standardmonster ist, das angesichts der starken Konkurrenz in die zweite Reihe verdrängt wird. Rawhead Rex, Pumpkinhead und auch der richtige Anthony etwa sind da sowohl furchteinflößendere als auch denkwürdigere Kreaturen. Im Einstecken ist das Biest jedoch ein ganz Großer. Es schluckt Kugeln wie Fanducci seine PEZ-Zuckerl, sehr zum Leidwesen des NYPD, das recht heftig dezimiert wird. Was gibt es sonst noch zu vermelden? Eine Monsterattacke als Schattenspiel an der Wand zu zeigen, ist eine coole Idee, die wenigen Schockmomente sind gut getimed und sehr effektiv (Respekt!), und das große Finale ist trotz Abwesenheit der emotionalen Ebene recht packend geraten. Unterm Strich ist The Runestone somit ein konventionelles Monster-Movie mit mystischem, altmodischem Flair, ein launiger, wenngleich etwas zu lang geratener Fantasy-Horror-Hybrid, der trotz schleppenden Beginns gut, aber überraschungsarm unterhält.

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