Im 13. Jahrhundert beherrscht Kublai Khan die Mongolei. Doch das genügt seinem unersättlichen Machthunger längst nicht. Seine Eroberungslust richtet sich auf China. Das Imperium, das der mächtige Khan beherrscht, wird bei seinem Tod das flächenmäßig größte Reich der Weltgeschichte sein. Der junge Venezianer Marco Polo gerät mitten hinein in diese fremde Welt voller Gier, Ausschweifung, Intrigen und Machtstreben. Von seinem Vater als lebendes Pfand am mongolischen Hof zurückgelassen, erringt Marco durch seine Intelligenz und Wortgewandtheit das Interesse und auch das Wohlwollen des mächtigen Herrschers. Als Abgesandter des Großkhans erlebt Marco Polo das größte Abenteuer seines Lebens.
Eigentlich sollte "Marco Polo" die nächste Serie des amerikanischen Kabelsenders Starz werden, doch aus verschiedenen Gründen ließ man seinerzeit das Projekt wieder fallen. Hauptsächlich war dies darin begründet, das man aus finanziellen wie auch politischen Gründen nicht an Original Schauplätzen in China drehen konnte und die Suche nach anderen adäquaten Schauplätzen sich recht mühsam gestaltete. So ist das Projekt dieser beeindruckenden Abenteuer Serie letztendlich bei Netflix gelandet und man drehte das Geschehen in Italien, Kasachstan und Malaysia und mit einem angeblichen Budget von gut 90 Millionen Dollar siedelt sich das Format gleich hinter der erfolgreichen ´Serie "Game of Thrones" an, was für eine Webserie doch eher ungewöhnlich ist. Dem Zuschauer kann das alles jedoch vollkommen egal sein, präsentiert sich an dieser Stelle doch ein Format, das einen von der ersten bis zur letzten Minute in seinen Bann zieht und dabei eine wahnsinnig starke Faszination ausstrahlt. Im Mittelpunkt steht Titelheld Marco Polo und die Serie beschäftigt sich mit dessen jungen Jahren, in denen er an den Hof des Kublai Khan gelangte. Von seinem Vater als eine Art Pfand hinterlassen gelingt es dem jungen Mann zu Beginn nur schwer sich mit seiner Situation abzufinden, doch im Laufe der Zeit lernt er, sich mit den Begebenheiten anzufreunden und sogar eine Art Freund des allmächtigen Khans zu werden, der seine Macht als auch seine Ländereien immer weiter ausdehnen will.
Zugegeben, in den ersten Episoden benötigt das Geschehen ein wenig Zeit um so richtig in Gang zu kommen, wobei die Ereignisse aber zu keiner Zeit auch nur annähernd langatmig erscheinen. Vielmehr werden einem die für die Geschichte wichtigen Charaktere ausführlich näher gebracht, wobei die Figur des Kublai Khan im zentralen Fokus steht. Gleichermaßen bekommt man auch einen tiefen Einblick in dessen Reich und wird mit seinen Absichten konfrontiert. Diese sind mit der gewünschten Eroberung Chinas schnell umrissen und so nimmt dieser Aspekt im weiteren Verlauf auch einen Löwenanteil in dieser ersten Staffel ein. Wer nun aber die Hoffnung auf opulent ausgestattete Schlachten und unzählige Kämpfe hegt wird eher enttäuscht sein, denn "Marco Polo" zählt keinesfalls zu den Formaten, die sich über einen gesteigerten Action Anteil definieren. Viel eher das Gegenteil ist der Fall, denn bis auf wenige kleinere Scharmützel hält man sich bei diesem Punkt sehr bedeckt, was aber keinesfalls als negative Kritik angesehen werden sollte.
Themen wie Loyalität, Ehre und unzählige Intrigen rücken dafür verstärkt in den Vordergrund und das ist auch gut so, denn das dadurch entstehende Gesamtbild ist absolut hervorragend. Die Macher der Serie schaffen es dabei fast spielerisch einen äußerst gelungenen Spannungsaufbau in Szene zu setzen, was im Zusammenspiel mit der absolut erstklassigen Atmosphäre des Szenarios ein mehr als nur stimmiges Gesamtergebnis abliefert. Dabei vermisst man etwaige Action auch überhaupt nicht, denn viel zu interessant gestalten sich die Ereignisse und man kann sich nie sicher sein, ob im nächsten Moment nicht schon die nächste Verschwörung vor der Tür steht. Hinzu kommt der Aspekt, das man mit einer absolut großartigen Darsteller Riege konfrontiert wird die ihr Handwerk ganz offensichtlich wirklich versteht. Sämtliche Hauptrollen wie auch die gesamten Nebenrollen wurden nahezu perfekt besetzt und das dargebrachte Schauspiel ist jederzeit authentisch und glaubwürdig. Dennoch dürften drei Figuren ganz besonders die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich richten, denn insbesondere Benedict Wong (Kublai Khan), Lorenzo Richelmy (Marco Polo) und Chin Han (chinesischer Kanzler Jia Sidao) liefern hier richtiggehend prägende Performances ab, die dieser ersten Staffel auch ihren persönlichen Stempel aufdrücken. Jia Sidao stellt sich dabei als vollkommen unberechenbarer Gegenspieler des Kublai Khan hervor und dem Zuschauer gelingt es auch zu keiner Zeit, die Verschlagenheit dieses eher unscheinbar wirkenden Mannes zu durchschauen. Das verleiht dem Ganzen eine Menge an zusätzlicher Würze und macht Appetit auf mehr, so das man sich schon jetzt ungeheuer auf die zweite Staffel dieser tollen Serie freuen kann.
Manch einem mag "Marco Polo" eventuell etwas zu dialoglastig erscheinen und echte Action Junkies werden keinesfalls auf ihre Kosten kommen. Große Schlachten und Kriege werden nämlich lediglich verbal thematisiert, visuell bekommt man jedoch nur ein Minimum an Aktionismus geboten. Mich persönlich hat das in keinster Weise gestört, denn diese opulent ausgestattete Serie überzeugt auch ohne Blut und Brutalität durch absolut grandiose Bilder. eine tolle Geschichte und großartig agierende Darsteller. Der einzig negative Aspekt ist darin zu suchen, das auch hier wie bei "Game of Thrones" lediglich 10 Episoden in einer Staffel enthalten sind und man so ungeduldig auf die Fortsetzung warten muss. Bleibt nur zu hoffen, das bei der hohen Qualität dieses Formates noch viele Staffeln folgen werden, denn "Marco Polo" beinhaltet ganz sicher sehr viel Potential, das längst noch nicht ausgeschöpft ist.
Fazit:
Anfangs war ich durchaus skeptisch, ob diese Serie mich wirklich begeistern könnte. Sämtliche Vorbehalte haben sich jedoch in Luft aufgelöst, denn hier ist ganz augenscheinlich etwas entstanden, das auch in Zukunft die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen wird.
9/10