kurz angerissen*
Kitano scheut das Klischee nicht, wenn er ein Paar nicht nur seelisch, sondern sogar körperlich durch ein Seil verbunden zeigt, wie es einmal quer durch alle vier Jahreszeiten wandert; Kirschblütenbäume, leuchtende Herbstblätter und blutrote Kimonos im weißen Schnee inbegriffen. Gleiches gilt für die beiden anderen Handlungsstränge des Episodenfilms, der obendrein von einem Puppenstück geklammert wird, das jegliches Geschehen aufbauschend symbolisiert.
Und trotz der gellenden Bildsprache und der ungewöhnlichen Geschichten ist „Dolls“ nicht einfach nur hübscher Postkartenkitsch. In unserer postmodernen Gesellschaft böte Kitanos Episodenwerk Stoff für eine kleine TV-Reportage mit dem obligatorischen 5-Minuten-Mitgefühlseffekt bis zur nächsten Werbepause, doch der Regisseur lässt sämtliche Situationen für sich wirken und verleiht ihnen ein Selbstentfaltungsrecht, indem er der Intension einer Szene nicht seinen Stempel aufdrückt – mit dem Resultat, dass die emotionale Wirkung im hohen Maße vom Betrachter abhängt und Genrezuweisungen somit verschleiert werden.
Der drohenden Romantisierung des Schicksals der Beteiligten wirkt Kitano zudem immer wieder mit skurrilen Einfällen entgegen, die nicht selten auch komödiantisch verstanden werden können und somit den tragisch-melancholischen Grundton auflockern. Denn den vermeintlichen Opfern wird nicht etwa bedingungsloses Mitleid entgegen gebracht, sondern sie haben den Umgang mit ihrem Schicksal dem Film gegenüber ebenso zu verantworten wie der Umgang der Nebenfiguren mit den Opfern.
Trotz fehlender Gewaltspitzen, eines verminderten Grades an filmischem Realismus und einer gleichzeitigen Erhöhung des Abstraktionsgrades mit Sicherheit einer der eindringlichsten Kitano-Filme, weil man die absurden Ausgangssituationen der drei Geschichten zum Anlass nimmt, über Teile der eigenen Lebensweise nachzudenken.
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