Review

„Poker Night“ (2014) ist ein von Greg Francis verfasster und realisierter düsterer Crime-Thriller, der mit vordergründigen Horror-Elementen, einem eigenwilligen Sinn für Humor sowie multiplen Zeitebenen und Plot-Strängen aufwartet. In Warsaw (Indiana) angesiedelt, wird die Geschichte des noch nicht allzu erfahrenen Polizisten Jeter (Beau Mirchoff) erzählt, der vor kurzem einen gefährlichen Psychopathen zur Strecke gebracht hat – was ihm u.a. eine Beförderung zum Detective samt der Anerkennung seiner Kollegen bescherte. Regelmäßig setzen sich die gestandensten Cops des überschaubaren Departments zusammen, um an eben jenen Abenden ausgelassen Karten zu spielen, Drinks zu sich zu nehmen sowie Anekdoten ihrer bisherigen Laufbahnen zum Besten zu geben. Erstmals dazu eingeladen, lauscht Jeter den Anwesenden entsprechend aufmerksam – genau genommen Lt. Calabrese (Ron Perlman), Maxwell (Titus Welliver), Bernard (Giancarlo Esposito), Davis (Corey Large) und Cunningham (Ron Eldard) – bevor er sich irgendwann in der Nacht schließlich auf den Heimweg begibt. Als auf der Fahrt allerdings per Funk ein Notruf unweit seiner Position gemeldet wird, nimmt er sich der Sache umgehend an – gerät nahe des durchgegebenen Ortes jedoch plötzlich in eine Falle, im Rahmen derer ihn ein Maskierter (Michael Eklund) verschleppt und fortan in einem finsteren Keller gefangen hält. Mehrfach brutal gefoltert, ruft er sich die geteilten Weisheiten seiner Kameraden ins Gedächtnis zurück – um mit Hilfe der aus ihnen gewonnenen Erkenntnisse eventuell einen Weg aus seiner Bre¬douil¬le zu finden...

Ich kann mir lebhaft vorstellen, dass die gewählte Struktur und Präsentationsweise des Films bei diversen Zuschauern ein gewisses (mehr oder minder stark ausgeprägtes) Maß an Frustration auszulösen vermag: Eröffnet wird z.B. in Gestalt des vermeintlichen, seitens eines Voiceovers begleiteten Finales, bevor die Handlung die bis an diesen Punkt des Geschehens heranführenden Ereignisse aufzuarbeiten Schrägstrich aufzuzeigen beginnt – im Folgenden dabei jedoch regelmäßig zwischen diversen Locations und Zeiten hin und her springt. U.a. gibt es Rückblenden zu verzeichnen, in denen wiederum zusätzliche Flashbacks eingebettet wurden – ebenso wie Schilderungen, die sich in unterschiedlichen, bis in die 1970er hinein erstreckenden Epochen entfalten und zum Teil in einer „surrealen Form“ veranschaulicht bzw. dargeboten werden. Es ist beinahe so, als hätte man ein klassisches, etwa den Aufbau von „the Usual Suspects“ besitzendes Werk mit dem Format einer „Short-Story-Anthology“ (inklusive einer Prise „Torture Porn“ und so manch anderer Grausamkeit) gekreuzt. Aufgrund der verschiedenen Szenarien und „Schlenker“ dürften sich Unaufmerksame sicherlich mit vereinzelten Problemen im Bereich der Nachvollziehbarkeit der Verlaufsentwicklung konfrontiert sehen. Zugegeben, dem umfassenden Spannungsbogen ist dieses Vorgehen nicht gerade zuträglich – allerdings fördert es die generelle Abwechslung ungemein, schlichtweg da einem ständig neue Schauplätze, Fälle und dramatische Situationen offeriert werden. Zudem entstehen dadurch keinerlei „Leerlaufphasen“ und fallen vorhandene Logikdefizite weniger deutlich auf…

Die Titel-gebende Poker-Partie markiert für Jeter sozusagen den Abschluss seiner Initiation in den „inneren Kreis“ der bewanderten Beamten, welche sich mit den herausragendsten Einsätzen ihrer Karrieren brüsten sowie dem Neuzugang „anweisend empfehlen“, gut aufzupassen sowie Lehren aus ihren Erzählungen zu ziehen. Mit einigen Tagen seit der betreffenden Nacht inzwischen verstrichen, versucht sich Jeter an eben jene Inhalte nun soweit möglich zu erinnern, um sich mit etwaigen „übertragenen Anregungen“ hoffentlich irgendwie aus den Fängen des Killers befreien zu können. Gelegentlich verschmelzen die beiden Ebenen sogar miteinander. Die Verhaftungen, von denen sie berichten – unter ihnen ein Junge, der seine Eltern mit einem Baseball-Schläger zu Tode geprügelt hat, sowie ein Stricher ins Visier nehmender Fotograph und Mörder (Lochlyn Munro) – sind an sich beileibe nicht uninteressant und integrieren Jeter überdies immerzu gleich mit in den jeweiligen Kontext: Eine Visualisierung der Gegebenheit, dass er sich beim Zuhören stets in die Lage der Ermittler hineinversetzt. Die Veteranen der Zunft weisen eine auf Respekt basierende Kameradschaft sowie spezielle individuelle Charakteristika und Backgrounds auf – wie dass sich Maxwell aktuell auf der Suche nach seiner verschwundenen Tochter befindet oder David infolge einer Verfolgungsjagd mit bestimmten körperlichen Beeinträchtigungen leben muss. Überzeugend werden sie von Ron Perlman („Skin Trade“), Titus Welliver (TV´s „Bosch“), Corey Large („Loaded“), Giancarlo Esposito („Ali“) und Ron Eldard („Super 8“) verkörpert, welche eine unverkennbar ergiebige „Chemie“ zur Schau stellen…

In der Hauptrolle agiert Beau Mirchoff (TV´s „Awkward“) keineswegs schlecht – doch mutet er im Vergleich zu seinen charismatischen Kollegen leider ein Stück weit blass an. Obendrein erfährt man über Jeter einfach nicht genug, um wirklich mit ihm mitzufiebern. Ein sonderlich toller Cop ist er jedenfalls nicht: Mehr als einmal begeht er Fehler mit teils gravierenden Konsequenzen – worüber hinaus es ihm ohne Glück und Zufall gar nicht erst gelungen wäre, den einen Täter zur Strecke zu bringen, der ihm Bekanntheit und Ansehen bescherte. Damit geht der Streifen allerdings sehr offen um. Zu allem Überfluss trifft er sich heimlich mit der reizvoll-attraktiven Teenagerin Amy – Halston Sage aus „Neighbors“ – was eine nicht unerhebliche Menge Ärger und Probleme (vor allem auf dem Revier) für ihn bedeuten würde, sofern es denn herauskommen sollte. Auch sie wird übrigens entführt und in einem Nebenraum in Ketten gehalten, wo sich ihr Peiniger wiederholt an ihr vergeht. Gewohnt creepy-cool und hingebungsvoll von Michael Eklund („the Divide“) portraitiert, hatte der eines Tages kurzerhand seinen 08/15-Bürojob aufgegeben und seine Familie ausgelöscht – und zwar um fortan „Sex mit kleinen Mädchen“ zu haben sowie jeden zu töten, der ihn davon abzuhalten gedenkt. Eine ähnliche Maskierung wie schon der „Collector“ tragend – welche ihm ein schauerliches, geradezu Reptilien-haftes Äußeres verleiht – haben wir es im Vorliegenden mit einem gestörten sadistischen Psychopathen zutun, der seine Funktion als „Baddie“ bestens erfüllt…

Ausgerechnet die Darbietung der Hintergrundgeschichte des Killers hat man mit einem schrägen Humor versehen – der aber erstaunlich prima funktioniert: Da Jeter ihn ausschließlich mit Maske kennt, wird er im Rahmen seines damaligen Alltags (auf der Arbeit sowie daheim) kontinuierlich mit eben jener über dem Gesicht gezeigt, wenn er die besagten Momente schildert. An anderer Stelle geht er mit zwei Pädophilen auf „Beutezug“ – der eine von ihnen ein Clown, sein Begleiter in einem flauschigen Ganzkörper-Hasenkostüm gehüllt. Auf eine groteske Weise lockert das den ernsten Basis-Ton ein wenig auf. Ergänzt um einige Shootouts, blutige Morde, Foltertechniken (á la jemanden mit Superkleber an eine Wand leimen) plus grausam arrangierte Verbrechensschauplätze (wie ein Fracht-Container mit zig aufgehängten Leichen darin) lieferte Regisseur Francis eine rundum solide in Szene gesetzte Genre-Veröffentlichung ab, die mit einer Reihe gängiger Stilmittel (z.B. Farb-Verfremdungen und wechselnde Abspiel-Geschwindigkeiten), einem brauchbaren Score Scott Glasgows („Toxic“) sowie einer u.a. von Cinematographer Brandon Cox („Mockingbird“) schön finster gestalteten Bildersprache aufwartet. Inhaltlich nicht gerade übermäßig originell – nichtsdestotrotz zweckdienlich gestrickt – begegnen einem „die üblichen Klischees“ (erfolglose Fluchtversuche, unclevere Entscheidungen etc.) ebenso wie einzelne durchaus einträgliche Überraschung entlang des Weges. Alles in allem absolut ausreichend für einen kurzweiligen, nicht unbedingt auf Nachhaltigkeit abzielenden Filmabend…

Fazit: „Poker Night“ ist ein unterhaltsamer, kompetent besetzter, ansprechend düsterer und interessant strukturierter B-Movie-Thriller, der bisweilen einen Zacken zu überambitioniert konzipiert wirkt und gern etwas reichhaltiger an Originalität und Suspense hätte daherkommen dürfen – mir insgesamt jedoch erfreulich anständig zu gefallen wusste…

„7 von 10“

Details
Ähnliche Filme