Invasion der Gedankenfresser
Bevor es nächste Woche den großen Blockbuster-Bang im Kino gibt, wo die Avengers gegen die böse KI Ultron in den Krieg ziehen, war heute nochmal ein ruhigeres Programm als Kontrast an der Reihe. Aber ebenfalls geht es um Künstliche Intelligenz - sogar noch wesentlich eindeutiger & vor allem eindringlicher. Vielleicht der beste Film über Roboter & KI aller Zeiten? Denn von der Konkurrenz wie Chappie, Automata oder I, Robot hat keiner solch ein philosophisches Potenzial. Ok, vielleicht noch Blade Runner, aber der spielt auch in der Klassiker-Liga.
Dieser intime Film spielt in der nahen Zukunft & kommt direkt zur Sache bzw. seinem einzigen richtigen Schauplatz. Ein IT-Spezi gewinnt im Gewinnspiel seiner Firma den unbezahlbaren Preis, zum genialen Chef der Firma zu fliegen, ihn kennen zu lernen & die Geheimnisse seiner Forschungsstation/seines Hauses zu erforschen. Dabei wird es seine Aufgabe sein, Kontakt zum menschenähnlichen, hübschen Roboter AVA aufzunehmen, welche über eine unglaublich weit entwickelte künstliche Intelligenz verfügt.
Innerhalb weniger Augenblicke kommt der Hauptdarsteller schon im ultramodernen Haus an, das Psycho-Spielchen beginnt fix. Das Haus ist sehr cool & minimalistisch gestaltet - zwar der einzige Schauplatz aber ein visuelles Meisterwerk. Trotzdem hat es auch viel von einem Gefängnis & enthält kein bisschen Wärme, wird so zum eigenen futuristischen Charakter. Ebenso wenig zu einer heimischen Atmosphäre trägt der mysteriös-geniale Chef der Firma bei - leichter Alkoholiker & sehr akzentuiert von Oscar Isaac verkörpert. Aber auch der Hauptdarsteller bietet gut Paroli, geht aber gegen die Schwergewichte um ihn herum etwas unter. Denn auch AVA wird so zärtlich, zerbrechlich & schlau dargestellt & teilweise tricktechnisch animiert, dass man nicht drum herum kommt sich auch etwas in sie zu vergucken.
Action, Gewalt oder Effekte bietet der Film außer die Roboter kaum, er lebt von seinen Dialogen über Menschlichkeit, Intelligenz, Gefühle, Liebe, Moral usw. Selten wurde über komplizierte Dinge so selbsterklärend gesprochen, fast nie rutscht man in Fach-Chinesisch ab. Ebenso selten wurde man so zum Mitdenken, vor allem nach Filmende, angeregt. Kino von Denkern für Denker ohne zu viele Vordenker.
Die Szene die mir am meisten unter die Haut ging, war eine, in der der Hauptdarsteller selbst nicht mehr sicher ist ein Mensch zu sein. Das war schockierend & mein Puls raste auf Grund der womöglich kommenden Wendung. Auch der klirrend-puristische Soundtrack war genial & so laut, das meine Ohren noch immer nachklingen. Eben genau wie das Echo des Films im Kopf der Betrachter.
Ex Machina wird mit Sicherheit als einer der absoluten Geheimtipps 2015 in die Geschichte eingehen. Für mich kein Meisterwerk, aber in allen Belangen weit über Durchschnitt. Und das mit einfachsten Mitteln, sicher nicht allzu hohem Budget, einem extrem kleinen (aber glänzenden) Cast. Man braucht halt einfach nur geniale Idee & das Talent & Händchen diese so punktiert auf die Leinwand zu bringen. Toll gemacht von Regisseur-Neuling Garland, der neben Bloomkamp eine der Sci-Fi-Hoffnungen ist. Ein Genre was es verdient hat gerettet zu werden & immer mal wieder so 1-2 ruhige Perlen pro Jahr entpuppt (Moon, Interstellar, Children of Men, Gattaca), meistens langsam & durch Mundpropaganda. Ex Machina gehört ab heute definitiv dazu & steht sehr nahe am Klassiker THX 1138 von George Lucas.
Fazit: auch wenn ich mir noch etwas mehr Spannung & ein weniger voraussehbares Ende erhofft hatte... immer noch eine wuchtige Bombe die fasziniert & Denkanstösse en masse bietet! So muss moderne, schlaue Science Fiction sein!