Review

13 Jahre nach Agnès Vardas „Zeit mit Julien“ beschäftigt sich wieder eine französische Regisseurin mit dem Thema einer verbotenen Beziehung einer älteren Frau zu einem Minderjährigen.
Im Vergleich zu Vardas Film hat sich Einiges geändert. Sowohl der männliche als auch der weibliche Part sind jünger, sodass die beim Vorgängerfilm, bei vielen Zuschauern noch vorhandene Toleranz auf eine harte Probe gestellt wird. Zwar nimmt man der Hauptfigur Marion wohl doch eine Verliebtheit ab, doch eine wahre Basis für eine Beziehung über einen längeren Zeitraum, lässt sich weder für den Zuschauer noch für Marion erkennen. Zu unterschiedlich sind Alter und somit Interessen.
Für große Beachtung und einiges an Kritik dürften die offenen und klaren Erotikszenen sorgen. Herrlich provokativ werden hier die anfänglich schüchternen Annäherungsversuche des Jungen dargestellt (siehe hierzu das Herumtollen mit der ständigen Suche nach Körperkontakt und verschiedene Dialoge: Marion „Und wo wohnst Du in Paris?“ Clement: „Wieso willst Du meine Nummer? [...] „Schade dass Du nicht 13 oder 15 bist.“). Diese zuerst leise Kontaktaufnahme steigert sich Stück für Stück in ein erotisches Wechselspiel (provokativ: Die Schwimmbadszene). Sichtlich geschmeichelt und fasziniert nimmt Marion die Annäherungsversuche des erst 13jährigen Clement an und wehrt sich zugleich dagegen, wenn auch nur halbherzig. So entwickelt sich ein kurzes leidenschaftliches amour – fou und obwohl Marion weiß, dass diese Liebe keine Basis und keine Zukunft hat, wünscht sich die von der Regisseurin dargestellte Hauptfigur diese Liebe und klammert sich verzweifelt daran, auch als diese schon längst vorbei war.
Auch wenn dieser Film seine Charaktere recht tiefgründig darstellt ist es Bercot nicht gelungen eine ebenso unschuldig wie knisternd – erotische Atmosphäre darzustellen, wie dies Varda mit weit weniger Hauteinsatz schaffte. Stattdessen stützt sich der Film der jungen Französin auf eini-ge Szene die „das sittliche Empfinden berühren können“ (so die ARTE – Warnung) und die Verwerflichkeit dieses Vorgangs darlegen: Ein 13jähriger Junge der es vor seinem 1. Mal fast selbstverständlich mit der Angst zu tun bekommt, dazu das schon fast groteske Körperverhältnis. Diese Szenen stehen dann aber im direkten Gegensatz zur perfekten Ästhetik, geschaffen durch helle Ausleuchtung beim 2. Versuch. Gerade aber weil Bercot so offen mit diesem Thema umgeht und auch die entscheidende Frage „Was willst Du denn mit diesem Jungen anstellen?“ stellt, ohne eine Lösung zu zeigen und nicht in einem seichten Happy – End aufgehen lässt, spricht sich der Film gegen eine solche Beziehung aus, auch wenn er sie toleriert und obwohl man weder Marion noch Clement böse sein kann.
Dies liegt sicherlich auch daran, dass beide Rollen treffend besetzt und gespielt wurden. Bercot lässt bei Marion einen unverwüstlich kindlichen Charakter erkennen und Gueritées Minenspiel und glaubhafte Darstellung reicht aus um Marions Verliebtheit zu begründen.

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