„About Schmidt“ ist ein wirkliches Kleinod, ein Geheimtipp, dem bisher zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde und der die vielleicht beste schauspielerische Leistung Jack „Fratze“ Nicholsons zu bieten hat. Regisseur Alexander Payne gelang eine eindrucksvolle Tragikkomödie die belustigt wie nachdenklich stimmt, nebenbei aber auch bewusst macht, wie schnell und unmerklich das Leben vergeudet, weggeschmissen und vertan wird.
Die Geschichte des Warren Schmidt (Jack Nicholson) könnte täglich, nicht nur in Amerika, sondern weltweit stattfinden, denn mit den Ursachen für sein Schicksal dürfte so ziemlich jeder Menschen in seinem Leben, spätestens im Rentenalter, konfrontiert werden, so dass die Identifikation und die damit verbundene Faszination entsprechend hoch ist und den Zuschauer in den Bann zieht.
Endlich ein Rentner, sich der täglichen widrigen Arbeit entledigt, mehr Zeit für sich und seine Hobbys habend, will Mr. Schmidt sein Lebensabend angehen, um schnell festzustellen, dass er gar nichts mit seiner letzten Freiheit anzufangen weiß und ein Lebensfazit dementsprechend negativ ausfällt. Sicher, er hat etwas in seinem Leben erreicht, hat gut verdient, ein Kind groß gezogen und zumindest eine finanziell problemlose Zukunft vor sich, aber seine Lebensträume hat er sich trotzdem nie erfüllt. Ist sein Leben verschenkt?
Das traute Heim entpuppt sich schon bald als Gefängnis, dem er zu entfliehen versucht, in dem er sich an sein altes Leben klammert. Doch das will ihn nicht mehr haben und sein Neues auch nicht, da seine Frau sich schnell als Individuum herausstellt, dass ihn nie verstanden und seine Tochter sich schon seit Jahren von ihm entfremdet hat. Schmidt ist ein Beziehungskrüppel, der sich sein Leben lang, ohne weitere Freuden zu haben, in seine Arbeit gestürzt hat und nun vor einem emotionellen Trümmerhaufen, genannt Leben, steht.
Als seine Frau als letzte Konstante seines zukünftigen Lebens stirbt, ergreift er die letzte Möglichkeit in seinem Leben noch mal etwas zu bewegen, um die, errechneten, letzten Jahre seines Lebens in Freiheit zu genießen. Das Ziel ist seine Tochter, bei der er alles nachholen will, was er sein Leben lang versäumt hat, was deren Geduld und reservierte Zuneigung nach jahrelanger Entfremdung und Desinteresse des Vaters auf eine harte Probe stellt.
Auf dem Weg zu ihrer Hochzeit mit einem Wasserbettenverkäufer erlebt er, Umwege fahrend, was er die letzten Jahre so verpasst hat, eckt hier und da an, sorgt mit seinen zaghaften Versuchen mit fremden Menschen in Kontakt zu kommen, die meist nicht so recht wissen wo dran sie mit ihm sind, für behutsamen Humor und entdeckt, wie herrlich ein zwangloses Leben ohne Pflichten und Bindung auf den endlosen Highways und den Denkmälern Amerikas sein kann.
Schließlich an seinem Ziel angekommen, muss er feststellen, dass seine Tochter sich längst nicht mehr von ihm beeinflussen lässt, wie er es gern hätte und die Familie seines zukünftigen Schwiegersohns mit unverdienter Wärme aufnimmt, ihm einen Hort zum Rückzug bietet, wo er mit Hilfe von Roberta (Kathy Bates, mit Mut zu nackter Haut!) seinem Leben immerhin ein etwas positiveres Resultat zieht. Doch das ist noch längst nicht alles….
Fazit:
„About Schmidt“ ist eine nahezu geniale Charakterstudie über einen Mann, der sein Leben falsch lebte und verschenkte, was er erst im Alter wahrnimmt, um in seinen letzten Jahren nahezu panisch alles aufzuholen, was er verpasst hat. Von den wundervoll natürlichen Schauspielern (allen voran Nicholson und Kathy Bates), über die so realistischen Figuren, bis zu der gut getimten Komik muss Alexander Payne jeden Zuschauer erreichen und zum Nachdenken bewegen, der sich auf diesen Film einlässt und ihm dabei klar machen, dass es jedem passieren kann. Einfach herrlich!