Martin Luther King gehörte fraglos zu den absoluten Machern im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung. Seine Reden sind legendär und sein Handeln führte u.a. dazu, dass die schwarze Bevölkerung Amerikas heutzutage auch inoffiziell weniger unter der Unterdrückung Weißer leider muss und in allen Punkten in Gleichberechtigung leben kann. Das war noch vor gut 50 Jahren nicht der Fall. Als Afroamerikaner zur Wahl zu gehen war z. Bsp. kaum denkbar, denn die Hürden, welche es zu überwinden galt, um eine Wahlberechtigung zu erlangen, waren enorm. "Selma" nun, erzählt die Geschichte von King und seinem Weg zum "Voting Rights Act". Interessantes Hollywood-Kino, welches jedoch leider ziemlich glattgebügeltes Oscar-Kino ist.
"Selma" beginnt seine Geschichte mit Annie Lee Cooper, welche erneut versucht eine Wahlberechtigung zu erhalten, was jedoch an der Sache scheitert, dass sie nicht die 65 Bezirksrichter ihres Bundesstaats aufsagen kann. Danach geht es zu King, der mit dem US-Präsidenten Lyndon B. Johnson darüber diskutiert, dass eine Gesetzesänderung notwendig ist, die ein uneingeschränktes Wahlrecht auch für Schwarze garantiert. Dafür macht sich King u.a. in Brennpunkte wie die Stadt Selma auf, um dort zu intervenieren. Doch der Kampf ist alles andere als leicht und als ein friedlicher Marsch von Selma nach Montgomery durch brutale Polizeigewalt gestoppt wird, kommen King Zweifel ob sein Einsatz wirklich von Erfolg gekrönt sein kann. Aber aufgeben kommt nicht in Frage...
Zweifellos hält sich die Story eng an die wirklichen Geschehnisse seiner Zeit. Sie zeigt einen zu allen friedlichen Mitteln bereiten Martin Luther King, welcher in einer Welt voller Hass und Diskriminierung nicht aufgibt, seinen Traum zu verwirklichen, die Gleichberechtigung aller Menschen durchzusetzen. Das Ganze ist dabei packend inszeniert und vor allem mit Darstellern besetzt, die ihren Figuren ein glaubwürdiges Gesicht verleihen. Allen voran David Oyelowo, der nicht nur im Aussehen eine gewisse Ähnlichkeit mit seiner dargestellten Figur hat, sondern auch mit seiner Stimmengewalt ziemlich genau den Ton trifft, welchen King intus hatte. Dazu ein blendender Tom Wilkinson als zweifelnder Präsident, Tim Roth als rassistischer Gouverneur und so manch anderes bekanntes Gesicht. Hier gibt es wirklich nichts auszusetzen.
Schade jedoch, dass man Selma, trotz der interessanten Geschichte, der gelungenen Inszenierung, sowie den tollen Darstellern, dennoch in jeder Pore ansieht, dass es sich um einen Film handelt, welcher für die Oscarverleihung geschniegelt und gebügelt wurde. Es sind keinerlei Ecken und Kanten zu entdecken, alles läuft 100% auf den Bahnen ab, die für solch einen Film bestimmt sind. Zwar wird King nicht unbedingt als strahlender Held gefeiert, doch seine menschlichen Probleme, vor allem mit seiner Familie, welche unter dem ständigen und gefährlichen Einsatz des Familienvaters zu zerbrechen droht, kommen zu kurz.
Des weiteren stört auch die fehlende Differenzierung. Dass viele der weißen Amerikaner seinerzeit wirklich unmenschlich gegenüber ihren schwarzen Mitmenschen waren, steht außer Frage und das Bild, mit das der Film diese hier aufzeigt, wird der damaligen Zeit definitiv gerecht. Dennoch wirkt es störend, dass hier der schwarze Amerikaner anscheinend ausschließlich in der Opferrolle gezeigt wird. Bis auf eine kurze Szene mit "Malcolm X", der ganz klar mit anderen Methoden als King gegen die gezeigte Ungerechtigkeit vorging und einem einzelnen Schwarzen der nach einer Waffe verlangt, um gegen die Weißen vorzugehen, scheint es fast so, als hätte es keinerlei böses Blut auf Seiten der Afroamerikaner gegeben zu haben. Und das wirkt dann auf Dauer doch ein wenig befremdlich. Hier hätte ich mir dann doch gewünscht, dass ein wenig mehr Differenzierung reingebracht wird, als diese etwas einseitig aufgezeigte Rollenverteilung.
Somit sei "Selma" vor allem jedem empfohlen, der gerne glattgebügeltes Oscarkino sieht und sich nicht an einer durchaus einseitigen Erzählweise stört. Dieser bekommt einen durchaus interessanten Teil der amerikanischen Geschichte auf eine ansprechende Art präsentiert. Doch wer bei einem Film auch ein paar Ecken und Kanten braucht, der wird mit diesem viel zu offensichtlichen Oscarvertreter sicher nicht uneingeschränkt zufrieden sein.
Wertung: 7/10 Punkte
Anmerkung: Erstveröffentlichung auf www.skunk.de