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Paula Bélier (Louana Emera) lebt mit Eltern Gigi (Karin Viard) und Rodolphe (Francois Damiens) und ihrem Bruder auf einem Bauernhof in der französischen Provinz. Neben der Schule und der Hofarbeit muss Paula auch noch den Dolmetscher für die Familie spielen, weil sie als einzige nicht gehörlos ist. Im Schulchor entdeckt Lehrer Thomasson (Eric Elmosnino) ihre fantastische Gesangsstimme…

„La Famille Bélier“ (Originaltitel) ist eine leichtfüßige Komödie aus Frankreich, die dort über 5 Millionen Kinozuschauer erreicht hat. Die Behinderung von Eltern und Sohn Bélier wird hier in keiner Weise dramatisiert, sondern ist so selbstverständlich, dass sie als Quelle zahlreicher gelungener Gags dienen kann, ohne die Gehörlosen bloß zu stellen. Ihre Gebärdensprache ist sehr emotional und ausdrucksstark, wie die Gesichter der Eltern, die auch nach über 20 Jahren nicht voneinander lassen können und kaum damit klar kommen, als ihre beschämte Tochter den ärztlichen Rat übersetzen muss, sie sollten 3 Wochen keine Sex haben. Dabei ist ihre Sprache sehr direkt und kennt kein verbales Rumeiern. Als Paula kurz nach ihrer ersten Periode verkündet, dass sie zum Vorsingen nach Paris möchte, schluchzt Gigi in Gebärdensprache „Mein Baby“, worauf ihr Mann trocken und direkt antwortet „Dein Baby blutet aus der Muschi“. Sehr lustig auch Rodolphes Versuch Bürgermeister der kleinen Gemeinde zu werden, wobei sich Gigi schon vor der Wahl als First Lady präsentiert – selbst wenn Kandidat und Familie vorm Kuhstall fotografiert werden. Im Mittelpunkt der Handlung stehen aber gar nicht Taubheit und Wahlkampf, sondern die coming of age story von Paula, die entscheiden muss, ob sie ihr selbst gewähltes Aschenputtel-Dasein auf dem Lande gegen eine vielversprechende Gesangsausbildung in Paris tauschen möchte. Mit Schmollmund, Babyspeck und blond gefärbten Haar sieht Louana Emera aus, wie eine sehr junge Brigitte Bardot, kann aber in ihrem Filmdebüt überzeugen und gewinnt von Anfang an die Herzen der Zuschauer. Stark auch Eric Elmosnino („Gainsbourg“ 2010) als mürrischer Musiklehrer, der aussieht, wie Keith Richards in den 70ern und natürlich Francois Damiens („Tango Libre“ 2012) als ambitionierter Bauer mit Zottelbart und irre, geilem Blick und Karin Viard („So ist Paris“ 2008) als seine überschwänglich gestikulierende Ehefrau.
Die Geschichte ist altbekannt und vorhersehbar, wird hier aber besonders sympathisch präsentiert. Und immer, wenn Michel Sardous wunderbaren Chansons von Paula oder dem Schulchor vorgetragen werden, stellt sich dieses wohlige Gefühl eines feel-good-movies ein. (7,5/10)

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