Mit „Heat“ lieferte Michael Mann einen superben Spitzenthriller oberster Kajüte ab. Nicht nur seine beiden führenden Top – Stars in den Hauptrollen machen dieses Meisterwerk zu dem, was es ist – auch Manns einzigartiges Talent, Grußstadtatmosphäre zu filmen kommt hier einmal mehr zur Geltung.
Profi – Gangster Neil McCauley (Robert De Niro) arbeitet nach Stoppuhr. Seine Planung ist perfekt und eloquent, und auch die praktische Umsetzung scheint gelungen. Doch als bei einem Überfall auf einen Geldtransporter einer seiner Mittäter, der zum ersten Mal dabei ist, ausrastet, woraufhin die Wachmänner erschossen werden, heftet sich die Polizei unter der Führung von Vincent Hannah (Al Pacino) auf seine Fersen. Der Ermittlungsprofi und eiserne Workaholic lässt nichts unversucht, um seinem gegenüber immer näher auf die Pelle zu rücken – und trotz der gefährlichen Situation will Neil nicht darauf verzichten, seinen letzten Coup, einen Bankraub, durchzuziehen...
Obwohl sich die starke, mitreißende Story bisweilen in einem relativ kurzen Absatz zusammenfassen lässt, ist sie doch durchaus sehr komplex und vielschichtig, was vor allem an der mühevollen, peniblen Beleuchtung der einzelnen Charaktere liegt. Kein Protagonist ist einfach nur irgendwer, nicht nur die Hauptcharaktere werden dreidimensional aufgeführt. So entstehen nicht nur verschiedene Nebenhandlungen, die den Thriller noch undurchsichtiger (im positiven Sinne) machen, sondern auch absolute Spieltiefe verleihen und dem Zuschauer glaubwürdige und emotionale Einblicke in das Leben der einzelnen Charaktere geben – nicht nur dem zerknautschten Al Pacino, der privat vor dem Aus steht, weil ihn die Arbeit zuviel Kraft und Nerven kostet; bevor er merkt, dass er mit seinem Verhalten alles kaputt macht, muss sich erst die Tochter seiner Frau die Pulsadern aufschneiden. Oder Gangster Neil, den man als eiskalten Profi währt, doch in Wirklichkeit Geborgenheit bei einer Frau sucht und findet, aber niemals seine kriminellen Absichten damit in Vereinbarung bringen kann und letztlich auch daran scheitert. Jeder Schauspieler liefert erstklassige Leistungen auf höchstem Niveau ab. Die Rollen sind glaubwürdig und intensiv.
Die Shootouts sind sparsam gesät, doch wenn es welche gibt, dann kracht es gewaltig – die Maschinengewehre sprengen jedes Gehör, die Kamera fängt brutale und blutige Treffer gnadenlos ein. Der Soundtrack ist harmonisch und bietet einen brillanten Ausgleich zu der notwendigen Hektik des heftigen Thrillers, bei dem definitiv keine Gefangenen gemacht werden. Auf der anderen Seite stehen die stimmigen Stadtbilder der Nacht oder des frühen Morgens, an denen des Öfteren unschwer zu erkennen ist, worauf Mann steht und was ihm wichtig ist – in Collateral bediente er sich ähnlicher Elemente. Trotz der horrenden Länge macht es die ganze Zeit über enormen Spaß, dem Verlauf des Krimis zuzusehen, sowohl in den krachigen Actionszenen, als auch in den ruhigen Momenten voll von urbanem Zauber und gemalten Hintergründen.
Ein haftendes Beispiel ist die Szene, in der Neils Geliebte erkennt, mit wem sie es zu tun hat und aus dem Haus flüchtet, während er ihr hinterher rennt und sie draußen auf einer Wiese einfängt – man achte auf die Morgenröte im Hintergrund. Zauberhaft!
Unterm Strich ein absolutes Mustsee des Thrillergenres und für jeden Filmfreund ein absoluter Genuss. Sogar Val Kilmer ist ausnahmsweise mal sein Geld wert. Unbedingt ansehen, wenn man mitreden will!