Review

USA 1998
„Happiness“ ist ein amüsanter, leicht subversiver Film. Es geht um mehrere Personen der amerikanischen Mittelklasse und diese wird ordentlich aufs Korn genommen und persifliert. Es wird gezeigt wie unbeholfen und zum Teil pervertiert diese gesellschaftliche Klasse ist. Nach außen hin wird stets der Schein gewahrt. Doch wenn die Türen geschlossen sind, tun sich Abgründe auf. Es sind mehrere Figuren, die abwechselnd gezeigt werden, wie sie ihren Alltag verbringen und dabei ein unglückliches, einsames Dasein fristen. Sie leiden an Neurosen, Zwängen, sexueller Frustration
sowie an Pädophilie.
„Happiness“ beleuchtet all diese Problemfelder auf einen satirischen Weg. Diese Menschen mit ihren Problemen werden nicht verteufelt oder lächerlich gemacht. Der Blickwinkel, die Art ihre Unzulänglichkeiten und Charakterschwächen zu zeigen, ist einfach gut getroffen worden. Mal ist eher eine verzweifelte Komik vorhanden, dann wieder lakonischer Ernst. Alle vorkommenden Personen haben extreme emotionale Probleme. Sie sind unfähig einen normalen Umgang mit Menschen zu pflegen. Es sind verlorene Seelen, die umherstreifen auf der Suche nach Glück, Zufriedenheit und Befriedigung. Darum herum kommt es zu gewalttätigen und sexuellen
Phantasien, die auch zum Teil ausgelebt werden. „Happiness“ geht damit sehr
offen um. Der eine masturbiert, während er eine Frau telefonisch sexuell
belästigt, der andere begeht in seiner Vorstellung graphisch einen Amoklauf. Obszönitäten sind in dem Film weit verbreitet. Nicht immer wird der angemessene Geschmack beachtet. Davon lebt aber der Film. Es wird erst gar nicht versucht sich dem Establishment anzupassen. Das sehr, sehr schwierige Thema Pädophilie kommt ebenfalls vor. Auf eine filmische Verarbeitung des Missbrauchs wird verzichtet. Gut so. Sonst macht der Film vor kaum etwas halt. Tabus gibt es nicht. Nicht immer ist das angenehm.

„Happiness“ macht es dem Zuschauer nicht leicht. Er nähert sich den Themen nicht bierernst, er lässt Raum zu Schmunzeln und Lachen. An einigen Stellen bleibt das Lachen im Halse stecken. Klar, alles ist etwas übertrieben, doch es wird dadurch nichts ins Lächerliche gezogen. Für mich ist der Film eine ziemlich böse Satire auf das, was sich wohl als Grundfeste Amerikas bezeichnet. Hinter den bröckelnden Fassaden verbirgt sich Anderes, als zur Schau gestellt. Ich finde, „Happiness“ erfüllt diese Aufgaben sehr zufrieden stellend. Nicht zuletzt die Schauspieler machen richtig
Spaß, darunter der verstorbene Philip Seymour Hoffman.

Der Film ist Geschmackssache.
Ich konnte mit der Herangehensweise, wie die Figuren begleitet wurden etwas
anfangen. Die Betrachtung war schon sehr eigenwillig, trotzdem lustig. Gleichzeitig entsteht der Witz nicht durch Slapstick oder ähnlichem Mist. „Happiness“ nähert sich gesellschaftlichen Problemen auf seine gewöhnungsbedürftige, unangepasste Art. Die finde ich sehr erfrischend und ist mal ein Unterschied zu dem, was man sonst so zu sehen bekommt.
8/10

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