Review

The Devil's Disease


Found Footage-Horrorfilme - viele davon hasse ich, manche liebe ich, einen „Soft Spot“ für sie würde ich durchaus zugeben, ich gucke sie mir am liebsten nachts alleine im Bett auf dem Handy mit Kopfhörern an - dann gewinnen viele wirklich an Wert und Wirkung, schöpfen ihr volles Potenzial aus. „The Taking (of Deborah Logan)“ ist mehr als nur eines der positiveren Beispiele dieses oft (zurecht) gescholtenen Subgenres - für mich ist die Geschichte über eine alte Alzheimerpatientin, deren fiese Krankheit scheinbar ganz andere Umfänge annimmt und Dämonen zutage fördert, schlicht ein eiskalter Blutgefrierer und einer der spannendsten Schocker, der je „gefunden“ wurde. Ein Geheimtipp, wenn je etwas ein Geheimtipp war. Eine filmische Geisterbahn deluxe im besten Sinne. 

Found Footage, viele JumpScares und laute Geräusche, eher unbekannte Darsteller, mögliche dämonische Besessenheit, recht knackige Laufzeit, ein generischer Trailer und ein noch generischerer Titel - kein Wunder, warum vor „The Taking“ erstmal viele eingefleischtere Horrorgucker Reissaus genommen oder zumindest Abstand gehalten haben. Versprochen wird einem hier nicht allzu viel, Warnsignale für Mittelmaß oder gar eine Gurke gibt es genug. Umso toller, wenn ich nicht nur Entwarnung geben, sondern eine dicke Empfehlung und mächtig positive Überraschung aussprechen kann. „The Taking“ kann richtig, richtig Angst einjagen. Die Verbindungen zur ganz realen Krankheit sind schmerzhaft (erst recht wenn man damit Erfahrungen gemacht hat) und das bleibende Rückgrat der Sache, die Darstellerin der Frau Logan macht ihren herausfordernden Job spektakulär und aufopferungsvoll, die Schocks sitzen, die Atmosphäre allerdings noch viel mehr. Und die letzte Viertelstunde samt „Kindermenü“ ist Alptraumfutter pur, selbst wenn die Kamera dann oft etwas zu hektisch wackelt. Ansonsten habe ich hier rein gar nichts zu meckern. Die Spannung wird durch die Bank auf sehr hohem Niveau gehalten oder sogar noch angezogen, die Grundidee ist kongenial und kauft dem Thema sehr frische Facetten ab, die Soundkulisse macht Gänsehaut und, ja ich wiederholt mich, oft schlicht und ergreifend Angst. Obendrauf gibt’s ein paar schnippische Sprüche der Kameramänner und einen dezenten, zwar vorhersehbaren, aber effektiven Last Shot. Es ist eine unter die Haut kriechende Mischung aus „[Rec]“ und „The Last Exorcism“. Ja, manchmal muss ein Horrorfilm mir einfach nur gehörig Schiss machen, um seinen Zweck zu erfüllen und eine hohe Wertung zu erhalten - „The Taking“ macht das ohne zu Zögern und zu Zittern, sollte zur Halloween-Grundausstattung gehören.  

Fazit: einer der besten, gruseligsten und obendrauf (durch die Verbindung zu echten Krankheiten und Verhaltensweisen) auch noch emotionalsten Found Footage-Schocker, den die Wackelkamerawelt je gesehen hat. Oder auch nicht, da ihn ja leider kaum einer kennt. Das sollte, nein, muss sich ändern! Spätestens an Halloween. „The Taking“ hat meine Buchse fast braungelb gefärbt und ist für mich einer der unterschätztesten Angsteinjager, den ich seit langer Zeit vor die Flinte bekommen habe. Absolut pur und furchteinflössend! 

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