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New York 1981. Das Jahr, in dem die Kriminalitätsrate der Stadt in neue, schwindelerregende Höhen schnellte. Raubüberfälle, Körperverletzungen und Morde waren im wahrsten Sinn des Worts an der Tagesordnung. Diese Entwicklung hatte sich schon in den 70ern angebahnt und führte dann in den späten 80ern zu einer recht rigorosen Null-Toleranz gegenüber Kriminalität, die New York inzwischen zu einer der sichersten Städte der USA gemacht hat.

Vor diesem Hintergrund versucht sich Abel Morales (Oscar Isaacs) als recht erfolgreicher Heizölhänder zu bewähren. Von einer Gruppe Rabbis erwirbt er das Vorkaufsrecht auf ein ungenutztes Stück am Hafen, an dem Tankerschiffe anlegen könnten. Er wäre so unabhängiger von Fremdfirmen, über deren LKWs er seine Ölladungen in der Stadt vertreibt. Seine ehrgeizige und eigensinnige Frau Anna (Jessica Chastain) ist die Tochter eines Ölhändlers, dessen Geschäft Abel übernommen hat.

Abel bemüht sich um saubere Geschäfte, aber das fällt ihm immer schwerer, denn seine Lieferungen werden dreist gestohlen, Einbrecher treiben sich um sein Haus herum, seine Tochter findet im Vorgarten eine Pistole, die Bank droht ihm, den Kredit für den Kauf des Hafengeländes zu stornieren und der Staatsanwalt Lawrence (David Oyelowo) ermittelt gegen ihn. In dieser eskalierenden Situation versucht Abel, seine persönliche und berufliche Integrität nicht zu verlieren.


Aus welchen Gründen liebe ich Filme, die im New York der 70er und 80er spielen? Ich weiß es nicht. Eine Zeit, in der New York noch wirklich gefährlicher, unsicherer und düsterer war – ganz anders als jetzt, wo die Stadt boomt und sicher ist… und obwohl New York eine tolle Stadt ist, so ist doch viel mehr L.A. meine Lieblingsstadt in den USA. Vielleicht, weil diese noch etwas „ungezähmter“ als NYC ist.


Egal: J.C. Chandors dritter Film ist ein hervorragendes, dichtes Thrillerdrama, das zwar 1981 spielt, aber zeitlose Fragen stellt. Wie kann ein Mann sich gegen eine widrige Umwelt behaupten, ohne dass er seine Integrität und Selbstachtung verliert? Wie schon in „Lost“ (mit Robert Redford als einsamer Segler, der kentert) muss sich Abel Morales (was ein sprechender Name: fähig zur Moral?) fragen, wen er trauen kann und wie er (zumindest halbwegs) sauber bleiben kann. Er hat keine blütenweiße Weste, er gibt zu, dass er auch die Bücher etwas frisiert hat, aber er setzt alles daran, anderen eine Chance zu geben und dabei sein Geschäft korrekt zu führen. Doch dies gelingt ihm immer weniger – ohnmächtig stemmt er sich gegen eine Abwärtsspirale, die die Loyalität seiner Frau zu ihm mehr als strapaziert und ihre Ehe extrem belastet.


Mehr als einmal hab ich mich dabei ertappt zu denken: so einen Film mit einer solchen Figur hätte auch von Sidney Lumet sein können, jener herausragender Regisseur, der das New York der 70er in Filmen wie „Serpico“ und „Prince of the City“ so eindringlich darstellte. Chandor gelingt es perfekt, jenes Gefühl hervorragend einzufangen, angefangen von der liebevollen und präzisen Ausstattung bis zu den Schauspielern – Oscar Isaacs erinnert durchaus an Al Pacino und Jessica Chastains Föhnfrisur hätte jeder damaligen Schauspielerin gestanden.


Nicht immer gelingt es Chandor, das Spannungslevel kontinuierlich zu halten, gerade am Anfang hat es der Film schwer, zu zünden, aber dann entwickelt sich ein wahrer Sog, der mich faszinierte.

Manchmal erschien mir die Häufung seiner „Prüfungen“ (aggressive Konkurrenz, Staatsanwalt, Ehekrise, zusammengeschlagene Mitarbeiter, deren Vorbild seine Sauberkeit eigentlich sein sollte) etwas zu massiv, dennoch schafft es Chandor dann doch, die Kurve zu bekommen.


Abel ist nicht immer ein sympathischer Held, dennoch ist sein Verhalten nachvollziehbar. Sein Aufstieg als armer Einwanderer aus Südamerika zu einem erfolgreichen Geschäftsmann soll andere inspirieren und seine Moralität bilden ein Wertegerüst, das zu zerbrechen droht, wenn er denn nicht schmerzliche Kompromisse eingeht… Kompromisse, die er nie eingehen wollte.


Hervorragende Schauspieler, eindringliche Musik und immer das schon erwähnte exzellente Setdesign machen „A Most Violent Year“ zu einem der ersten Kinohöhepunkte dieses Jahr für mich. 8,5/10.

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