Ein Fremder kommt in ein mexikanisches Kaff - und spielt zwei Banden gegeneinander aus.
Dies ist die einfache Story von “Für eine Handvoll Dollar”, der Geburtsstunde des Italo-Westerns, einem Subgenre, dass in den folgenden Jahren erst seine größten Erfolge feiern sollte, ebenfalls unter der Regie von Sergio Leone. Vielleicht brauchte der Meister selbst über die Jahre hinweg noch ein wenig Übung, denn “A fistful of Dollars” ist zwar bedeutungsschwanger wie sonst was, lässt aber deutliche handwerkliche Unerfahrenheit erkennen.
Etwas radikal neues war das 1964 natürlich schon. Das Publikum war die amerikanischen Western mit Abenteuercharme und aufrichtigen Helden vom Schlag eines John Wayne gewohnt, die alle den amerikanischen Traum lebten. Da war Leones Film ein Tritt in die Magengrube, was gleich bei der Hauptfigur deutlich wird. Zum ersten Mal überhaupt dürfte es in einem Western einen “namenlosen Fremden” als vermeintlichen Helden gegeben haben, von dem man nicht weiß, woher er kommt, was er will, was er als nächstes tut und noch wichtiger: Der genau gegensätzlich aller Gewohnheiten handelt.
Eiskalt, ohne eine Mine zu verziehen stapft Clint Eastwood durch den Film, auf seinen eigenen Vorteil bedacht, zynisch und mit der nötigen Härte vorgehend. Er schlägt sogar eine schöne Frau, wenn auch aus Versehen. Da wirkt der Satz “Ich kann einfach keine Ungerechtigkeit vertragen”, den er im späteren Verlauf einmal von sich gibt, eher wie ein beschämter Versuch einer Wiedergutmachung seitens Leone. Kritiker warfen Eastwood zu dieser Zeit mangelnde Schauspielkunst vor, Fakt ist, dass er mit dieser Rolle in den Westernolymp gehievt wurde und auf einmal in einem Atemzug mit Genregrößen wie Gary Cooper, John Wayne oder James Stewart genannt werden musste. Neben “Dirty Harry” ist das noch heute seine Paraderolle.
War hier also der Held schon dreckig, legten die Bösen noch einen drauf: Angeführt von Ramon (Gian Maria Volonté) scheuen sie keine Grausamkeiten und knallen wenn nötig sogar Frauen eiskalt ab. Selbst wenn grafisch wenig zu erkennen ist, die Brutalität ist hier elementar und blitzt an einigen Stellen ungewohnt grausam hervor. Das Verprügeln Eastwoods oder die ewig in die Länge gezogene Schießerei zwischen den beiden Banden vor einem brennenden Haus (nebenbei atmosphärischer Höhepunkt, der schon fast surreale Ausmaße annimmt), untermalt von einem von Clints unverkennbaren Sprüchen (“Ich will es genießen, wenn sie sich abschlachten”) bleiben dauerhaft im Gedächtnis.
Unvermeidlich läuft das auf das finale Duell hinaus, das bereits spätere Ansätze erkennen lässt, aber im Vergleich wenig ausgereift ist. Eastwoods entscheidender Trick wurde dennoch Legende, ebenso wie sein Auftreten aus einer riesigen Staubwolke heraus. Ein oft zitiertes Finale, zu dem Ennio Morricone die passende Musik gefunden hat, später aus den Leone-Western nicht mehr wegzudenken.
Es waren also genug Novitäten vorhanden, um Mitte der 60er ein breites Publikum zu finden. Man muss sich heute stets darüber im Klaren sein, dass "Für eine Handvoll Dollar” einer der stilprägendsten Werke für die Filmindustrie überhaupt war, heute allerdings ungewöhnlich spannungs- und handlungsarm daherkommt und niemals die epischen Ausmaße späterer Leone-Western annimmt. Im Grunde genommen hat man keine Sekunde Spaß, aber hier kommt es eben auf die Atmosphäre an. Die ist trotz glühender Hitze eiskalt, dank eines zynischen (Anti-)Helden und diverser makabrer Gewalteinlagen. Legendär auf alle Fälle, dadurch ein cineastisches Schmankerl für all diejenigen, denen ein unbeschwerter Erzählfluss nicht unbedingt das Wichtigste an einem Film ist.