Lupin III, Enkel des berühmten französischen Meisterdiebs Arsène Lupin, eine durch die Zeichenkunst zum Leben erweckte Figur. Hier: grünes Sakko, gelbe Krawatte, (man vermutet) schwarzes Hemd. Modisch das Schreckgespenst eines Karl Lagerfelds, ganz sicher, und doch eine, zumindest charakterliche, Stilikone in der Animewelt. "Das Schloss des Cagliostro" ist lediglich ein Bruchstück des sich aus TV-Serie sowie einigen Filmen und Specials zusammensetzenden "Lupin"-Universums, und zugleich - nun kommt's - auch das Spielfilmdebüt des Studio-Ghibli-Papstes Hayao Miyazaki.
Spektakuläre Verfolgungsjagden, waghalsige Action, einfallsreiche Gadgets; ein Bösewicht, ein Held, gestohlene Herzen - so sieht es mitunter aus, das Proömium des Miyazaki-Oeuvres. Es ist noch ganz und gar Manga, Spiegelbild des Lupin'schen, popartigen Sakkos, das sich im Laufe der Serie vom grünen zum roten und vom roten zum pinken Jackett wandelte. Blödeleien also?: Auf jeden Fall. Die Musik macht mit. Poetische Phantasie? Naja, ein wenig. Physikalische Gesetzmäßigkeiten?: Nein, die müssen nicht sein. Dabei ist es gerade eine der Miyazaki-Gaben, phantastische Sujets unter anrührender Melodie in einen physischen Realismus zu überführen und daneben gar noch mit einer liebevollen Komik zu bezaubern. Dieser einzigartige Synergieeffekt - man mag das auch Magie nennen - steckt wie viele Miyazaki-eigenen Motive und Charakteristika hier noch in den Kinderschuhen. Es fehlt die allseitige Komplexität, es fehlen die herausragenden Bilder. Zeichnerisch überzeugen schon detailreiche Hintergründe, nur liegt ihnen das Zusammenspiel mit den Vordergründen noch zu fern.
Und dennoch: "Das Schloss des Cagliostro" ist en bloc ein Film, der zu seiner eigenen verschrobenen Identität findet; ein Perpetuum mobile gewissermaßen, ein Selbstläufer von der ersten Sekunde an. Es geht - und doch wiederum nicht wirklich - um Geldfälschung und Zwangsheirat und am Rande um politischen Lobbyismus sogar auch. Das die Formalien. Überstrahlen will sie der Klamauk. Und er schafft dies auch. Freilich neigt er dazu, sich gelegentlich auf typisch japanischen Albernheiten, also etwas zu verspielter Infantilität, zu begründen. Miyazaki jedoch glaciert die abwechslungsreichen Figuren mit solch überwältigendem Esprit, dass es wirklich schwerfällt, sich der alles einlullenden Holdseligkeit zu entziehen.
Den deutschen Synchronsprechern sei Dank, die in der hierzulande erschienenen Fassung den in zeichnerischer Mimik und Gestik innewohnenden Charme grandios ins Verbale übersetzen. Peter Flechtner spricht Lupin mit der Leichtigkeit eines Seiltänzers und interpretiert die charismatische Durchtriebenheit dieser Figur in einer Weise, wie sie das Original - vermutet zumindest der dem Japanischen nicht Mächtige - wohl fordert. In der Maxime dieses nicht ganz typischen Miyazaki-Werks vereint sich jene herzliche Kapriolen- mit einer überwiegend heiteren Actionmentalität. Warum überwiegend heiter? Weil - so sind die Japaner halt - in diesem Zeichentrick zuweilen auch die Maschinenpistolen, Granaten und Skelette rausgeholt werden. Das kann man sich nicht vorstellen? Dann muss man's selbst gesehen haben.