Review

Season 1 + 2

Season 1
erstmals veröffentlicht: 23.08.2017

„Directed by Steven Soderbergh“, verrät der Abspann jeder Episode, und unterstreicht den Autorenanspruch dieser Serie über die bislang stiefmütterlich behandelten Anfänge der Medizin. Über zwielichtige Medizinhändler, Pferdekutschen und einen omnipräsenten Rassismus streift „The Knick“ in seiner Geschichte rund um chirurgische Experimente im Knickerbocker Hospital die letzten Reste des Wilden Westens ab im Versuch, Eintritt in die Zivilisation zu erlangen.

Dass die Hauptfigur ein genialer Arzt mit Drogenproblemen ist, stellt zwar nicht unbedingt einen Coup dar, sondern gehört zu den eher konventionellen Mitteln serieller Erzähldramaturgie; entsprechend spielt Clive Owen im Wechsel die fachlich brillante Seite und die private Verzweiflung in einer Schere aus, die zum Ende der Staffel nur in Drama münden kann. Dass Owen in seiner Rolle jedoch auftrumpft, ist eine davon unabhängige Erkenntnis, die sicher auch damit zu tun hat, dass mit Co-Star André Holland ein gesellschaftskritisches Fass aufgemacht wird, von dem die komplexe Charakterzeichnung der Hauptrolle profitiert.

Wo es schon um frühe Medizin geht, überrascht der regelmäßige Einsatz von Gore nicht. Ungeachtet seiner teils selbstzweckhaften Tendenzen findet er einen unverbrauchten Weg, ein zeitgemäßes Publikum zu fordern, ohne deswegen zur üblichen Mischung aus Sex und Splatter greifen zu müssen. Noch unbequemer als die Bilder geöffneter Menschenkörper sind ohnehin aufgebrachte Pöbel, die blind vor Hass über den Pflasterstein stampfen und ohne jegliche Reflektion bereit zum Lynchen sind, sich wahllos auf einen Schwarzen werfen und ihn grün und blau prügeln, weil ein anderer Schwarzer angeblich ein Verbrechen begangen hat.

Erfreulicherweise bewegt sich Soderbergh nie zu weit weg vom Trial & Error medizinischen Fortschritts und den gesellschaftlichen Barrieren, die diesen Fortschritt verwehren. Die hin und wieder eingebauten Einzelschicksale sind stets mit diesen Bemühungen verknüpft, was einen festen, kontrollierten Erzählstil zur Folge hat. Ein nicht seitens der Kritik, seitens der Masse jedoch weithin unterschätztes Kleinod, das als historische Serie sogar noch eine wichtige thematische Lücke schließt.


Season 2
erstmals veröffentlicht: 09.11.2017

Es ist nicht ganz klar, weshalb Cinemax das einst als Prestigeobjekt initiierte „The Knick“ nach zwei Staffeln einstellte. Die offizielle Begründung lautet, dass man wieder zu temporeicheren Action-Konzepten zurückkehren wolle; vielleicht versprach man sich aber auch einfach Einschaltquoten, die den durchweg guten bis hervorragenden Kritiken entsprachen.

In jedem Fall endet die historische Krankenhausserie so unrund, dass man es fast schon als aufreizend bezeichnen könnte. Das Schicksal vieler wichtiger Figuren (insbesondere der Hauptfigur) wird völlig offen gelassen, obwohl in einigen Fällen nur eine ergänzende Szene zur Klärung des Sachstandes beitragen könnte. Dass im Zuge dessen manch niederträchtige Figur nicht mehr moralisch belangt wird, sondern trotz schlechter Taten mit einem selbstgerechten Grinsen aus der Serie entlassen wird, kann man im Zuge dessen sogar positiv werten.

Man muss aber doch sagen, dass die erste Staffel einen insgesamt runderen Eindruck machte, weil sie sich immer einem großen Erzählbogen verpflichtet fühlte. Die Handlung der zweiten Staffel zerfällt in viele kleine Bestandteile, die Steven Soderbergh als alleiniger Regisseur aller Folgen jonglieren muss, was ihm zunehmend Probleme zu bereiten scheint. Spätestens, als sich Dr. Thackery in einer Episode an eine Episode seines Lebens in Nicaragua erinnert, werden die Fäden ein Stück zu weit ausgelegt.

Clive Owen legt im Beisein hochkarätiger Nebendarsteller auch weiterhin eine bemerkenswerte One-Man-Show hin und die verschiedenen Subplots sind grundsätzlich alle von ausreichendem Interesse, so dass man eine dritte Staffel durchaus noch gerne gesehen hätte – auch wenn Soderberghs ursprüngliches 6-Staffel-Konzept mit einem Cast- und Story-Reset alle zwei Staffel etwas gewöhnungsbedürftig geklungen hat.

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