Review

Pseudo-Kunst?

"Mermaid in a Manhole" ist ein wirklich zweischneidiges Schwert. Ihn als Kunstfilm zu betrachten ist meiner Meinung nach etwas zu hoch gegriffen. Doch einfacher Sicko-Splatter aus Fernost ist es nun auch wieder nicht. Auf Video gedreht, unabhängig produziert und richtig handmade, besitzt der Streifen eine gelegentlich interessante Bildästhetik, sowie den untergrundigen Touch, wie ihn etwa der ambitionierte "Nekromantik" auch hat. Besonders die Szenen in der Kanalisation zeigen das stilvolle Spiel der Macher mit Licht, Farbe, Schärfe und Kontrast, was auf Video ganz anders wirkt als auf Film. Die Effekte sind mit Liebe zum Detail gestaltet, jedoch mit einem durchaus trashigen Touch versehen.

Aber zunächst zum Inhalt: In einigen ruhigen Sequenzen, unterlegt mit den Gedanken des Malers, wird die Tragik seiner Figur als sehnsüchtiger, trauriger Künstler gewahr. Regelmäßig besucht er als Inspiration eine alte Kanalisation, bis er dort auf eine kranke Meerjungfrau trifft. Im Glauben, seine blaue Blume gefunden zu haben, nimmt er sie mit nach Hause, um sie zu malen. Doch ihre Krankheit verschlimmert sich, die Tumore wachsen am ganzen Körper, sie liegt im Sterben. In einem letzten Porträt versucht der Maler ihre Vollkommenheit zu greifen, festzuhalten.

Mit dieser Geschichte hätte man sicher keinen vollen Spielfilm zustande gebracht, doch erscheint mir die Länge von knapp einer Stunde doch noch zu groß. Zu sehr schweift der Film ab in Nebensächlichkeiten und Fehlinszenierungen, wie etwa die stümperhaft gespielten Nachbarn, die dem Film gar einen äußerst störenden unfreiwilligen Komikfaktor verleihen. Auch der Maler verhält sich auch ab und zu etwas lächerlich - man nimmt ihm sein Leiden, seinen innerlichen Konflikt nicht wirklich ab. So kommt es, dass hinter "Mermaid" weniger Sinn steckt, als zunächst angenommen. Für eine intelligente Auseinandersetzung mit der Ästhetik und Faszination des Morbiden und des psychologisch untersetzten Themas der Metamorphose, wie es Cronenberg in seinem Schaffen geradezu perfektioniert hat, wirkt das Gezeigte eigentlich zu plump und einseitig. Die Kamera hält viel zu oft und lange voll drauf, auf die Tumore und schleimigen Eiterejakulationen, sodass es recht schnell eintönig und echt billig wird. Interessant wäre unter diesem Aspekt mal eine psychoanalytische Untersuchung der Filmemacher nach Freud...
Subtilität, kreatives Feingefühl sind die Stichwörter.
Weniger ist in solchen Bereichen eben doch mehr, wie die abstrakten, assoziativen, aber teilweise noch effektiveren visuellen Kreationen jener expliziten Art von Cronenberg (Videodrome, Naked Lunch) oder Lynch (Eraserhead) zeigen - Diese werden nicht so breitgetreten, sondern stilvoll inszeniert und tragen auch eine Bedeutung im inhaltlichen Zusammenhang mit einem viel komplexeren, tiefsinnigeren Rest des Films.
Das ist auch das nächste Problem hier. Nachdem sich die Macher in ihren ach so tollen Effekten etappenweise nur noch suhlen, bleibt einfach keine Zeit und kein Engagement, um dem Kunstfilmchen hinter seiner Fassade einen glaubwürdigen, komplexen Inhalt und somit auch eine stärker packende Atmosphäre zu erzeugen. Ansätze, wenn auch nicht neu, sind zwar vorhanden: Da wäre die unzufriedene, gescheiterte Künstlerexistenz, der Verlust der Unschuld, der Naivität, der Phantasie, die verzweifelte Sehnsucht nach Vollkommenheit, das Streben nach Perfektion und die Tragödie der letztendlichen Akzeptanz des eigenen Scheiterns. Das hat auch etwas philosophisches, man könnte z.B. den Maler als eine (zugegeben pervertierte) Form von Thomas Manns Aschenbach-Figur sehen, oder existentielle Fragen im Film finden.

Doch die mangelnde Ausarbeitung dessen verhindert längeres tiefsinniges Nachdenken über das Gesehene, das selbstzweckhaft in seinen triefenden, pervers-sexuell angehauchten Effekten schwelgt. Der überbewertete, keinesfalls provokative Beinahe-Schund-Film über den leidenden Maler und seine lebende Pizza mit Soße (manchmal, wenn die Beleuchtung etwas ungünstig ist, sieht das wirklich so aus...) kommt leider nicht über seinen Schatten hinaus, wenngleich er ganz nett anzusehen ist. 5/10.

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