Teil 9: Interstellar (2014)
Thema: Liebe
Nun kommt der Film, den ich damals fieberhaft erwartet habe, ein Film, der in mir damals den Drang geweckt hat, nach etwas über 10 Jahren richtiger Leidenschaft für Filme, diese Leidenschaft wie hier nun in Worte zu fassen. Meine erste große und ausführliche Review zu einem Film galt damals dem extrem überambitionierten Science-Fiction-Thriller „Interstellar“, der bis zum heutigen Tag mit knapp 170 Minuten Filmdauer der bisher längste Nolan-Film geworden ist. Es wird jedoch Zeit für ein Update und da eignet sich die Retrospektive von Nolans Filmen in Vorbereitung zu seinem nächsten Film „Dunkirk“ hervorragend. Ich habe mich damals in einen regelrechten Sog versetzt, bevor ich mir den Film angesehen habe. Von Cast über Plot, Synopsis und dem Trailer, der mit Thomas Bergersens „Final Frontier“ unterlegt war. Und trotz dem Überhype würde ich damals in einen Sog versetzt, als ich den Film im Kino gesehen habe.
Die Erde befindet sich auf keinem guten Weg. Der Boden ist nicht mehr fruchtbar, der einzige wirkliche Rohstoff, der sich noch anbauen lässt ist Mais. Der ehemalige NASA-Pilot Cooper muss sich nun als Farmer durchschlagen und um seinen Vater sowie seine beiden Kinder Tom und Murph kümmern. Besonders die Verbindung zu seiner Tochter ist ihm sehr wichtig, teilt sie doch den genau gleichen Eifer für die Wissenschaft. Beide erforschen gravititationsbedingte Anomalien in ihrem Zimmer nach Sandstürmen. Diese Forschungen lassen Cooper und Murph zum ehemaligen NORAD gelangen, wo Cooper von einer hoffnungsvollen interstellaren Rettungsmission erfährt, um neue bewohnbare Planeten auszukundschaften. Entgegen dem Willen seiner Tochter macht er sich mit einem Team auf die Mission, ohne zu wissen, ob er die Erde retten und seine Tochter jemals wiedersehen wird.
Zuerst ist es mir wichtig, mal allgemein zu sagen, dass ich sehr wenig von Astrophysik verstehe. Dementsprechend kann und werde ich die in diesem Film getroffenen Theorien und Annahmen zu Raum/Zeit, Gravitation, Singularität, schwarzen Löchtern, Gargantua, usw. nicht in der Art kommentieren und kritisieren. Es handelt sich hier immer noch um Science-Fiction und nicht um Science-Fakten. Der Film nutzt auf wissenschaftlicher Ebene die Theorien von Kip Thorne. Ob zum aktuellen und auch damaligen Zeitpunkt es andere Wissenschaftler auf diesem Gebiet gab, die Thornes Theorien und Annahmen in diesen Themen angefechtet oder sogar widerlegt haben, weiß ich nicht, kann es mir aber durchaus vorstellen. Thorns Theorien werden durch klassische filmische Mittel dem Zuschauer per Dialog und sichtbare Darstellung (unter anderem aus z.B. „Event Horizon“ übernommen) vermittelt, so dass der Zuschauer zumindest einen Teil der sich abspielenden Handlung verstehen, den er sich nicht selbst erklären kann. Für mich ist hier viel wichtiger die menschliche, emotionale und psychologische Komponente des Films. Deswegen ist für mich „Liebe“ ein viel wichtigeres und essentielleres Thema des Films als all die wichtigen wissenschaftlichen Themen, die ich oben bereits genannt habe. Für jeden, dem die persönlichen Gefühle in Nolans Filmen bis hierhin zu kalt gewesen sind, gibt es hier ein wundervoll integriertes Vater-Tochter-Drama, dass als emotionale Triebfeder des ganzen Films gilt. Entgegen des üblichen Nolan-Stils haben wir hier einen linearen Aufbau der Ereignisse. So erleben wir in den ersten 45 Minuten die Bindung zwischen Murph und Cooper, um uns emotional an die Charaktere zu binden und ihr Drama mitzufühlen. Im All angelangt, fährt Nolan durch handgemachte Sets und minimalsten Einsatz von computergenerierten Effekten eine unbeschreibliche Darstellung des Alls auf, von der Lichteinstrahlung bishin zur Soundgestaltung – atemberaubend. Ähnlich wie beide ausführlich im Mittelteil angesteuerten Planeten, die durch die Unterschiede in ihrer Darstellung und Bedrohlichkeit einem genauso den Atem rauben. Der Film nimmt mich immer auf eine emotionale Reise mit, die mir den Atem raubt, Gänsehaut beschert und die Socken auszieht. Das emotionale Drama zieht sich wie der wissenschaftliche Ansatz den ganzen Film durch und sorgt hin und wieder für eine notwendige Konstruktion der Handlung, die auch mal etwas überkompliziert wird, aber im Kern das emotionale Thema des Films bestätigt. Es sorgt aber auch für eine enorme Spannung, die gepaart mit Hans Zimmers genialem Soundtrack bei manchen Sequenzen des Films für regelrechte Referenzen im Spannungsaufbau sorgt. Vom Wasserplanet bishin zur Parallelmontage Erde/Eisplanet und der Dockingsequenz, die mich im Kino damals regelrecht an den Sitz gepresst hat. Darstellerisch befinden wir uns mit Matthew McConaughey noch mitten in seiner McConnaissance und seine Chemie mit Mackenzie Foy sowie dann auch mit Anne Hathaway ist großartig und Matthew McConaughey passt als Protagonist dieses Films perfekt. Weiterhin hervorzuheben sind die großartigen Darsteller wie Jessica Chastain, Casey Affleck, John Lithgow, Michael Caine und besonders zwielichtig und ambivalent ein besonderer Überraschungsdarsteller. Der Film wirkt dann auch wie ein „Inception“ im All und sorgt lange nach der Sichtung für ein Hinterfragen der ganzen Handlung. Wie auch jeder andere Film von Nolan ist „Interstellar“ für mich ein Lieblingsfilm.
„Interstellar“ - Multiple Look – 10/10 Punkte.