Die großen Nahrungsquellen auf der Erde versiegen bedingt durch Klimawandel und Schädlinge. Die Menschheit wird in absehbarer Zeit verhungern. Die NASA hat Sonden durch ein am Saturn aufgetauchtes Wurmloch geschickt um andere bewohnbare Planeten zu finden. Nun soll ein Team ihnen zu den 3 vielversprechendsten Planeten folgen um dort den besten Kandidaten für die Menschheit auszuwählen…
Christopher Nolan möchte scheinbar den Zuschauern mit manchen Filmen bestimmte wichtige Themen nahe bringen, die zwar allgegenwärtig und irgendwie fundamental, aber leider auch sehr unpopulär sind. Er veranschaulicht sie, indem er sie als Gerüst für austauschbare, aber spannende oder emotionale Geschichten benutzt und diese darin einbettet. So wie Inception aus der Traumforschung berichtete, so versucht Interstellar bestmöglich aus der Astrophysik zu erzählen. Wer sich mit den Themen beschäftigt, der fühlt sich in den Filmen direkt zu Hause und wird froh sein und hoffen, daß sie durch die Filme vielleicht etwas mehr in das öffentliche Bewusstsein rücken.
Dabei macht Nolan das so geschickt wie seinerzeit die Wachowsky-Brüder mit Matrix oder Lucas mit Star Wars:
Jeder Zuschauer sieht möglicherweise einen anderen Film: Bei Interstellar kann das eine Story um Vater und Tochter sein. Oder ein Weltraum-Thriller. Oder ein Endzeit-Film. Oder der Film kann den ambitionierten Wissenschaftler ansprechen, der unter anderem eine ganz vernünftige räumliche Darstellung der Vieleweltentheorie zu sehen bekommt.
Mir persönlich hat der Plot um die Beziehung zwischen Vater und Tochter am wenigsten gebracht, weil dramatische Geschichten um das Verlassen der Familie für eine wichtige Mission nichts wirklich Neues auf der Leinwand sind, und gerade bei Interstellar liegen die Prioritäten eigentlich klar auf der Hand. Die immer lebensfeindlicheren Umwelteinflüsse auf der Erde haben mich in diesem ersten Teil des Films wesentlich mehr interessiert und sozusagen bei der Stange gehalten.
Als Thriller entwickelt der Film erst nach etwa der Hälfte seiner Laufzeit gute Qualitäten, die er dann in der letzten halben Stunde wieder abgeben muß für seinen widerspenstigsten Part:
Ich durchlebte im Kinosessel in diesem letzten Teil des Films bange Minuten angesichts der Befürchtung, ob Interstellar mich riesig enttäuschen würde wie seinerzeit das flowerpower-psychedelische Ende von Kubricks "2001". Doch, DANKE, er hat wunderbar die Kurve gekratzt und genau da weitergemacht wo "2001" einfach nicht mehr weiter wusste. So mancher dürfte jedoch unterm Strich kaum einen Unterschied empfinden und sich plötzlich in einem durchgeknallten Mysteryfilm wähnen, der in einen merkwürdigen Handlungssprung am Ende mündet.
Der Film bekommt von mir nach dem ersten Sehen die Bestnote mit Abzügen lediglich in den Nachkommastellen. Ein halbes Dutzend Sätze an Text hätte ich gerne aus den Dialogen gestrichen. Dazu kommen weitere Dialoge, die rein dazu dienen, dem Zuschauer bestimmte Dinge zu erklären. Astronauten würden sich nie über so etwas unterhalten, weil sie für sie einfach selbstverständlich sind. Und dann ist da noch die Story rund um den "Geist", deren Auflösung man allzu früh erahnt; da hätte man beim Drehbuchschreiben vielleicht noch mal drüber brüten können.
Außerdem sind mir an ein paar Stellen seltsame kleine Sprünge aufgefallen, die mich auf einen etwas längeren extended cut hoffen lassen.
Die Optik von Interstellar ist passend: Das Design der Technik ist bodenständig realistisch wobei sich die Roboter auf besondere Weise abheben: sie sind in ihrem Purismus eine seltsame Mischung aus Nostalgie und Futurismus, ich kann mich da nicht so ganz entscheiden. In diesem Zusammenhang: Humor habe ich in diesem Film nicht erwartet, aber er ist dezent dosiert, gut platziert und stört die Atmosphäre nicht.
Die Effekte sind ebenso perfekt und in der Darstellung eines Wurmlochs und schwarzen Lochs zudem so nah an der Realität, wie es der heutige Stand der Erkenntnisse verlautbart. Zudem sind die Weltraumpanoramen einfach phänomenal; ich hätte ewig auf den Saturn vor dem sattschwarzen Hintergrund schauen können.
Mit dem Soundtrack trifft Hans Zimmer [Inception] sowohl die Bilder als auch die Emotionen voll. Zimmer deckt die komplette emotionale Bandbreite des Films ab, und das in immer so überraschend einfachen wie genialen Motiven.
Wer nur Action und Science-Fiction sucht, dürfte sich über lange Strecken ordentlich langweilen. Für viele andere ein rundum sehenswerter Film mit klugen Dialogen, Dramatik, Spannung, Wissenschaft, Philosophie, Schönheit, Action, etwas Schmalz und sogar ein wenig Humor. Glücklich ist derjenige, der sich von all seinen Aspekten angesprochen fühlt; er hat einen (fast) perfekten Film gefunden.