Der Abschlussfilm des 19th Busan International Film Festival entpuppt sich trotz des Umfeldes im Triadenmilieu schnell als Art Romantische Komödie mit später dramatischen Zwischentönen, was trotz aller durchaus wohlwollenden Besprechungen und der allgemein positiven Aufnahme des Werkes eher der Nach- als denn der vielbeschworene Vorteil des Filmes ist. Denn so viel anders verhält sich der von (in Verbindung mit Lily He Xin) Lee Po-cheung geschriebene und gedrehte Gangster Payday zu seinen üblichen Artgenossen aus der weiter darbenden kantonesischen Fraktion nicht; zumindest nicht derart konträr, wie es die Beurteilungen verlauten und die Versprechungen dahingehend andeuten lassen. Von einer Aufnahme der Stimmung der Achtziger Jahre im Filmgeschäft mit den Mitteln und Wegen des modernen Kinos und so einer Übereinkunft aus dem Goldenen Zeitalter mit dem aktuellen Bemühungen um den letzten Rest Würde ist hier zwar etwas zu spüren und auch rein für das Auge zu sehen. Allerdings fallen einige Verharmlosungen bis hin zu Verniedlichungen gar unangenehm auf, die einem realistischen Zugang und wahrhaftigen Aussagen noch zusätzlich abträglich und das Ganze eher als süßes denn bitteres Märchen dastehen lassen sind:
Der alternde Kleingangster Wong Kam-kwai [ Anthony Wong ], der als 'Ghost' unter seinen Triadenbrüdern bekannt ist, hat trotz langer Laufbahn in der Unterwelt eher wenig erreicht, begnügt sich allerdings damit. Eine getreue Gefolgschaft wie Uncle Two [ Michael Chan Wai-man ], Uncle B [ Frankie Ng ] und das junge Mündel Leung [ Wong Yau-nam ] hängen an seinen Lippen und folgen ihm gnadenlos; zudem hat mit der Exfrau Pui Chun [ Carrie Ng ] einen freundschaftlichen Kontakt erreicht und ist beruflich mit dem Besitz von kleineren Karaokebars, Night Clubs und Saunen zufriedengestellt. Als ihm selbst das durch die Konkurrenz von Bill [ Patrick Keung ] und seinem Handlanger Cheong [ Deep Ng ] in Frage gestellt und mit erst niederen Anschlägen, dann bald gewalttätigen Aktionen streitig gemacht und von Detective Cheung [ Ai Wei 98 nur beobachtet, nicht eingegriffen wird, muss sich 'Ghost' kurz vor dem Ruhestand noch um sein Lebenswerk kümmern. So richtig bei der Sache ist er allerdings nicht, hat er sich doch in die halb so alte Mei [ Charlene Choi ] verguckt, die um die Ecke ein Straßenrestaurant führt.
Vor allem durch seine Besetzung und auch die Nutzung der Schauplätze ist man dabei schon zugehörig, wenn auch nur im äußeren Rahmen, in der Fassade, der Verkleidung zum gemeinen Triadenfilm, dessen Nutzen man auch zieht und dessen Beschwörung man benutzt. Mit Wong in der Hauptrolle, mit (Frankie) Ng und Chan als weitere offensive Charaktere sowie auch (Carrie) Ng als zweiter direkter Frauenpart werden Schauspieler der eher älteren und gesetzten Zugehörigkeit und der Tradition entsprechender Rollenwahl in der früheren Karriere besetzt. Gerade die beiden Herrschaften in der zweiten Garde, tatsächlich ehemalige Mitglieder der verbrecherischen Klüngelei und seitdem in quasi jedem filmischen Werk über die Organisationen als mehr oder minder sie selber präsent, verleihen auch hier durch ihre bloße Anwesenheit schon Ausdeutung und Interpretation, während Wong ebenso über seinen Anteil an Zugehörigkeit zum Genre verfügt und nicht mehr weiter formuliert werden muss. [Das Thema selber mit den vergleichsweise harmlosen Triaden kam im Mutterland China nicht nur deswegen zensurtechnisch nicht besonders gut an, als auch Wongs Kommentare während der „Regenschirm-Revolution“ September 2014 gar nicht gern gehört und entsprechend geahndet wurden.]
Auch die Orte hat man alle schon mal gesehen, die Karaokebars, die Nachtclubs, das Teehaus an der Ecke, dazu folgerichtige Szenen, in denen noch im Sitzen miteinander diskutiert und bald im Stehen die Drohungen und die Versprechen auf mehr als dem Kompromiss, nämlich die einseitige Übernahme zu sehen sind. Gewinnen tun derlei Momente durch Erinnerungen an die Vergangenheit und ihre unzähligen Bilder, die nicht nur ähnlich, sondern wie gleich gehalten sind, sowie durch einige Aussparungen in der Inszenierung und der Dramaturgie, die meist das Ergebnis präsentiert, aber den Weg dahin, die Aktion selber nicht. [Ghost steht mehrmals vor den Verwüstungen und Verschandlungen seiner Räumlichkeiten, dessen Vorgang selber übersprungen und in der Fantasie des Zuschauers fortgelassen wird.] Außerdem sieht man endlich mal Bilder wieder der Stadt selber,, die in der jüngeren Vergangenheit eher vernachlässigt oder stark verfremdet, wie weichgespült gezeichnet wird und hier des Öfteren in einer gewissen oder zumindest scheinbaren Realität durchwandert bzw. durchfahren wird.
So weit, so gut; und so weit, so mäßig. Was neu hinzukommt ist ein spezielles Gefühl der Traurigkeit, dass alle Männer, die selbst im hohen Alter noch irgendwie Kinder geblieben sind, umgebt. Der Traurigste, und Niedergeschlagenste ist dabei ausgerechnet der Jüngste im Bunde, Leung, der eigentlich noch alles vor sich hat, aber irgendwie schon vom Wege und dies unabkömmlich abgekommen und verloren am Tage und in der Nacht ist. Leung ist bereits am Ende und versucht es auch gar nicht mehr, was seine Romanze mit Mei gar nicht beginnend, sondern vollkommen leer im Raum stehen lässt. Ein Mensch ohne Zukunft; wobei es die Anderen im Zweiten oder gar Dritten Frühling wenigstens noch probieren, auch wenn da ebenso die Hoffnung trübe und nur noch das Einsehen des baldigen Endes nicht bekannt oder hinausgezögert sind.
Trotz dieser Prägung versucht sich Regisseur und Co-Autor Lee, der zuvor eher als Assistant Director, wenn überhaupt und sicher auch da nicht wirklich aufgefallen ist, an einer seichten Beschwingtheit, die leider das Thema nicht so richtig trifft. Die zweite Beziehung zwischen Mann und Frau, die zwischen dem deutlich älteren Triadenhäuptling und der naiven Frau, die zwar auch schon Anfang 30, aber immer noch im Kleinmädchengehabe festgefroren ist, soll wohl so etwas wie den Schimmer der Hoffnung und die rosige Zukunft, die letzte Chance inspirieren, ergeht sich aber in viel Tagträumerei, die gerne leicht und locker und frohlockend wäre, im Endergebnis aber mit banalen Klavier zu geklimpert und gleichst blauäugigen Dialogen und Verhaltensweisen auf leichtgläubiges Großstadtmärchen gekrampft ist.