Die Person Fritz Bauers, die bisher eine Randnotiz im allgemeinen deutschen Geschichtsbewusstsein gewesen ist, wurde ab 2014 wieder ins Licht gerückt und gleich drei Filme widmeten sich dem Generalstaatsanwalt, dessen Einsatz und Gerechtigkeitsempfinden letztlich zu den Auschwitzprozessen von 1963 führte. Für diesen Umstand muss man grundsätzlich dankbar sein, handelt es sich bei Bauer um eine tatsächlich beeindruckende Person, die einen enorm großen Beitrag zur Aufarbeitung der deutschen Geschichte lieferte und deren Wirken es somit heutzutage leichter macht, als Deutscher mit dieser Vergangenheit zu leben.
Den Anfang machte "Das Labyrinth des Schweigens" im Jahr 2014, gefolgt von "Der Staat gegen Fritz Bauer" im Jahr 2015 und "Die Akte General" von 2016, der allerdings nur eine Fernsehproduktion ist.
Ich gebe von allen Filmen Lars Kraumes Version von 2015 den Vorzug, da Burghart Klaußner eine gute Balance gefunden hat, Bauer Körper und Stimme zu verleihen, ohne wie ein Imitator zu wirken. Ulrich Noeten gelingt dies 2016 schlicht nicht.
In Giulio Riciarellis 2014er-Version der Geschichte wird von vornherein ein anderer Fokus gelegt, da ein junger, fiktiver Staatsanwalt unter Bauers Regie gegen sein eigenes und das Unwissen, bzw. die Verdrängung der Bevölkerung kämpft. Dies ermöglicht einen größeren künstlerischen Freiraum, der dann aber leider in einem Mischmasch an altbekannter Dramaturgie endet.
Alexander Fehling, Johann von Bülow und besonders der große Gert Voss sollten von den Namen her eigentlich für schauspielerische Qualität garantieren können, aber der Regisseur möchte gar kein Schauspielkino produzieren, so hat man zumindest den Eindruck. Mal wieder wirkt es so, als müsse der ernste historische Bezug reichen, um inhaltliche Dichte zu erzeugen. Hinzu kommt dann eine nach allen Regeln der Kunst klassisch abgearbeitete Heldengeschichte, die fast unnötig scheint, da der wesentliche Inhalt der Ermittlungen doch schon Nahrung genug geboten hätte, einen spannenden und gleichermaßen lehrreichen Film zu gestalten. Hinzu kommt eine Liebesgeschichte, die in bester Hollywoodmanier dargeboten wird. Dieser Teil ist einfach unnötig und der Film verliert das Wesentliche aus den Augen.
Alexander Fehling agiert dabei immer sehr "amerikanisch", die Zweifel und Selbstzweifel der Figur sind zu dick aufgetragen. Albtraumsequenzen im Film versuchen zu schocken, passen aber nicht zum Thema und sind rein strategisch eingefügt.
Gert Voss, schon sichtlich von seiner Krankheit gezeichnet, hat zwar Präsenz, dient aber tatsächlich nur als Nebenfigur. Eventuell musste man aus gesundheitlichen Gründen das Drehbuch ändern. Die Premiere erlebte Voss tragischerweise nicht mehr. Gegen ihn wirkt Fehling dennoch beinahe wie ein Soap-Darsteller, wobei mich tatsächlich das Gefühl beschlich, der Regisseur hätte es darauf angelegt.
Hansi Jochmann spielt ihre Nebenrolle unter der gleichen Regie und trotz der eingeforderten Theatralik dabei aber wieder austarierter, so dass Fehling immer so wirkt, als sähe er die Chance, in Hollywood Fuß zu fassen.
Ein sich wiederholendes Phänomen im deutschen Film mit historischem Bezug ist die Ausstattung. Dieser Film macht uns in jeder Sekunde mit dem Holzhammer deutlich, in welcher Zeit er spielt. Zum einen hat man wirklich ein gutes Setdesign entwickelt. Auf der anderen Seite nervt es auch und wirkt dümmlich naiv, wenn Petticoat, Vespa, Musik etc. uns die deutsche Wirtschaftswunderwelt wie auf dem Reißbrett präsentieren. Oft auch gleichzeitig.
Hier verliert der Film an Glaubwürdigkeit und formal wird so übertrieben, dass auch das Wissen um die wahre Begebenheit nicht mehr ausreicht, den Handlungskern zu Retten.
So gut die Idee ist, einen jungen, unbelasteten Staatsanwalt die Schwere der deutschen Verbrechen aufdecken und aufarbeiten zu lassen, so schade ist es um die unerzählten Teile der Geschichte, die dann aber in den anderen Beiträgen aufgegriffen wurden.
Zugute halten muss man "Im Labyrinth des Schweigens" jedoch, dass der Film seine Ansätze, mögen sie nun sinnig oder unsinnig erscheinen, konsequent umsetzt. Letztlich bleibt ein leicht konsumierbarer Beitrag dazu, einen noch unbekannteren Teil der deutschen Geschichte anschaulich zu erzählen. Gute Schauspieler tragen auch kleinere Sequenzen, die der Regisseur nicht verhunzen konnte, so weit, dass fesselnde oder rührende Momente zu finden sind. Zudem kommt ein Gefühl dafür auf, wie lang der Weg bis hier war, wenn es um die Aufarbeitung und den Umgang mit der deutschen Vergangenheit der Jahre 1933-1945 geht.
Auch wenn viele einen sogenannten "Schuldkult" darin sehen und damit zu erkennen geben, dass sie sich von eben dieser Geschichte und der daraus erwachsenen Verantwortung überfordert fühlen, muss man froh sein, dass man ab 1963 anfing, sich der Sache geordnet zu stellen. Vielleicht kann man an dieser Stelle sogar mal so etwas wie Stolz empfinden. Ich zumindest bin beeindruckter von Menschen wie Fritz Bauer als von Karl dem Großen oder Bismarck.