Der US-Amerikaner Robert Lomax (William Holden) kommt Ende der 50er Jahre nach Hongkong, um dort Abstand von seinem strukturierten Leben und der wenig flexiblen Tätigkeit eines Architekten zu finden und um sich ausschließlich der Malerei zu widmen. Heute würde man sagen, er steigt aus, doch damals gab es noch keine griffige Bezeichnung für seine Konsequenz.
Entsprechend wenig gelingt es den Menschen in Hongkong - egal ob es sich um Einheimische oder Vertreter der englischen Regierungsmacht handelt - ihn einzuordnen. Der 40jährige verfügt zwar nur über wenige Geldmittel, wirkt aber dank guter Ausbildung und gepflegter Kleidung wie ein Mitglied der wohlhabenden, englischsprachigen Klasse. Als er sich in ein billiges Stundenhotel in einem dicht bevölkerten Stadtteil Hongkongs einmietet, verhält er sich völlig atypisch für einen Hotelgast, da er nicht an den Liebesdiensten der dort arbeitenden Prostituierten interessiert ist, die sich in der Bar im Erdgeschoss den europäischen und amerikanischen Männern anbieten.
Dagegen scheint er perfekt in die noble Gesellschaft des Botschafters zu passen, dessen Tochter Kay (Sylvia Sims) sich augenblicklich in den intelligenten und gut aussehenden Mann verliebt. Doch obwohl Kay sich sehr für ihn einsetzt, bleibt er seiner Linie treu, und widmet sich den Einheimischen, denen er in seiner Unterkunft sehr nah kommt, indem er sie und ihre Umgebung in Bildern festhält. Dabei lernt er die Prostituierte Suzie Wong (Nancy Kwan) kennen, der er gegenüber einem aufdringlichen Freier zu Hilfe kommt und die sein bevorzugtes Malobjekt wird. Die Beziehung zwischen ihnen wird intensiver, aber Lomax behält Abstand zu der 20 Jahre jüngeren Einheimischen, die sich teilweise wie ein verspieltes Kind geriert.
"Die Welt der Suzie Wong" wurde ausschließlich an Originalschauplätzen gedreht, was dem Film einen sehr authentischen Charakter gibt, aber das täuscht nicht darüber hinweg, dass Hollywood für einige Glättung des Stoffes gesorgt hatte, den man ohne Übertreibung als die Umsetzung männlicher Fantasien bezeichnen kann. Ein Mann mittleren Alters kommt in eine fremde Welt, wird von zwei Frauen begehrt und erweist sich als anpassungsfähig und kompetent, indem er nicht nur zum Künstler reift, sondern auch Verantwortung übernimmt. Dazu erfüllt der Film auch exotische Fantasien in der Beziehung mit einer orientalischen Schönheit, ohne das die Überlegenheit der europäischen Rasse dabei zu kurz kommt. Anders ausgedrückt - es ist ein leichtes, den Film als überholtes Relikt seiner Zeit anzusehen mit den üblichen Vorurteilen und einer kitschigen Sichtweise.
Diese Interpretation ist allerdings zu oberflächlich, denn trotz gewisser zeitgemäßer Ansichts- und Gestaltungselemente bleibt der Film erstaunlich realistisch und letztlich auch mutig. Der Grund liegt in der literarischen Vorlage von Richard Mason, der seine eigenen Erlebnisse in Hongkong aufschrieb. Dabei war er nicht an einer dokumentarischen Schilderung interessiert, sondern vermischte Fantasien und Realität so gekonnt miteinander, dass eine Liebeserklärung an das Land und die Menschen hier entstand, die zwar seine europäischen Wurzeln nicht verleugnen kann, aber die gleichzeitige Faszination und Begeisterung damit nicht schmälert.
Selten wurde eine Beziehungsentwicklung im Film langsamer und nachvollziehbarer erzählt als zwischen Suzie (eigentlich Mee Ling) und Lamox. Das lässt auch den Vergleich zu "My fair Lady" als zu kurz gedacht erkennen. Zwar agiert Lomax hier auch einige Zeit als Lehrer von Benimmregeln, während sich parallel Suzie einige Verrücktheiten leistet, aber die Gefühle entstehen erst, als er beginnt, von ihr zu lernen. Zu verdanken ist das Holdens Spiel, der niemals sein wirkliches Alter leugnet und zu Beginn trotz Künstlerambitionen fast schwerfällig in seiner erwachsenen Ruhe wirkt. Zunehmend öffnet er sich und wird nicht nur mutiger, sondern agiler und jugendlicher. Sein Charakter verändert sich deutlicher als Suzies, die ihre anfängliche kindliche Attitüde ablegt, nachdem sie nicht mehr die Rolle der Verführerin weiter spielen muss.
Eine Beziehung zwischen einer asiatischen Frau - dazu noch einer Prostituierten - und einem amerikanischen Mann gehobenen Bürgertums, war damals keineswegs üblich. Um so mehr überrascht die Ausgeglichenheit zwischen den Partnern, denn der Film macht nicht den Fehler, Suzie zu einer funktionierenden Bürgerin im westlichen Sinn mutieren zu lassen, sondern zwingt Lomax dazu, sich – so weit ihm das möglich ist – in ihre Welt hineinzufühlen. Ihr verändertes Verhalten erklärt sich dagegen hauptsächlich durch den von ihm beeinflussten Außenraum, der sie von den Zwängen der Prostitution befreit. Sein Einfluss entspringt dadurch einzig allein aus seiner überlegenen gesellschaftlichen Position.
Um diese Feinheiten im Spiel der beiden Protagonisten zu erkennen, welche den Charakter der Buchvorlage am ehesten widerspiegeln, muss man diverse Stilblüten, die die damalige Zeit erforderten, als entsprechende Relikte vernachlässigen. Die Darstellung der Prostitution bleibt erwartungsgemäß verharmlosend und vermittelt nie den tatsächlichen sexuellen Charakter, auch wenn es zu kurzen übergriffigen Momenten der Freier kommt. Zwar romantisiert der Film die Situation nicht wirklich, aber die dort arbeitenden Mädchen, die zusammen fast so etwas wie Kaffeekränzchen veranstalten, vermitteln keine Tragik in ihrer Tätigkeit. Auch die Wahl von Nancy Kwan als Darstellerin der Suzie war eine Konzession an den amerikanischen Publikumsgeschmack, da sie zwar aus Hongkong stammte, aber eine europäische Mutter hatte, weshalb ihre Gesichtszüge dem gewünschten Schönheitsideal sehr nahe kamen. Besonders auffällig ist der Verzicht auf asiatische Männer, die bis auf die kleine Rolle des Hotelbesitzers nicht vorkommen. Dadurch wird eine männliche Konkurrenzsituation vermieden, die wesentlich mehr über die ungleiche Rollenverteilung in der damaligen Gesellschaft ausgesagt hätte. Unter dem Gesichtspunkt einer romantischen Liebe war eine Klassen überschreitende Beziehung dem Publikum dagegen zu vermitteln.
Die dramatischen Ereignisse der letzten halben Stunde unterstreichen diese Zwittersituation noch, in dem sie die slumartige Wohnsituation der armen Bevölkerungsschichten und die sich daraus ergebende Lebensgefahr demonstrieren, diese gleichzeitig aber auch zur Melodramatisierung der Story nutzen. Diese Mischung aus Unterhaltung und Realismus prägt den gesamten Film, dem man eine gewisse Beschönigung der tatsächlichen Situation vorwerfen kann. Trotz dieser offensichtlichen Anpassung an den damaligen Massengeschmack lässt das jedoch nicht die klare humanistische Aussage übersehen, ebenso wie hier eine Liebesbeziehung geschildert wird, wie sie auch im modernen Film nur selten in dieser Qualität gelingt (9/10).