Lou Bloom hat sich für ein Leben in der Nacht von Los Angeles entschieden und hält sich mit bedingt legalen Aktionen über Wasser. Als er Zeuge eines Unfalls wird, den ein Tatort-Paparazzo für einen lokalen TV-Sender dokumentiert, steigt Bloom in dieses Geschäft ein. Erst amateurhaft und belächelt, dann zunehmend professioneller. Nachdem ihm Nachrichtenproduzentin Nina die ersten Bilder abnimmt, lernt Bloom schnell, was sich am besten verkauft. Und dafür ist er bereit, alle Grenzen zu überschreiten.
Auf den ersten Blick könnte man einen Film wie "Nightcrawler" als eine extrem zynische Mediensatire ansehen und in gewisser Art und Weise trifft das auch durchaus zu. Gleichzeitig offenbart das Werk jedoch auch einen recht schonungslosen Einblick hinter die Fassade der glitzernden Fernsehlandschaft und präsentiert so manche erschreckende Wahrheit, die der Zuschauer womöglich nicht so recht glauben mag. Allzu oft wird der Begriff Sensationspresse in der heutigen Zeit gebraucht und Regisseur Dan Gilroy reißt in seinem Erstlingswerk eine Seite dieses Begriffes an, der einerseits absolut faszinierend, gleichzeitig aber auch mit einer nicht abzusprechenden Schockwirkung versehen ist. Im Mittelpunkt steht dabei der arbeitslose Lou Bloom, der eher zufällig in die schillernde Medienwelt hinein schlittert, um danach einen fast schon kometenhaften Aufstieg zu erleben, der allerdings mit höchst illegalen Mitteln erreicht wird. Genau bei diesem Punkt mögen sich dann eventuell auch die Geister scheiden, denn während es sicherlich genügend Leute geben wird die die Machenschaften und Handlungen des jungen Mannes als vollkommen überspitzt und unglaubwürdig halten, werden andere eine ordentliche Portion Realität in den Abläufen erkennen. Schließlich geht es auch im realen leben immer darum, die besten Nachrichten mit den tollsten Bildern möglichst als Erster zu präsentieren, um sich im Haifischbecken der Medienwelt am Leben zu erhalten.
Das manch einer dabei im wahrsten Sinne des Wortes auch über Leichen gehen würde wird in dieser Geschichte mehr als nur eindrucksvoll in Szene gesetzt. Dabei leben die teils schockierenden Ereignisse in der Hauptsache vom brillanten Schauspiel des Hauptdarstellers, denn mit Jake Gyllenhaal hat man ganz eindeutig die absolut perfekte Besetzung gefunden. Dabei fällt dem Zuschauer von Beginn an auf, das seine Interpretation von Lou Bloom etwas ganz Einzigartiges darstellt, verhält sich der gute Mann doch von der ersten Minute an recht seltsam und lässt dabei eine gewisse Gefühlskälte gegenüber seiner Umwelt und der darin lebenden Mitmenschen erkennen. Erweckt das Verhalten am Anfang noch den Anschein eines zielstrebigen und ambitionierten Mannes, so lassen sich doch nach relativ kurzer Zeit schon die ersten Anzeichen eines gefühlskalten Soziopathen erkennen. Dieser Eindruck täuscht auch keinesfalls sondern verstärkt sich mit der Zeit immer mehr. So ist es dann auch nicht wirklich verwunderlich, das Gyllenhaal an dieser Stelle ohne Weiteres Erinnerungen an den brillanten Christian Bale in "American Psycho" wach ruft, auch wenn die beiden Filme an sich nicht wirklich miteinander zu vergleichen sind. Jedenfalls ist die Performance des Schauspielers das absolute Highlight in einer Geschichte, die zudem auch mit einem dramaturgisch erstklassig aufgebautem Spannungsbogen, einer teils düsteren Optik und einem gelungenen Soundtrack aufwarten kann.
Umso erstaunlicher ist der Umstand, das dieser brillante Film irgendwie fast durch das Raster gefallen wäre und von vielen eher als Randerscheinung wahr genommen wird. Handelt es sich doch um ein perfekt aufeinander abgestimmtes Szenario, in dem sämtliche Kleinteile harmonisch miteinander kombiniert wurden und so ein grandioses Gesamtpaket offenbaren. Dabei strahlt das Geschehen eine nahezu grausame Faszination auf den Betrachter aus, der andererseits auch manchmal ungläubig mit verfolgt, mit welchen Mitteln die Hauptfigur den beruflichen Aufstieg schafft. Mit äußerster Bestimmtheit und ohne jegliche Skrupel bahnt sich Bloom seinen Weg an die Spitze und lässt dabei auch gegenüber der Produzentin des Senders keinerlei Zweifel daran, wer hier von wem abhängig ist. Seine Methoden beinhalten dabei schon fast erpresserische Züge und der junge Mann genießt es dabei sichtlich, das er ganz augenscheinlich die Zügel der Macht in der Hand hält. Während seine Forderungen immer gieriger werden, nehmen auch seine Methoden immer drastischere Züge an, wenn es darum geht die besten Fotos zu machen. Das Ganze gipfelt dann auch in einer totalen Eskalation, bei der mehrere Menschen ihr Leben lassen müssen, damit Lou auch wirklich die Story bekommt, die sich am besten verkaufen lässt.
Auch wenn manch einer das Ganze eventuell als völlig überzogen ansehen mag so beinhaltet ein Film wie "Nightcrawler" doch ganz bestimmt viel mehr Wahrheit, als der ein oder andere verkraften mag. Ein absolut brillant aufspielender Jake Gyllenhaal sorgt mit seinem Schauspiel dafür, das diese Geschichte auch nicht nur aufgrund der interessanten Thematik und der tollen Umsetzung in Erinnerung bleibt, denn seine Performance lässt dem Zuschauer im wahrsten Sinne des Wortes das Blut in den Adern gefrieren. Selten hat man in den letzten Jahren eine solch grandiose Performance geboten bekommen, was die Nominierung für den Golden Globe Award 2015 als bester Hauptdarsteller auch zum Ausdruck bringt. Dennoch wäre es falsch die gesamte Inszenierung nur auf die Hauptfigur zu reduzieren, denn hier passt ganz einfach alles absolut perfekt zusammen und so ergibt sich dann letztendlich auch ein wirklich stimmiges Gesamtbild, das man sich keinesfalls entgehen lassen sollte.
Fazit:
"Nightcrawler" ist meiner persönlichen Meinung nach einer der besten und intensivsten Filme der letzten Jahre und wird hoffentlich noch die Aufmerksamkeit bekommen, die dem Film aufgrund seiner hohen Qualität ohne Frage zusteht. Eine toll gefilmte Story, jede Menge Zynismus und ein herausragender Hauptdarsteller machen dieses Werk zu einem echten Erlebnis, das zudem auch einen extrem nachhaltigen Eindruck im Gedächtnis des Zuschauers hinterlässt.
9/10