Ezra Cobb, alias Ed Gein, hat einen solchen Mutterkomplex, daß er ihren Tod nicht verkraften kann– zumal sie ihn auch stets von den „bösen Frauen“ fernhielt. Allein auf der kleinen Farm in Wisconsin, holt er irgendwann die mumifizierte Leiche seiner Mutter aus dem Grab und entwickelt sich zu einem nekrophilen Kannibalen, der auch bald vor Mord nicht zurückschreckt….
Was wie aus einem Lehrbuch der Geisteskranken zu stammen scheint, knüpft an den historischen Fall eben des berühmten Ed Gein an, der erst 1984 in einer geschlossenen Anstalt starb. Dieser wohl bizarrste Fall der neueren amerikanischen Kriminalgeschichte inspirierte zahlreiche Filme, von denen „Psycho“ und „Ketten-Sägen-Massaker“ zu den bekanntesten gehören. So gehört „Besessen“ gehört neben dem Letztgenannteren zu den ersten Splatter-Klassikern des modernen Horrorkinos und kann somit als wichtiger Schritt in Richtung der 80er-Jahre-Gore-Welle gesehen werden. Obwohl fast zeitgleich gedreht, erstaunen die inhaltlichen (das Quälen der Opfer, die Gebrauchsgegenstände aus Knochen, die Verfolgungsjagd durch den Wald etc.) und formalen (Schnittmontage, häufiger Gebrauch extremer Großaufnahmen, spartanische Musik usw.) Parallelen zu Tobe Hoopers Meisterwerk. Die teilweise recht harten Make-Up-Effekte (u.a. abgezogene Gesichter) stammen übrigens von Tom Savini. Dem Charme der frühen 70er Jahre ist es wohl zu verdanken, daß das Ganze als Quasi-Dokumentation präsentiert wird, d.h. ein Reporter die im folgenden gezeigten Szenen zunächst erläutert. Die im deutschen Fernsehen ausgestrahlte Fassung (Laufzeit ohne Endcredits!) entspricht der gekürzten AIP-Version (R-Rated) und ist gut synchronisiert worden. Auf NTSC ist jüngst eine Unrated-Fassung erschienen, die zudem noch letterboxed (1,66:1) ist. Ergebnis: „Besessen“ ist ein eindringlicher Film mit einem echten Horror-Schluß, der zu unrecht hinter „Psycho“ zurückbleibt. Mit Roberts Blossom, Cosette Lee, Robert Warner, Marcia Diamond, Brian Snege u.a.
© Selbstverlag Frank Trebbin