Review

kurz angerissen*

Von unerwarteter Seite aus spannen Veronika Franz und Severin Fiala die Zügel an. Nicht nur bekennen sie sich nicht vollständig zum Horrorfilm, sondern bleiben im Genre-Zwielicht mit Reichweite zu Thriller, Drama und nicht zuletzt Experimentalfilm. Auch geht die Bedrohung nicht, wie die Synopsis suggeriert, ausschließlich von der bandagierten Mutter aus, obgleich sie die besonders ausgeprägte Urangst vor der Verfremdung des uns Bekannten schürt. „Ich seh ich seh“ wird bald zum Tauziehen der Machtverhältnisse und damit zu einer hochinteressanten Psychostudie. Weder inhaltlich mit seiner von Plotwendungen getriebenen Struktur, noch stilistisch mit den leeren, weiten Aufnahmen der asymmetrischen Innenarchitektur des Apartments, zeigt sich der Film völlig unvorhersehbar, hält aber stets eine unnachgiebige Spannung in der Frage nach der Umsetzung: Wie wird sich das nächste Ereignis auf den weiteren Verlauf auswirken und was fällt dem Duo in der Regie visuell dazu ein?

Hin und wieder werden zur befriedigenden Beantwortung dieser Fragen spürbare Brüche in Kauf genommen, wenn beispielsweise eine surreale Traumsequenz im Wald in die ansonsten spröde Narration geschoben wird, wenn eine fast schon komödiantische Zwischenepisode um zwei Mitarbeiter vom roten Kreuz ein typisches Horrorklischee herauskitzelt oder eine kurze, aber recht brutale Sequenz am Ende aus der Fassung reißt. Gerade aus diesen Rahmensprüngen, die überhaupt erst durch die trockene, beobachtende Inszenierung möglich werden, bezieht das Werk mit dem auf positive Weise irritierenden Titel seine suggestiven Reize.

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