Review
von Leimbacher-Mario
Alptraum ohne Ursprung
„Messiah of Evil“ ist einer der gigantischsten Geheimtipps der Horrorgourmetwelt. Ein Klassiker, den keiner kennt, den aber jeder mal gesehen haben sollte, dessen Wiederauferstehung und Sanierung längst überfällig ist. In Zeiten des „Post-Horror“ mehr den je. Erzählt wird schlafwandlerisch und nicht immer allzu leicht zu folgen, zu verstehen, von einer jungen Frau, die in ein altes Küstendorf fährt und dort ihren verschwundenen Vater sucht. Doch anstatt auf Hilfe oder Hoffnung zu treffen, findet sie nur Angst, Schrecken und einen Haufen mysteriöser kannibalischer Sektenanhänger, die den Ort noch teuflischer und verlorener erscheinen lassen, als er eh schon ist...
Erinnerungen an etliche Klassiker des Genres werden geweckt, von „The Fog“ bis zu „Dawn of the Dead“, viele davon kamen sogar erst deutlich nach diesem Nischenschocker, sodass man diesem Trip in den Wahnsinn eher Vorreiter- als Nachahmerstatus attestieren kann. Ein hypnotischer Slowburner, der sich ganz tief unter die Haut gräbt und dort bleibt. Lyrisch, einlullend und mäandernd. Bockig und sperrig. Kriechend in eine andere Welt, in einen anderen Status des Sein. Sphärisch und gefährlich. Das Gegenteil von aktuellen Horrortrends - und genau deswegen beispielhaft und fesselnd, vorbildlich und erstaunlich frisch, erfrischend. Nicht alles erschließt sich gleich, nicht alles macht auf Anhieb Sinn, doch über allem schwebt dieses Unheil, fast von kosmischen Ausmaßen, dessen Faszination man sich nicht entziehen will. Lovecraft lässt grüßen. Wenn Blumhouse und Konsorten House und Hip-Hop machen, dann ist das hier späte klassische Musik. Wird die Zeit überdauern und hätte eine aufwändige Restauration und Veröffentlichung, vielleicht von Criterion, verdient. Ein versteckter Wegweiser. Genuss, Gefühl, Grauen. Highlights: Kinobesuch mit Ghouls im Rücken; Wocheneinkauf an der Zombietheke; Ratten a la Apetito.
Fazit: höllisch atmosphärisch, dicht, alptraumhaft, fast europäisch, stylisch, verworren, schwer zu greifen, umwerfend. Vollkommen übersehen. „Messiah of Evil“ muss jeder Horrorhead nicht nur entdecken, er sollte ihn sogar in der gut gepflegten Sammlung stehen haben. Irgendwo zwischen „Carnival of Souls“, Argento, Romero bis zurück zu Dreyer. Eine vergessene, verschwommene Perle!