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Eine Hand wäscht die andere - Von diesem bekannten Sprichwort sollte auch Steven Seagal in den späten Monaten des Jahres 1987 profitieren. Der damals 35 jährige Seagal gab in seinem Dojo in Los Angeles Kampfsportunterricht für Berühmtheiten wie Sean Connery und James Coburn, als sich unter seinen Schülern der Filmagent Michael Ovitz befand, welcher das schlummernde schauspielerische Talent des bekennenden Buddhisten erkannte und ihm seine erste Hauptrolle in Nico (1988) besorgte. Nun, verglichen mit Größen wie Mel Gibson sind seine Fähigkeiten als Darsteller wohl eher limitiert, sein exotischer Kampfstil kam aber beim Publikum gut an und Nico, Hard to kill (1990) und Zum Töten freigegeben (1990) avancierten zu kommerziellen Kinohits. Im Zuge des Erfolges gründete Seagal gemeinsam mit Julius Nasso das Label Seagal/Nasso Productions, unter welchem der 1991 erschienene Out for Justice, in Deutschland auch als Deadly Revenge - Das Brooklyn Massaker bekannt, veröffentlicht wurde. Seagals vierter Streich ist auf Grund seiner minimalistischen Story und dem streckenweise etwas zusammengeschusterten Eindruck bestimmt nicht sein bestes Werk geworden, kann aber wegen seiner knallharten Actionsequenzen und dem atmosphärisch dichten Mafia Setting   auf eine stolze Anhängerschar zurückgreifen.

John Flynn, welcher sich zwei Jahre zuvor für den Stallone Knast Thriller Lock Up- Überleben ist alles verantwortlich zeigte, wurde mit der ehrenvollen Aufgabe bedacht, Regie zu führen, was für Flynn selbst nicht immer einfach sein sollte, da Steven Seagal der plötzliche Ruhm schätzungsweise ein wenig zu Kopf gestiegen war. So lobte Flynn in späteren Interviews die Zusammenarbeit mit Forsythe und Orbach, kritisierte aber auch Seagals lasche Arbeitseinstellung und sein ständiges zu spät kommen. Außerdem war ihm Seagals Egoshow ein Dorn im Auge, in der die eifersüchtige Diva  Szenen von Forsythes entfernte, weil er Angst hatte, dass dieser ihm den Rang ablaufen könnte und auch Seagals eigenmächtige Drehbuchänderungen  stießen bei Flynn auf wenig Gegenliebe. Das größte Ärgernis stellte jedoch Michael Eliot dar, der den Originalschnitt von Out of Justice überarbeitete und um knapp 30 Minuten kürzte, was den Film zwar auf den ersten Blick geradlinig erscheinen lässt, letzten Endes aber Handlungstiefe und eine ansprechende Charakterentwicklung nimmt sowie den ein oder anderen Anschlussfehler fabriziert.  Die einfältige Geschichte lässt sich daher auch prima in einem "One-Liner" zusammenfassen: Der New Yorker Cop Gino Felino (Steven Seagal) will sich an dem skrupellosen Mafiaoberhaupt Richi Madano (William Forsythe) rächen, weil dieser mit seinen Gefolgsleuten Ginos Partner Bobby Luppo (Joe Spataro) auf offener Straße erschossen hat. Eine blutige Vergeltungsorgie durch die Straßen von Brooklyn nimmt ihren Lauf...

Kennen Sie den Film und täglich grüßt das Murmeltier mit Bill Murray und Andie MacDowell, in welchem der Protagonist machen kann was er will, er erlebt den gleichen Tag immer wieder und immer wieder. Auch der Handlungsablauf von Out of Justice ähnelt einer Endlosschleife, nur dass sich hier kein Tag wiederholt, sondern lediglich das Geschehen. Nach der Straßenhinrichtung seines Freundes hetzt Steven Seagal knapp 80 Minuten lang von einer Italo-Kneipe zur anderen, in jeder vermöbelt er seine Gäste zynisch nach allen Regeln der Kunst um den Aufenthaltsort vom psychopathischen Mörder zu erfahren. Zwischendurch bekommen die bösen Buben reichlich Gelegenheit zu zeigen, wie gemeingefährlich sie sind, dann werden erneut Mafiosis ausgequetscht bis das Spiel wieder von vorne los geht. Dadurch, dass die Identität des Killers dem Publikum schon in den ersten 5 Minuten auf dem Silbertablett serviert wird und auch dessen weiteren Streifzüge mit offenem Visier erfolgen, ist so etwas wie  eine Spannungsentwicklung außerhalb Seagals bildgewaltigem Rachefeldzug nahezu unmöglich. Der Plot tritt zwar phasenweise auf der Stelle, liefert anderseits aber auch genügend Gelegenheiten, dem Träger des 7. Dans in Aikido seine effektiven, brachialen Kampfkünste zur Schau zu stellen.

Action - Satisfaction? Sie können mir glauben, wenn Sie an Nico, Hard to kill oder zum Töten freigegeben gefallen finden, dass Sie mit Deadly Revenge ebenfalls Ihre wahre Freude haben werden, denn Seagals Knochenbrecher Spektakel lässt für seine Fangemeinde quasi keine Wünsche offen. Es ist schon faszinierend, wie der Zopfträger Aikido konform die Angriffe seiner Feinde abwehrt und deren Schwung für seine tödlichen Manöver, meist Wurf bzw. Haltetechniken, verwendet. Neben den klassischen Moves greift Seagal auch auf eine fantasievolle Waffengestaltung zurück, egal ob Fleischermesser, Holzsticks oder Korkenzieher, es gibt kaum einen Gegenstand, den er nicht in sein blutiges Handwerk mit einbezieht. Durch den zelebrierten Mafiahintergrund lassen sich wohl auch die zahlreichen bleihaltigen, blutdurchtränkten Shoot-Outs erklären, welche dank der rasanten, aber niemals unübersichtlichen Old-School Inszenierung von John Flynn eindrucksvoll zur Geltung kommen. Der Höhepunkt von Out of Justice ist natürlich das einem Massaker gleichende Finale, in welchem die One Man Army Richis Gefolgsleute liquidiert und den skrupellosen Gangsterboss in einem etwas ungleichen Schlusskampf blutigst in die ewigen Jagdgründe schickt. Dabei dürfte der Härtegrad der höchste der bis dahin erschienen Seagal-Werke sein und in einigen abgehackt wirkenden Gewaltspitzen können R-Rating Zensuren wohl nicht ganz ausgeschlossen werden.

So sehr Steven Seagal mit seinem Kampfverhalten auch überzeugt, in den ruhigen Momenten, bzw. in Szenen, in welchen er schauspielern soll, stößt er des öfteren an seine leistungsbezogenen Grenzen. Wie ein bedröppelter Pudel blickt er in die Kamera, als er nach Bobbys Exekution Gefühle zeigen will und seine Gestik bei seinen erzählten Kindheitserinnerungen wirkt eher künstlich aufgesetzt als nachdenklich inspirierend, da hat mir persönlich seine Performance im kurz zuvor erschienenen Hard to kill (1990) deutlich mehr imponiert. Für die Besetzung des Oberschurkens haben sich die Casting Verantwortlichen Pamela Basker und Sue Swan ein außerordentliches Sonderlob verdient: William Forsythe blüht in seiner Rolle als durchgeknallter Psycho-Gangster wahrlich auf und verkörpert den egozentrischen Wahnsinnigen mit einer kaum zu fassenden Intensität, er strahlt die Verrücktheit von innen aus. In Anbetracht der erteilten Superlativen dürfte es kein Geheimnis sein, dass die restlichen Akteure ungeahndet der gewichtenden Privatfehde der beiden Hauptkontrahenten wie belangloses Füllmaterial wirken, was ihre soliden Leistungen in keinster Weise schmälern soll, schließlich kann ja niemand was für die vom Drehbuch angedachte Lastenverteilung.

Wirtschaftlich konnte der 14 Millionen Dollar teure Out of Justice knapp 40 Millionen Dollar weltweiten Kinoerlös einspielen, wobei in Deutschland auf ein Release in den bundesweiten Lichtspielhäusern verzichtet wurde, hier feierte der Actioner am 13. September 1991 seine Videopremiere. Out of Justice oder auch Deadly Revenge - Das Brooklyn Massaker, dass können Sie drehen wie sie wollen, kaschiert gekonnt sein triviales Handlungsgerüst und seine voraussehbare Linie mit einer beeindruckenden Steven Seagal Gala, brutaler Action und einem stark auftrumpfenden Bösewicht, was den Streifen zwar im Großen und Ganzen unterhaltsam macht, eine Einstufung im obersten Drittel des Actiongenres nach objektiven Gesichtspunkten aber nicht zulässt. "Hat jemand Richie gesehen? Ich werde so lange zurückkommen, bis sich jemand daran erinnert, Richie gesehen zu haben" MovieStar Wertung: 7 von 10 Punkte.

 

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