Ich erinnere mich, in jungen Jahren während des Nachmittags-Kinderprogramms einmal eine Sendung gesehen zu haben, in der alle paar Minuten eine gesprochene Textnachricht des Inhalts "Bleiben sie dran, schalten sie nicht um" eingeblendet wurde. Mit der kindlichen Neugier eines damals vielleicht 9-jährigen blieb ich dann tatsächlich dran, und am Ende dieses NDR(?)-Beitrags kam es dann zur Auflösung: Wieder ein gesprochener Text, diesmal sinngemäß: "Wir wußten doch gleich, daß sie neugierig sind und deswegen gewartet haben, aber: hahaha, das war nur ein Scherz! Es gibt nichts." Auch wenn dies nun schon Jahrzehnte her ist und damals zumindest einen pädagogischen Zweck verfolgte, so kam die vage Erinnerung daran schnell wieder hoch beim äußerst zweifelhaften "Genuß" des vorliegenden Streifens Creep.
Irgendwo zwischen Experimentalfilm und Found-Footage einzusortieren, geht es hier um einen jungen Amateurfilmer, der sich auf eine Anzeige hin gemeldet hat, in einer bergigen Gegend ein paar Autostunden von seiner Kleinstadt entfernt einen Kunden einen Tag lang - etwa 8 Stunden - zu filmen. Für Aaron, Ende Zwanzig, ist es nur ein Job, der ihm 100,- Dollar einbringen soll, als er aber dort ankommt, erwartet ihn etwas Ungewöhnliches: Er soll einen Mann filmen, der bald an Krebs sterben wird und seinem noch ungeborenen Sohn ein nettes Video hinterlassen will. Josef, so nennt sich der Mittvierziger, ist überaus freundlich, hat aber seine Macken. Aaron, der die Kohle braucht, denkt sich nichts dabei und filmt und filmt. Zuerst eine Szene in der Badewanne, später im Bergwald nach einer längeren Wanderung an einem Bach, danach noch in einem Restaurant. Als Aaron abends nach Hause fahren will, findet er seine Autoschlüssel nicht mehr, und der überaus freundliche Josef überredet ihn, doch im Ferienapartement zu übernachten...
In offenbar frei improvisierten, ermüdend langen Takes zieht sich diese wenig spannende Geschichte, in der nur und ausschließlich die beiden Männer auftreten, mit gesprochenen Belanglosigkeiten dahin und erst als es dunkel wird und Aaron gezwungenermaßen vor Ort bleiben muß, scheint sich etwas anzubahnen. Denn Josef spricht nicht immer die Wahrheit, was er sogar einige Male vor der Kamera eingesteht, und Aaron, der seine Bedenken über diesen Job den ganzen Tag lang stets zurückgedrängt hat, scheint ihm auch nicht mehr ganz zu vertrauen. Ohne daß auch nur irgendein Background von Josef irgendwann erwähnt wird, ahnt man schon, daß mit diesem möchtegern-lustigen, stellenweise schleimigen, angeblich todkranken, aber durchaus sportlichen, insgesamt aber wenig vertrauenerweckenden Mann irgendetwas nicht stimmt. Einige Tage später und längst wieder zuhause muß Aaron feststellen, daß Josef ein Stalker ist, der auch seine private Adresse kennt...
Nicht nur, daß beide Charaktäre nicht sonderlich sympathisch sind und man ohnehin Mühe hat, bei dieser unsynchronisiert nur im US-Original vorliegenden Schnarchpartie nicht vorzeitig abzudrehen, fällt einem bei der eher auf Sparflamme köchelnden Frage, was dieser Josef eigentlich bezweckt, auch das nicht vorhandene Budget dieses Amateurstreifens auf, der, wie schon erwähnt, auf jeden Hintergrund und weitere Figuren verzichtet und sich nur in einem Ferienhaus am Berg und einem angrenzendem Wald, einem Restaurant, Aarons Stadtwohnung und am Schluß einem See abspielt. Am Ende gibt es winzige Pointe, die nicht wirklich überrascht und die Erkenntnis, daß man diesen ganzen Käse auch in 10 - 15 Minuten verdichtet hätte erzählen können, stattdessen jedoch dem ahnungslosen Netflix-Konsumenten knapp 77 Minuten seiner Lebenszeit gestohlen hat. Creep ist derart belanglos und uninteressant, daß selbst hartgesottene Allesschauer damit keine Freude haben dürften. Eine absolute Zeitverschwendung: 1 Punkt.