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Tagsüber den Feind töten, abends die Ehefrau küssen und die Kinder ins Bett bringen. Drohnenpilot Tommy Egans Leben spielt sich zwischen extremen Gegensätzen ab. Gerade die eigene Sicherheit, während er wie in einem Videospiel das todbringende Knöpfchen drückt, macht dem Ex-Kampfpiloten schwer zu schaffen. Der wortkarge Mann, der nach Aussagen seiner Frau stiller wird, wenn er wütend ist, zieht sich immer weiter zurück. Die Grenzen zwischen Kriegseinsatz und Privatleben verschwimmen. Da kommt die CIA und ändert die Spielregeln. Menschen werden getötet, weil ihr Verhalten einem errechneten Schema entspricht, nicht weil man klare Beweise hat, dass sie Terroristen sind. Kollateralschäden? Bedauerlich, aber manchmal unvermeidbar. Und Major Tommy Egan wird immer stiller…


Wir haben heute 6 Taliban in Afghanistan getötet und jetzt gehe ich zum grillen nach Hause


So makaber sich dieser eine Satz anhört, so deutlich beschreibt er gleichzeitig den Alltag des Drohnenpiloten Tommy Egan (Ethan Hawke). Ebenso kann man diese zu Beginn des Filmes getätigte Aussage ohne Weiteres als Leitfaden für einen Film voller gegensätzlicher Kontraste ansehen, die von der ersten bis zur letzten Minute regelrecht auf den Zuschauer einprügeln. "Good Kill" ist ein Plädoyer gegen den umstrittenen Drohnen Krieg und präsentiert einem dabei überhaupt erst einmal den ganzen Schrecken, den diese noch relativ neuartige Kriegsführung mit sich bringt. Damit wir uns nicht falsch verstehen, jede Art des Krieges ist grausam und unnötig, aber was Regisseur Andrew Niccol (Lord of War) hier in Szene gesetzt hat nimmt den Betrachter doch phasenweise extrem mit und dürfte dabei ein Gefühl der Fassungslosigkeit zurücklassen. Dabei handelt es sich nicht um einen Kriegsfilm der handelsüblichen Sorte, denn hier bekommt man keinerlei spektakuläre Materialschlachten oder pompöse Kampf Passagen geboten. Stattdessen wird man mit einer sehr ruhigen Erzählung konfrontiert, in der man lediglich mit den monotonen Tagesabläufen einiger Drohnenpiloten konfrontiert wird. Diese versehen ihren Dienst etwas außerhalb der Glitzerstadt Las Vegas auf einer Militärbasis und heben den lieben langen Tag nichts anderes zu tun als mit einem Joystick bewaffnet ausgesuchte menschliche Ziele zu eliminieren. Das Ganze geschieht dann per Knopfdruck und schon zünden an irgendeinem Ort auf der Welt die Raketen der unbemannten Drohnen, um innerhalb von Sekunden mit tödlicher Sicherheit ihr Ziel zu finden.

Diese wenigen Sekunden erlebt der Zuschauer jedes Mal live, denn es entsteht durchgehend der Eindruck, das man zu Hause vor der Playstation sitzt und das Ganze aus der Perspektive des Ego Shooters mit verfolgt. Der einzige Unterschied besteht lediglich darin, das es sich hier um kein Spiel sondern um tödlichen Ernst handelt. Dennoch kann der eigene Verstand das phasenweise schwer verarbeiten, denn die Abläufe hinterlassen einen streckenweise schon surrealen Eindruck. Das Töten auf Knopfdruck vor einem Monitor scheint so weit weg und präsentiert sich dennoch erschreckend realistisch, das man den ganzen Film über mit einer Gänsehaut überzogen wird. Die dabei entstehende Beklemmung schnürt einem teilweise die Atemwege ab und so kann man auch die innere Zerrissenheit der Hauptfigur äußerst gut nachvollziehen, denn mit der Zeit stellt Egan die gegebenen Befehle immer mehr in Frage. Ethan Hawke weiß in dieser Rolle wirklich zu überzeugen, denn seine Performance ist einfach grandios. Schon ein Blick in seine Augen lässt erkennen, das die Zweifel an der Richtigkeit seiner Arbeit immer größer werden, was sich mit zunehmender Laufzeit auch immer mehr auf sein Privatleben auswirkt. Die Beziehung zu seiner Ehefrau lässt immer tiefere Risse erkennen und die Flucht in den Alkohol tut ihr Übriges, um die Ohnmacht und Hilflosigkeit eines Mannes in den Vordergrund zu rücken, der keinesfalls uneingeschränkt hinter seinen Taten steht.

Zu Beginn des Geschehens ist dies noch nicht unbedingt absehbar und die konkreten Anweisungen für diverse Tötungen werden anstandslos ausgeführt, doch als die CIA das Kommando übernimmt wendet sich das Blatt auf eine schreckliche Art und Weise. Eine anonyme Stimme am Telefon gibt nun die Anweisungen und ändert dabei die vorherigen Spielregeln. Waren zuvor nur einzelne und bestätigte Taliban das Ziel der Angriffe, so werden nun auch ganze Gruppen ausgelöscht. Dabei scheint es völlig egal ob sich darin auch Zivilisten befinden, denn der Zweck heiligt die Mittel und die verbalen Erklärungen für die Massen Exekutionen deuten ganz eindeutig in die Richtung, das man mit allen Mitteln auch das kleinste Risiko eliminieren will. Was sich dabei im Kopf des Betrachters abspielt ist nur schwer in Worte zu fassen und gleicht einer wilden Mixtur aus Ungläubigkeit und Schockzustand, denn die einzelnen Befehle zu den Tötungen wirken streckenweise absolut willkürlich. Dennoch oder gerade deshalb hinterlässt aber "Good Kill" einen so unglaublich realistischen Eindruck und dürfte somit einen absoluten Tiefschlag in die Eingeweide darstellen. Dazu tragen auch die verschiedenen Auffassungen der jeweiligen Piloten bei, denn während Egan und seine neue Partnerin die Abschüsse immer stärker in Frage stellen, scheint ein anderes Team eine regelrecht sadistische Freude an diesem wie ein Kriegsspiel anmutenden Szenario zu haben. Dieser offensichtliche Kontrast macht einem dann auch schwer zu schaffen, was man allerdings problemlos auf den gesamten Film beziehen kann, der sicherlich fernab jeglichen Mainstreams angesiedelt ist.

Das Erstaunlichste an dieser Produktion ist aber meiner Meinung nach die Tatsache das es sich hier um einen amerikanischen Film handelt. Zwar ist der Regisseur ein geborener Neuseeländer, aber dennoch kann ich mich nicht daran erinnern, das eine amerikanische Produktion einmal so kritisch mit der eigenen Kriegsführung ins Gericht gegangen ist wie es in vorliegendem Fall ist. Die ansonsten gern angewandten Glorifizierungen fehlen ebenso gänzlich wie der nur zu gern verwendete Patriotismus. Allein durch diesen Aspekt wird "Good Kill" extrem aufgewertet und zeichnet eine kritische und kontroverse Auseinandersetzung mit einer Thematik, die man nach dieser Geschichte mit ganz anderen Augen sieht. Gleichzeitig zeigt das Geschehen auch ein erstklassiges Psychogramm eines Mannes, dessen gesamtes Leben durch seine Tätigkeit aus den Fugen gerät und höchstwahrscheinlich für immer sichtbare Spuren hinterlässt. Und so bekommt man hier einen außergewöhnlich guten und vor allem intensiven Beitrag serviert, der insbesondere durch seine ruhige und bedächtige Erzählweise sein ganzes Potential entfalten kann und den Betrachter mit der Wucht eines Keulenschlages trifft. Die Geschichte ist unbequem, gleichzeitig stimmt sie sehr nachdenklich und hinterlässt einen äußerst nachhaltigen Beigeschmack der bitteren Art.


Fazit:


Meiner ganz persönlichen Meinung nach ist Ethan Hawke hier in einer seiner besten Rollen zu sehen. Gleichzeiitg präsentiert sich ein Film voller Gegensätze, der einen auch moralisch an seine Grenzen führt und dabei etliche Fragen aufwirft, die man sicherlich nicht so leicht beantworten kann. Besonders erstaunlich ist allerdings die kritische Auseinandersetzung mit der US-amerikanischen Kriegsführung der modernen Art, mit der die Menschen einfach per Knopfdruck und mit einem Joystick bewaffnet für immer und ewig von dieser Welt ausradiert werden.


9/10

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