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Man kennt Arnold Schwarzenegger ja hauptsächlich als Muskelprotz aus Actionstreifen oder bestenfalls noch konservativen 90er-Jahre-Komödien. Im Fantasy-Filmfest-Beitrag „Maggie" dürfte er wohl die emotionalste Rolle seiner Karriere geben: Als einfacher Farmer ist er mit dem schleichenden Tod seiner Tochter konfrontiert, die von einem Zombie gebissen wurde und nun etwa sechs Wochen hat, bevor sie sich selbst in einen verwandelt. Er nimmt sie aus dem Krankenhaus zu sich nach Hause und unternimmt alles, um den Verfall zu verlangsamen.

Wer nun bei den Worten „Schwarzenegger" und „Zombies" glaubt, Arnie würde sich hier mit Waffen- und Muskelgewalt durch Horden von Untoten kämpfen, der dürfte sich schwer getäuscht sehen: „Maggie" ist ein sensibles Drama über Verlust und Trauer, das die Zombie-Seuche im Grunde nur als Prämisse für eine sich langsam entwickelnde Krankheit nimmt. Kein Blut, keine Gedärme, keine Gewaltexzesse stehen hier im Vordergrund, sondern der tatsächlich naheliegende Gedanke: Wie umgehen mit dem unaufhaltsamen, langsamen Verlust eines geliebten Menschen? Solche Gedanken wurden zwar schon in den meisten Zombiefilmen mehr oder weniger ausführlich angerissen, so ins Zentrum gestellt wird dieser emotionale Aspekt aber hier ganz neu. Verdrängung und Leugnung, Wut und Verzweiflung stehen den Menschen eingeschrieben, die ihre Liebsten an die tödliche und bedrohliche Krankheit verlieren. Mittlerweile fühlt man sich von der gut konstruierten Story erschreckend nah an Ereignisse aus der Corona-Pandemie erinnert: strenge Gesetze der Regierung zum Eindämmen der Seuche und Menschen, die aus Angst und Unsicherheit immer wieder dagegen verstoßen.

Besonders böse ist hier auch der Aspekt, dass die Erkrankten immer wieder davon berichten, die Krankheit wirke sich quasi als degenerative Nervenkrankheit aus: Sie handeln gegen ihren Willen, wollen nur helfen, stürzen sich dann aber auf ihre Opfer. Diese Tragik macht auch die Zombifizierten zu bemitleidenswerten Opfern - umso schwerer ist der Verlust zu verkraften. Sowohl Schwarzenegger als hilfloser Vater als auch Abigail Breslin als sich ganz allmählich verwandelnde Tochter geben hier tolle Leistungen (auch wenn Schwarzenegger seine Paralyse mit nur einem einzigen düsteren Gesichtsausdruck verkörpert - ein wahrer Charakterdarsteller wird er wohl in diesem Leben nicht mehr). Auch die Nebenrollen sind stark besetzt und überzeugen mit komplexen, menschlich schmerzhaft nachvollziehbaren Akteuren. Verzweiflung, Angst, Trauer und Wut angesichts einer unaufhaltbaren Krankheit werden hier glaubhaft und intensiv dargestellt.

Das alles ist in finsteren, einfachen Bildern festgehalten, mit einer ruhigen Kamera, die immer wieder lange, ausführliche Dialogszenen von intimer Zärtlichkeit einfängt. Liebevolle Gespräche zwischen Vater und Tochter, gemeinsame Erinnerungen an frühere Zeiten kontrastieren mit den zunehmend eskalierenden Problemen der Gegenwart und machen die ganze Tragik der Situation mit schmerzhafter Wucht deutlich. Die Musik bleibt bis auf wenige Ausnahmen angenehm zurückhaltend und verleiht dem Ganzen so eine subtil melancholische Note. Da hätte es die anfänglichen Bilder einer apokalyptischen Zombie-Welt mit ausgebrannten Städten im Grunde gar nicht gebraucht - die eigentliche Katastrophe spielt sich hier immer wieder auf der rein menschlichen Ebene ab.

„Maggie" gehört mit seiner ungewöhnlichen, aber klugen und feinfühligen Prämisse klar zu den originellsten Zombiefilmen seiner Zeit, wird Splatter-Fans enttäuscht zurücklassen, aber jeden begeistern, der sich für zwischenmenschliche Töne und filmisch clever eingefangene Emotionen interessiert. Ein sensibles, starkes Werk, das einen mit seiner dichten Atmosphäre durchgehend zu fesseln weiß.

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