Review

Eigentlich hatte ich mir geschworen nach Kitanos "Violent Cop" niemals wieder einen Film von/mit/über ihn anzusehen. Ich hatte damals eher mit einer japanischen Antwort auf Chow Yun-Fat gerechnet, aber nicht mit einer zuschauerverarschenden, sinnfreien Ikonisierung der Person Takeshi. Die Japaner haben ja schon mit ihren, für uns Europäern, sagen wir mal "merkwürdigen" Gameshows bewiesen, dass sie einen an der Waffel haben. Und spätestens, wenn man einmal Tokio besucht hat (ja, ich war schon da!) weiss man, dass Japaner, entgegen ihrem unglaublich faszinierendem kulturellen und historischen Backround, sich für Dinge begeistern können, die für uns halt nicht nachvollziehbar sind... nicht mal ansatzweise. So hätte es mich auch nicht verwundert, wenn Mr. Takeshi lediglich in Japan ein Star gewesen wäre. Man möge mich nicht falsch verstehen. Ich mag die Japaner und ihre Verrückheiten und viele Dinge sind auch schlichtweg genial, aber es kommt halt auch viel Schrott von der Insel zu uns rüber (und damit meine ich nicht nur Elektronik oder Spielzeug)...

Nach "Violent Cop" verbannte ich Takeshi, wie erwähnt, schnell wieder aus meinen Gedächtnis bzw. zurück in sein Castle und hatte auch nicht damit gerechnet, je wieder von ihm zu hören...
Bis mein jüngerer Bruder eines Tages mit "Brother" vor mir stand und meinte: "Den MUSST du dir ansehen! Genial!". Als ich den Namen Kitano auf dem Cover sah und dazu sein in flüssigem Wasserstoff eingefrorenes Gesicht, war ich einen Moment verunsichert. Wollte mein Bruder mich auf den Arm nehmen? Macht er einen Scherz? Muss ich jetzt lachen? Nein... er meinte es Ernst.
Nach einer längeren Debatte über "Violent Cop", liess ich mich - Gott weiß wie - irgendwie überzeugen dem Film "Brother" eine Chance zu geben. Immerhin eine japanisch-amerikanische Co-Produktion. Und die Story klang ja auch nicht sooo schlecht.
Hätte ich das mal bloß gelassen...
Schon noch kurzer Zeit der erste Schock... Takeshi's ausdrucksloses, versteinertes Gesicht - was anscheinend zu seinem Markenzeichen geworden ist - wird mich wieder den ganzen Film über begleiten. Nicht mal Dolph Lundgren oder Elisabeth Berkley können so vollkommen ausdrucklos und dämlich über volle Spielfilmlänge aus der Wäsche gucken. Cool und eiskalt kommt das jedenfalls nicht rüber... schon gar nicht, wenn dieses Wannabe-Mafiosi-Face in JEDEM seiner Filme zum Einsatz kommt...
Gott sei Dank betritt Omar Epps recht früh die Bühne und gibt dem Film einen ersten Lichtblick. Leider hält sich auch dieser gute Eindruck nicht lange...
Der Film ist von der ersten bis zur letzten Minute sogar von einem Fünfjährigem durchschaubar. Schon mit Aniki's Flug nach Amerika und dem Zusammentreffen mit seinem Brüderchen wird klar, wie's weitergeht und schließlich enden wird. Das macht den Film so unsagbar langweilig, dass man zwischendurch immer wieder überlegt zum Showdown am Ende des Filmes vorzuspulen. "Aufgelockert" wird die langweilige Geschichte durch jede Menge Kopfschüsse und sonstige genreüblichen Action- und Metzelszenen. Garniert wird das ganze dann mit einer vor Pathos nur so triefenden Beziehungskiste zwischen den ungleichen Brüdern aus unterschiedlichen Kulturen, die sich ja am Anfang so gar nicht verstehen und sich dann später - tief im Herzen - doch ganz furchtbar lieb haben (auch wenn sie es natürlich nie offen zeigen, denn sie sind ja echt Kerle).
Die Endsequenz, mit Omar Epps und dem Sportbeutel voll Geld, setzt dem ganzen Blödsinn dann die Krone auf und man fühlt sich wie ein Kleinkind, dem man gerade mit einem Holzhammer versucht hat zu erklären, was Ehre, Männlichkeit und brüderlicher Zusammenhalt bedeuten.
Wie man diesem Film und vor allem der Person Kitano, so viel Aufmerksamkeit und - noch schlimmer - Kultstatus zuschreiben kann, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber Geschmäcker sind halt verschieden. Und so lange Kitano so viele Fans hat, die ihn genauso abfeiern, wie er sich selbst, werden wir wohl in den nächsten Jahren auch weiterhin von ihm hören.
Für mich hat sich das jetzt aber wirklich und endgültig erledigt. 3/10 von mir und auch nur wegen Omar Epps...

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