Einer von Kitanos absoluten Meisterstreichen!!!
Ein taffer Yakuza-Gangster, der von allen nur respektvoll "Aniki" (= "großer Bruder") gennant wird, ist wegen Bandenunruhen gezwungen seine Heimat zu verlassen. Er beschließt in die Staaten zu reisen und bei seinem Bruder unterzutauchen.
Dieser ist in kriminelle Machenschaften verwickelt, dealt, "spielt" ein bisschen Gangster... nimmt Aniki aber gerne auf.
Bald schon zeigt dieser den Ghetto-Kids aber, wie so ein Unternehmen wirklich zu führen ist...
Einfach grandios! Kitano fliegt als erfahrener Yakuza in die USA, gibt seinem Halbbruder ein wenig Nachhilfe im "Gangster-Sein" und legt sich ohne weitere Umschweife sofort mit allen rivalisierenden Gangs an.
Die "Homies", die wohl eigentlich nur ein bisschen einen auf "cool" machen wollten, sind zwar zuerst baff, erkennen Aniki aber spätestens nach der ersten feindlichen Revierübernahme ihrerseits als ihren "Brother" an.
Doch die Jungs bleiben nicht bescheiden, und als sie sich schließlich mit den "Spaghetti-Fressern" anlegen ist Feierabend.
Tja, wie gewonnen so zerronnen...
Takeshi Kitano untermauert mit BROTHER sein Image des ruhigen, wortkargen und lebensunlustigen Außenseiter-Typs aufs Neue.
Der ganze Film besticht durch seine melancholische Grundstimmung, seinen ruhigen Erzählfluss, seinen dezenten, kaum merklichen "Depri-Humor"...
Wer jedoch Takeshi Kitano kennt, der weiß, dass er kein ausgeglichener Typ ist. Im Gegenteil: Der Mann mit den kurzen Armen und dem Masken-haftem Gesicht neigt zu unkontrollierbaren Wutausbrüchen, die sich in seinen Filmen in blitzartig auftretenden Gewaltexzessen manifestieren, welche die Ruhe und Harmonie wie ein Rassiermesser entzweien:
Hier wird jemandem eine zerbrochene Flasche ins Gesicht gerammt, einem anderen werden Essstäbchen ins Gehirn getrieben... blutige Schießereien gibt's hier ebenfalls en masse und der Höhepunkt der hier dargebotenen Blutrünstigkeiten dürfte wohl der lose Kopf auf dem Treppengeländer und ein Typ, der buchstäblich Harakiri begeht, sein.
Die Action bzw. die Gewalt steht zwar nie im Mittelpunkt, ist aber dennoch ein wichtiger Bestandteil des Films.
Im Vordergrund stehen, wie so oft bei Kitano, die Charaktere und die Beziehungen zwischen den Menschen.
Kitano entfernt hier den Gangstern sogar die Maske der übertriebenen Coolness, wie sie in den meisten Hollywood-Thrillern gerne getragen wird.
Er lässt seine Gangster Menschen bleiben: Er zeigt sie beim Bier trinken, beim Basketball spielen, beim Zeit mit Sinnlosigkeiten totschlagen...
Kitano ist ja bekannt dafür, dass er Gefühlseinbrüche oder Emotionen im Allgemeinen stets außen vor lässt.
Auch hier werden Glück, Zufriedenheit, Trauer, Wut und Sympathien zwar nur ganz dezent angedeutet, Anikis Schwermütigkeit schimmert aber stets durch die reflektierenden Gläser seiner Sonnenbrille hindurch und lässt den ganzen Film mit der Beihilfe eines malerischem Piano-Scores in ein Meer aus Schwermütigkeit abdriften.
Zauberhaft...
Einziger Makel: Der Schlussmonolog von Aninkis neu gewonnenem "mentalem Bruder" Omar Epps!!!
Dieser "OH FUCK!!! ICH LIEBE DICH, ANIKI!!!"-Monolog ist einfach so unglaublich unpassend kitschig, dass alles zuspät ist! So einen Spruch kann der freshe HomeBoy in "Boyz In The Hood" oder "Juice" ablassen, aber doch nicht hier...
Hat mich aber auch nicht davon abgehalten, mir den Streifen gleich zwei Mal im Kino anzuschau'n (Fettes Lob nebenbei an die Altstadt-Kinos in meinem Nest, die mit "CineMurxX" und Hollywood'esker Anspruchslosigkeit auf Kriegsfuß stehen und sich bislang wacker schlagen ...).
Mein Fazit:
Kitano ist als wortkarger Yakuza einfach umwerfend und, wenn er sich 'ne Kippe ansteckt, dann ist das so cool, dass ich am liebsten selbst wieder mit dem Rauchen anfangen würde.
Sein BROTHER ist jedenfalls ein trübseeliges, warmherziges Gangster-Melodram mit langen Gesprächspausen und viel nihilistischer Gewalt, das glücklicherweise (Fast!!! Scheiß Omar!!!) vollkommen auf Kitsch, Knutsch und Hollywood-typische Oberflächlichkeit und Gauner-Heroik verzichtet.
Keine übertriebene One-Man-Action! Kein Held, der den Kugeln in Zeitlupe ausweicht! Nur ein Yakuza mit Todessehnsucht! Einfach superb!!!