„Der mit den Affen tanzt"
„Affen sind auch nur Menschen". Als inhaltliche Quintessenz des (unvermeidlichen) Sequels der überraschend vielschichtigen Klassiker-Neuauflage „Planet der Affen: Prevolution" ist das dann doch etwas dürftig. Nachdem das zunächst kritisch beäugte Reboot (im zugegebenermaßen relativ engen Rahmen der durch sieben Filme zementierten Grundidee) mit einem Höchstmaß an Originalität und Einfallsreichtum punktete, war die Erwartungshaltung an die Fortsetzung schließlich ungleich höher gewesen.
Vor allem gemessen daran ist nun „Planet der Affen: Revolution" eine veritable Enttäuschung. Dass er als Sommerblockbuster anno 2014 sich dennoch locker im oberen Drittel der Konkurrenz behaupten kann, sagt weit mehr über den aktuellen Zustand des US-amerikanische Mainstream-Kinos aus, als über den Film selbst. Inmitten all der längst unüberschaubaren Masse an Superhelden, sich transformierenden Blechbüchsen, tuntigen Seeräuber und rein auf CGI-Spektakel ausgerichteten Verschlimmbesserungen klassischer Märchen-Stoffe nimmt sich die betagte Dystopie um den existentiellen Krieg zwischen Mensch und Primat noch als erfreulich intelligent und ambitioniert aus.
Leider werden all die sozial-, gesellschafts- und zivilisationskritischen Steilvorlagen die der Stoff zuhauf böte zugunsten einer doch arg banalen Antikriegsbotschaft vernachlässigt. So lässt sich der Film in der recht zähen und viel zu langen Exposition reichlich Zeit auf beiden Seiten Antagonistenpaare aufzubauen, die dann in der unvermeidlich actionlastigeren zweiten Hälfte in völlig vorhersehbaren Situationen und Konstellationen aufeinander prallen.
Während bei den Affen der bereits im Vorgängerfilm als Anführer etablierte Caesar (Andy Serkis) für Besonnenheit, Weitsicht und friedliche Koexistenz steht, versucht sein - von den Menschen seinerzeit gefolterter - designierter Nachfolger Kuba alles, um die nach einer globalen Pandemie deutlich zusammengeschrumpfte Restbevölkerung San Franciscos in einen Krieg zu verwickeln.
Caesars menschliches Pendant Malcom (Jason Clarke) setzt ebenfalls auf Deeskalation und auch er hat einen Kriegstreiber in seinen Reihen der keine Gelegenheit auslässt, den vermeintlichen Gegner zu provozieren und das fragile, von gegenseitigem Misstrauen bedrohte Gleichgewicht zu zerstören.
Als einzig wenigstens in Ansätzen ambivalent angelegte Figur nährt der von Gary Oldman gewohnt souverän dargestellte Ex-Militär Dreyfuss zumindest kurzzeitig die Hoffnung auf Überraschendes, bis klar wird, dass das Drehbuch für Grauzoenen eigentlich keinerlei Verwendung hat. Das Credo heißt: Klare Fronten.
Die Guten verkörpern dabei traditionelle Werte wie Familie, Treue, Ehre innerhalb patriarchalischer Strukturen, wohingegen sich ihre Widersacher mit gängigen Antiwerten wie Egoismus, Herrschsucht, Grausamkeit, Verschlagenheit und Despotie klar disqualifizieren. Das ist nicht nur eine sehr konservative, sondern vor allem eine arg simplifizierende schwarz-weiß-Zeichnung der menschlichen Natur.
Der Behauptung der frappierenden Ähnlichkeit zwischen dem Wesen des Menschen und dem des Primaten wird hier quasi mit dem Holzhammer serviert und ist im Verbund mit der ähnlich simplen wie dröhnend herausposaunten Friedensbotschaft hauptverantwortlich für die unnötigerweise gebotene Hausmannskost was den intellektuellen und philosophischen Überbau betrifft.
Nichts auszusetzen gibt es immerhin auf dem visuellen Sektor. Was das lange Zeit zu recht ob seiner offenkundigen Künstlichkeit kritisierte Performance-Capture-Verfahren inzwischen zu leisten vermag ist schier atemberaubend. Gerade weil man weiß, dass lediglich Mimik und Körpersprache realer Darsteller für die Affen übernommen wurden und deren gesamtes Aussehen nachträglich am Computer entstand, ist das fotorealistische Ergebnis mehr als verblüffend. Gollum-Darsteller und „Mo-Cap-Guru" Andy Serkis (er besitzt seit drei Jahren eine eigenes Performance-Capture-Studio in London) liefert erneut eine Glanzleistung ab und macht Caesar zu einem zumindest mimisch nuancierten und facettenreichen Charakter.
Neben der lebensechten Darstellung der Affen stehen auch die aufwändigen und größtenteils realen Sets der halb verfallenen Westküstenmetropole San Francisco für die grandiose Optik des Films und sorgen durchgängig für eine „wohlige" Endzeitstimmung. Schließlich fügen sich auch die erfreulicherweise im Dienst der Handlung stehenden Actionszenen in den positiven Gesamteindruck. Zu keinem Zeitpunkt fällt der Film in die übliche, Konsolen-geprägte CGI-Klopperei die in den letzten Jahren unzählige Finals vor allem diverser Comicadaptionen zu einem enervierendem ADS-Gezappel mutieren ließ.
Da Regisseur Matt Reeves auch nicht auf die unsinnige Idee kam, Unmittelbarkeit und Mitten-drin-Gefühl wie seinerzeit beim in dieser Hinsicht negativ referentiellen „Cloverfiled" erreichen zu wollen, ist das Gebotene auch jederzeit in punkto Geschwindigkeit und Bewegungsablauf erkenn- und nachvollziehbar. Lediglich der in dieser Preisklasse inzwischen obligatorische 3D-Effekt ist mal wieder reichlich überflüssig und entspringt offensichtlich einer rein wirtschaftlich motivierten Absicht.
„Planet der Affen - Revolution" ist insgesamt ein unterhaltsamer Sommerblockbuster mit Anspruch und Botschaft. Dass beides letztlich als zu holzschnittartig und simpel empfunden wird liegt auch an der mit dem ersten Teil des Reboot-Vorhabens geschürten Erwartungshaltung. Die vom Primaten-Anführer Caesar schmerzlich erfahrene Erkenntnis, dass Affen ebenso eine dunkle Seite haben wie Menschen, ist nicht gerade bahnbrechend. Die völlig überraschungsarme und frappierend an Kevin Costners Indianer-Epos „Der mit dem Wolf tanzt" angelehnte Dramaturgie tut ein Übriges, um die narrative Redundanz des Skripts zu entlarven. Als Haupthindernis erweist sich dabei aber vor allem die Zwangsvorgabe mit der/n geplanten nächsten Fortsetzung/en die Lücke zum Originalfilm von 1968 zu schließen.
So bleibt am Ende „nur" leicht überdurchschnittliches Blockbusterkino der Marke Hollywood. Vor dem Hintergrund permanent Blech absondernder Verwandlungsroboter, oder allerlei seelen- wie geistloser Fantasy-Kreaturen ist aber auch das schon ein Sieg. Eine Revolution allerdings sieht anders aus.