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Damit Paramount ihm „Pain & Gain“ finanzierte, drehte Michael Bay für das Studio nicht nur „Transformers 3“, sondern auch den vierten Teil „Age of Extinction“, was sich wirtschaftlich für den Regisseur wie auch für Paramount lohnte.
Die Ereignisse aus „Transformers 3“ haben direkte Auswirkungen auf den aktuellen Film, der gleichzeitig Beginn einer neuen Trilogie sein soll: Nachdem die letzte Schlacht zwischen Autobots und Decepticons Chicago in Trümmern ließ, stehen sämtliche Transformers auf der roten Liste und werden von einer CIA-Einheit gejagt, die gemeinsame Sache mit dem Transformer-Kopfgeldjäger Lockdown macht. Dieser möchte Optimus Prime und dann verschwinden, die CIA will keine Transformers auf der Erde, da arbeitet man zusammen und zerlegt im generischen Actionopener auch schon mal einen guten Autobot, womit schon klar ist, dass es sich hier um die Fiesmöpps handelt.
Derweil versucht Erfinder Cade Yeager (Mark Wahlberg) nur seine Brötchen zu verdienen, indem er Sachen repariert und gleichzeitig nach dem Durchbruch forscht. In einem alten Kino findet er unerwartet einen rotten Truck, den er zwecks Restauration einsackt. Die Szene, in welcher der gealterte Besitzer des geschlossenen Kinos meckert, dass nur noch Remakes, Sequels und 3D-Bullshit laufen, reflektiert Reaktionen auf den Blockbuster im Allgemeinen und Bays Kino im Speziellen, kann als ironischer Kommentar, aber auch als Abwertung des Films gelesen werden, in dem er gesagt wird – für beides gibt es Anhaltspunkte, denn nicht immer wirkt „Transformers 4“ so als habe Bay auch wirklich Lust auf den Film gehabt.

CIA-Chef Harold Attinger (Kelsey Grammer) kriegt Wind von Primes Aufenthaltsort und hetzt Cade die von seiner rechten Hand James Savoy (Titus Welliver) geführte Spezialeinheit auf den Hals. Doch Cade hat Optimus Prime wieder fitgemacht, der zusammen mit seinen Autobots ein wehrhafter Gegner ist…
Nicht, dass die „Transformers“-Franchise jemals die Filmreihe der ganz großen Geschichten war, doch mit jedem Eintrag scheint Bay klassische Filmtugenden wie Plot oder Charakterzeichnung mehr und mehr über Bord zu werfen. War „Transformers“ nicht nur ein großes Krawallspektakel, sondern nebenher auch eine amüsante, turbobeschleunigte Coming-of-Age-Geschichte, dann kann „Transformers 4“ trotz der Einführung neuer Figuren wenig erzählen: Cade ist der junge Vater, der seine Tochter Tessa (Nicola Peltz) zu sehr beschützt, da er sie im Highschoolalter bekam, die wiederum als Freigeist in Hot Pants hat eh schon einen Lover am Start, Shane Dyson (Jack Reynor), der ultracooler Rennfahrer und sonst wenig mehr ist. Das rudimentäre Familiengerüst nutzen Bay und sein Drehbuchautor Ehren Kruger für einige Running Gags und späteres Bonding zwischen besorgtem Vater, entfremdeter Tochter und Boyfriend, aber eigentlich wirkt die Einführung so als warte man nur darauf endlich mit dem Geböller anfangen zu können.

Und Geböller gibt es im weiteren Filmverlauf reichlich. Immer wieder gibt es neue Konfrontationen, einen riesiges Gefecht in Chicago entpuppt sich mitnichten als Showdown, sondern nur als Vorbereitung für diesen, der mehr als eine halbe Stunde lang Hongkong verwüsten lässt. Doch anstelle großer Freude tritt irgendwann Übersättigung, zumal die Action weniger Druck als die Vorgänger hat: Die guten Transformers erscheinen mittlerweile mehr oder weniger unzerstörbar, was fast jedes ihrer Gefechte unspannend macht, die typische Bayinszenierung mit Explosionen in Zeitlupe, Helikoptern in Zeitlupe und Stunts in Zeitlupe ist zwar vorhanden, war aber auch schon mal dynamischer und so sind tatsächlich die Actionszenen mit menschlicher Beteiligung noch die packendsten: Wenn Cade, Tessa und Shane sich mit den CIA-Verfolgern eine wilden Autojagd liefern oder Cade und James sich einen Nahkampf in luftiger Höhe liefern, dann hat das die tatsächlich benötigten Wow-Effekte, während die Roboteraction in diesem Sequel einen erstaunlich kalt lässt.
Was auch daran liegt, dass die Bösewichte, mit Ausnahme vielleicht von Lockdown, sehr viel unbedrohlicher werden, während die Autobots immer stärker erscheinen: Cade als Erfinder (mit Bodybuilderfigur) kann mit einem Aliengewehr mehr Schaden unter den Fieslingen anrichten als ganze Soldateneinheiten in den Vorgängern, eine neue, von Menschenhand gebaute Transformers-Spezies ist (mit vielleicht einer Ausnahme) lediglich Prügelmasse, die nach ein oder zwei Treffern in die Knie geht, und die Option eines Mehrfrontenkriegs nutzt Bay trotz drei Feindparteien (CIA, Lockdown und seine Truppe, neue Transformers) nie aus. Stattdessen verabschieden sich manche Gegner kurzzeitig aus dem Film, um dann wieder aufzutauchen, wenn andere besiegt sind.

So werden die Actionszenen in diesem Film eher aufeinander aufgetürmt denn sinnvoll miteinander verbunden, bis zur Zuschauerermüdung, was aller noch so perfekt animierter Effektbombast nicht ausgleichen kann. Etwa wenn die Fieslinge im Finale rund 10 Minuten lang Metallgegenstände mit einem Magneten ansaugen und diese wieder auf Hongkong regnen lassen. Da die guten Transformers eh unzerstörbar sind, erscheinen sie nicht bedroht, allenfalls wenn die Menschen in Gefahr geraten, dann wird es kurzfristig spannend – in dem Moment hat dann aber auch ein Autobot die glorreiche Idee den Magneten endlich mal mit einer Rakete zu zerstören. In dieser Übersättigung gehen dann auch als Höhepunkte gedachte Momente wie die Dinobots unter – letztere bestreiten lediglich eine Kampfszene im Finale, die gemessen am Exzess des Films fast kurz ausfällt, danach eine Brücke bewachen, auf der aber keine Angreifer sind. Ähnlich sieht es mit den drei neuen Autobots aus, die pro Nase bestenfalls eine markante Einzelszene spendiert bekommen, wie auch die von Menschen gebauten Transformers nichts als Kanonenfutter sind. Ein paar Wegwerfparallelen zum Drohnenkrieg machen den Kohl da auch nicht fett, die Transformationssequenzen besagter Neulinge sind noch kleinteiliger, aber auch deutlich unübersichtlicher als die der anderen Transformers.
Auch die Schwächen, welche die Vorgänger teilweise in Sachen Dialoge und Humorverständnis offenbarten, finden sich hier gehäuft: Nachdem die oben erwähnte Ansaugaktion bereits minutenlang im Gange ist, lässt Krugers Script Tessa noch einmal exakt erwähnen, was die Fieslinge gerade tun, Cade kann erkennen, dass ein skrupelloser Konzernboss gar nicht so skrupellos ist, denn tief drin ist er ja „An inventor, like me“, was ihn dann in der Logik des Films wohl automatisch zum guten Kerl macht usw. Und angesichts des Geredes von einem düstereren Neuanfang erinnert „Transformers 4“ in Sachen Autobot-Gepose ungut an manche Witzeleien der Robo-Twins aus „Transformers 2“, da mag der Film Autobot-Zerlegungen durch die CIA und detaillierte menschliche Verluste (vor allem in einer überraschend harten Szene) zeigen, am Grundton des Ganzen ändert es nichts.

Was schade ist, denn zwischendrin hat „Transformers 4“ seine Momente: Eine Kletterpartie hoch über Chicago wird tatsächlich schwindelerregend und die kleiner skalierten Actionszenen haben den Druck und den Drive, der größeren Gefechten in dem Film abgeht. Aber Bay scheint das alles hier bewusst zu überinszenieren, was beim Product Placement neue Stilblüten zeigt. Anstatt es verstecken zu wollen stellt er es aus, etwa wenn ein Laster mit Bierflaschen umkippt, diese mit deutlich sichtbarem Logo auf der Straße herumliegen und Cade sich dann trotzig eine Flasche davon am Auto eines nervigen Passanten öffnet, um sich einen Schluck zu genehmigen und die Pulle dann in die Botanik zu pfeffern.
Mark Wahlberg spielt den Erfinder/Mechaniker/Familienvater mit hemdsärmeligen Charme ohne sich dabei zu überfordern, während Nicola Peltz und Jack Reynor als adrette wie vergessenswerte Youngster neben ihm agieren dürfen. Tatsächlich kann „Transformers 4“ in den Nebenrollen ein paar Glanzpunkte setzen: Kelsey Grammer und Titus Welliver sind herrlich diabolisch als Schurken, bombig auch Stanley Tucci als Steve-Jobs-Verschnitt. Der chinesische Star Li Bingbing bestreitet ihre Rolle als leitende Mitarbeitern Tuccis mit einer ordentlichen Leistung, zeigt aber auch nur die Zugeständnisse an den dortigen Markt (neben ihrer Besetzung wären das der spätere Schauplatz Hongkong und eine positive Darstellung Festlandchinas, das zur Rettung Hongkongs angesichts der Transformer-Attacken eilen will). Gleichzeitig leisten sich Bay und Krueger immerhin ein paar Seitenhiebe gegen amerikanische Geheimdienstmachenschaften, Drohnenkriege und gewissenloses Gewinnstreben, die aber unterm Strich eher sanft ausfallen – schließlich weiß das Weiße Haus nichts von besagten Machenschaften.

Mehr Action, mehr Trickeffekte, mehr Lauflänge, dafür weniger Charakterzeichnung, weniger Plot, weniger Mühe bei den erzählerischen Details: Konsequent fährt „Transformers 4“ den vorgezeichneten Abwärtstrend der Franchise fort, denn am wirksamten ist der typische Bay-Exzess dann, wenn er entsprechend gebündelt wird, etwa im ebenfalls ausgiebigen, aber effektiveren Finale des ersten „Transformers“-Films, der sich zwischen dem Spektakel auch entsprechende Ruhepausen gönnte. Der neue Film ist dagegen wie Eimersaufen: Lauter Sachen, die in gewissen Maßen toll sind, werden dem Zuschauer ohne Rücksicht auf Verluste in den Rachen geschoben.

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