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„Noch in diesem Jahrhundert werden Menschen auf dem Mars landen!“

„Erinnerungen an die Zukunft“ – der Film zum Buch. Der Schweizer Erich von Däniken, der wohl bekannteste Vertreter prä-astronautischer Theorien, veröffentlichte im Jahre 1968 sein Buch „Erinnerungen an die Zukunft“, das ein unerwarteter Kassenschlager wurde und der Prä-Astronautik zu einem starken Popularitätsschub verhalf. Darin stellte er die Thesen auf, dass in grauer Vorzeit außerirdische Intelligenzen die Erde besuchten und erklärt damit in alten Schriften wie z.B. der Bibel beschriebene Gotteserscheinungen, Höhlenmalereien, Fresken und andere Zeichnungen sowie bis zum damaligen Zeitpunkt bzw. bis heute nicht hinreichend erklärte Bauwerke wie ägyptische Pyramiden, Azteken- und Mayabauten, die Steinmonumente der Osterinsel, Stonehenge etc. Nach von Däniken bzw. der Prä-Astronautik hätten außerirdische Besucher den Menschen geholfen und sie zivilisatorisch beeinflusst. Im Jahre 1970 erschien die unter der Regie des Deutschen Harald Reinl („Winnetou“) entstandene gleichnamige Verfilmung, die 1971 gar für den Oscar für den besten Dokumentarfilm nominiert wurde.

Man kann von von Dänikens Arbeit, von seinen Thesen und von der Vermarktung selbiger halten, was man will. Ebenso kann man dies von sämtlichen Religionen, die eigenartigerweise noch immer auf breite gesellschaftliche Akzeptanz stoßen, ja sogar staatlich gefördert und an ganz normalen Schulen unterrichtet werden. Von Däniken polarisiert seit jeher, das ist Fakt. Da er aber kein Scharlatan ist, der sich als Sektenguru aufspielt und mit der Angst vor Tod und Weltuntergang Kohle zu scheffeln versucht, indem er beispielsweise Jünger um sich scharen würde, denen er Absolution und Rettung durch die Außerirdischen verspräche, sehe ich – wohlgemerkt ohne jemals etwas von ihm gelesen zu haben – die ganze Sache sehr gelassen. Ich hege sogar gewisse Sympathien, denn eines ist ebenfalls Fakt: Er ist sehr unterhaltsam. Zumindest das, was ich bisher von ihm gesehen habe. Dazu zählt neben einer dokumentarischen TV-Serie dieser Dokumentarfilm. Offensichtlich ist das alles auch gar nicht alleinig auf seinem Mist gewachsen, Bücher wie „Phantastische Vergangenheit“ des Franzosen Robert Charroux und „Aufbruch ins dritte Jahrtausend“ von Louis Pauwels und Jacques Bergier scheinen zuvor bereits ähnliche Thesen aufgestellt zu haben.

Dieser Film nun wiederum wurde anscheinend mit viel Aufwand produziert. Er nimmt den Zuschauer mit auf eine Reise zwischen Archäologie und Phantastik, an die verschiedensten Originalschauplätze vergangener Kulturen, die prä-astronautische Thesen untermauern sollen. Er besteht aus faszinierenden, schwelgerischen und exotischen Bildern der rätselhaftesten Flecken unserer Erde, bietet einen schönen Überblick über unerklärliche bzw. unerforschte Phänomene, legt den Finger in die Wunden der Wissenschaft, die (noch?) nicht auf alles eine befriedigende Antwort weiß, weckt Fernweh und regt zu Recherchen an. Damit erfüllt er durchaus einen kulturellen Auftrag, wenngleich der Stil des Films stark dem Sensationsjournalismus verhaftet ist, wie ihn italienische „Mondo“-Filmer praktizierten und wie er in seiner manipulativen Weise später Einzug ins Privatfernsehen hielt und dort bis heute mit großem Erfolg nicht nur in pseudowissenschaftlichen Sendungen Anwendung findet.

„Erinnerungen an die Zukunft“ arbeitet mit einem dominanten Off-Kommentator, der versucht, dem Film einen wissenschaftlichen Anstrich zu geben, die journalistische Sorgfaltspflicht aber insoweit außer Acht lässt, als er eine Behauptung nach der anderen aufstellt und für die rätselhaften Phänomene, mit denen er sie zu beweisen versucht, nur eine einzige mögliche Interpretation anbietet und zulässt – während es den meisten Menschen schwerfallen dürfte, diese nachzuprüfen. Dabei lullt er sein Publikum ein mit wunderschöner, unbedingt hörenswerter Musik von Peter Thomas, der für zahlreiche Kino- und Fernsehproduktionen den Soundtrack lieferte. Den Unterhaltungsfaktor indes steigert dies enorm und die Symbiose aus wunderschönen Bildern, toller Kameraarbeit, Musik, Tempo und leicht verständlicher Sprache lädt den Zuschauer ein, „Erinnerungen an die Zukunft“ weitestgehend kritiklos auf sich wirken zu lassen. Dennoch wirkt der Film ab einem gewissen Punkt ein wenig überambitioniert, wenn er beginnt, sein Publikum zu überfordern, indem er kein Ende zu finden scheint und ein archäologischer Fund, ein Weltwunder, eine Zeichnung, eine Theorie auf die nächste folgt, dass einem beinahe schwindelig wird. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass der Kommentar gegen Ende ein wenig zurückrudert, die Schärfe etwas herausnimmt und das Gezeigte scheinbar in Frage stellt – rein rhetorisch, versteht sich.

„Erinnerungen an die Zukunft“ – das ist eine hochinteressante Informationsflut einerseits, ein herrliches Beispiel für tendenziöse, manipulative Dokumentarfilmerei andererseits, für mich vor allem aber eine ästhetisches Stück Science-Fiction-Kino der anderen Art, das auch heute noch sehr gut funktioniert (wie auch immer man das bewerten möchte) – von unfreiwillig komischen Fauxpas wie meinem Eingangszitat einmal abgesehen – und zumindest zum Nachdenken anregt: Beispielsweise hinsichtlich aktueller Grenzen wissenschaftlicher Erklärungen, aber auch dahingehend, ob von Däniken tatsächlich vergangene Kulturen sträflich unterschätzt, wie ihm vorgeworfen wird, oder gar Informationen bewusst auslässt, um seine Hypothesen (die es letztlich sind), nicht zu gefährden. Aber natürlich auch, ob nicht vielleicht doch etwas an all dem dran ist. Angesichts des derzeitigen Zustands der Menschheit würde ich eine eingreifende außerirdische Intelligenz, die unserer Spezies zum nächsten Zivilisationssprung verhilft, jedenfalls außerordentlich begrüßen.

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