Review

Das Münchner Lokal „Romagna Antica“ von Fabrizio Cereghini war Vorbild. Dort trafen sich seit den 70er Jahren prominente Menschen, unter ihnen auch Helmut Dietl. Im realen Restaurant kam ihm wohl die Idee zu Rossini, einer deutschen Komödie von 1997, die Dietl selbst gerne als Melodramödie bezeichnet. Es gehe um Liebe, den Tod und und und. Als ich das Wort „Liebe“ im Zusatzmaterial meiner DVD zu hören bekam, wurde ich ein wenig sauer. In den knapp zwei Stunden, die ich vorher zu sehen bekam, war keine Spur von Liebe zu sehen. Durchgehend geht es in „Rossini“ nämlich um Triebe, und nicht einmal das in weltnaher Form. Cartoonhaft und übertrieben geht man mit dem Thema um, sodass irgendwelche Rückschlüsse für das wahre Leben – und die scheinen die Macher zu beanspruchen, wenn man die Interviews gesehen hat – unmöglich sind.

Fast der gesamte Film spielt im Restaurant Rossini. Der Inhaber Paolo Rossini (Mario Adorf) ist nicht auf Werbung angewiesen, da er seine Stammgäste hat. Reservierungen gibt es nicht. Zu seinen Stammgästen, die gleichzeitig seine Freunde sind („Was brauche ich gute Gäste, wenn ich gute Freunde habe?“), gehören der Regisseur Uhu Zigeuner (Götz George), der Produzent Oskar Reiter (Heiner Lauterbach), die Journalistin Charlotte Sanders (Hannelore Hoger), der Arzt Dr. Sigi Gelber (Armin Rohde), der Dichter Bodo Kriegnitz (Jan Josef Liefers) und zahlreiche weitere Persönlichkeiten, die eine mehr oder minder wichtige Rolle für den Film spielen. Zahlreiche kleine Einzelgeschichte sind miteinander verflochten, wobei die Thematik um Jakob Windisch (Joachim Krol) im Vordergrund steht. Dieser hat das Buch „Loreley“ geschrieben, welches Zielscheibe für Zigeuner und Reiter geworden ist. Sie wollen das Buch, das ein Welterfolg geworden ist, unbedingt verfilmen, riechen das große Geld. Der soziophobische Windisch stellt sich trotzig in den Weg: Niemals soll sein Buch verfilmt werden. Nebenbei ist die ein oder andere Romanze zu beobachten. Beispielsweise kloppen sich Reiter und Kriegnitz um die gleiche Frau. Eine Baustelle, die enorm witzig wirken soll, aber in meinen Augen großteils saudumm dargestellt wird. Uhu Zigeuner hat ebenfalls Frauenprobleme, da er nicht so recht weiß, ob er seine Frau noch will. Dann hätten wir da noch Schneewittchen (Veronica Ferres). Sie ist ein armes kleines Mädchen, das kein Geld hat und trotzdem vom großen Ruhm träumt. Sie würde gerne die Rolle der Loreley bei der Verfilmung des Buches übernehmen. Zu diesem Zwecke prostituiert sie sich ohne mit der Wimper zu zucken und schmeißt sich der halben Restaurantgesellschaft an den Hals. Ein paar von ihnen, unter anderem der Besitzer Rossini, verlieben sich unglücklich in sie. (Aha! Da verwendet er doch das Wort Liebe! Meine Meinung ist aber, auch wenn ich das Wort verwende, dass es fahrlässig ist, zu behaupten, man beschäftige sich mit dem Thema Liebe, nur weil ein paar triebgesteuerte Männer einer Frau nachsabbern, die sie gerade mal 2 Minuten gesehen haben) Soweit zur Story.

Wer aufmerksam gelesen hat, hat festgestellt, dass einige große Namen des deutschen Kinos auftauchen. Tatsächlich konnte eine illustre Truppe angesammelt werden. Nicht alle bekleckern sich dabei mit Ruhm, trotzdem war ich gerade von Götz George und Heiner Lauterbach sehr beeindruckt. Auch Mario Adorf hat mir als autoritätsfreier Restaurantbesitzer gut gefallen. Persönlich halte ich nicht sehr viel von Veronica Ferres. Mein Bruder teilt meine Abneigung und hat sie einst als „Veronica Pfärre“ betitelt. Das möchte ich mal so stehen lassen. Fest steht, dass mich Schauspieler, von denen ich nicht viel hielt, auch schon gelegentlich durch Leistung umstimmen konnten. Nicht in diesem Falle. Ihre nasale Schweinchenstimme passt einfach überhaupt nicht in diese Lolitarolle, ebenso wenig wie ihr aufgequollenes Gesicht. Trotzdem wird sie idealisiert. Gudrun Landgrebe, die eine dümmliche Randrolle übernommen hat, hätte mir da rein optisch besser gefallen. Sie ist viel graziler und hätte nach meiner Überzeugung besser gepasst. Aber sie ist nicht blond, vielleicht war das das Problem.

Besonders oft konnte ich nicht lachen. Das ist schade, da das wohl der Anspruch des Films ist. Ich klinge so kritisch...der Film hat durchaus seine Momente - auch im humoristischen Sinne – und baut eine äußerst überzeugende, fast schon romantische Atmosphäre auf. Ungefähr die Hälfte des Films wurde ausschließlich bei Kerzenlicht gedreht.
Die Teilgeschichte um den sturen Autor Windisch übrigens soll an Patrick Süßkind erinnern, der ebenfalls lange Zeit verstreichen ließ, bis er 2006 die Freigabe zur Verfilmung seines Werkes „Das Parfum“ erteilte.

Fazit: „Rossini“ gehörte zu den erfolgreichsten Filmen des Jahres 1997. Hauptsächlich liegt das wohl an der Ansammlung deutscher Größen, die er aufbieten kann, weniger wohl an der tatsächlichen inhaltlichen Qualität. Die übermittelte Botschaft ist fragwürdig und der Humor im Film – es handelt sich um eine Komödie – ist nur streckenweise gut gelungen. Die Schauspieler machen ihre Sache größtenteils ansehnlich, besonders Heiner Lauterbach und Götz George stechen hervor. Insgesamt ist der Film aus meiner Sicht, trotz der hochkarätigen Besetzung, nichts Besonderes und hat nicht mehr als 5 Punkte verdient.
Euer Don

Details
Ähnliche Filme