Hm..."Batman Forever" ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite bemühte man sich um eine nähere Beleuchtung der tragischen Figur Bruce Wayne/Batman, der durch die Ermordung seiner Eltern einen gehörigen mentalen Knacks davongetragen hat. In diesen Momenten, wie z.B. den Rückblenden, in denen Bruce von der Totenfeier und dem von da an leer bleibenden Tagebuch seines Vaters erzählt, schlägt der Film durchaus ernste Töne an und weiß auch die den "düsteren" Batman bevorzugenden Fans anzusprechen. Auf der anderen Seite allerdings lässt "BF" gerne mal jegliche Ernsthaftigkeit und auch den letzten Rest Vernunft fahren und suhlt sich zwar nicht dermaßen in brüllendem, kreischbuntem Irrsinn wie das, was da zwei Jahre später noch folgen sollte, stellt aber die Sinne des Zuschauers auf harte Proben...speziell, wenn man noch Teil 1 und 2 im Kopf hat. So entsteht ein teilweise reichlich zerfahrenes Gesamterlebnis; die einzelnen Zutaten und vor allem die Charaktere ergeben längst nicht immer ein stimmiges Ganzes.
Über dem gesamten Film hängt das beständige Gefühl, dass das Drehbuch Ergebnis einer brutalen Auseinandersetzung mehrerer Autoren war, die sich nicht einmal über die Uhrzeit einigen können. Auf einen halbwegs geglückten character moment folgt ein Sperrfeuer selten dämlicher Witze, auf das wiederum gnadenlos beschissenes Schauspiel folgt, aufgefangen von düsterer Tragik, die sofort von einer Nahaufnahme von Batmans Arsch ein Bein gestellt bekommt. Und so geht das den ganzen Film hindurch - von schwermütigen Bildern wird man mitten hineingeschubst in knallbunten Neonbrei und wieder zurück. Desweiteren werden den Charakteren oft Dialoge und Handlungen aufgedrückt, bei denen einem das Hirn in die Schuhe rutscht. Das fängt bei dem kriminell dämlichen Dialog auf dem Dach zwischen Batman und der Dokteuse an und hört bei Chris O'Donnells Ausflug im Batmobil noch lange nicht auf.
Bei den Charakteren hätten wir zunächst den wichtigsten von allen: Batman. Anders als Michael Keaton vor oder Christin Bale nach ihm (Clooney lass ich raus, der war zu keinem Zeitpunkt seines Auftritts jemand anderer als George Clooney) hält sich Val Kilmer nicht wirklich damit auf, seinen Bruce Wayne mit von seinem Nachtleben ablenkenden Charakteristika zu versehen. War Keaton bei Tag noch der verhuschte Exzentriker, dem man auch zutraut, dass er morgens aus Versehen ohne Hose aus dem Haus geht, und Bale der leicht arschlöchrige Playboy mit nie weniger als zwei Models im Schlepptau, konzentriert sich Kilmer eher auf die tragische Seite der Figur, und das gar nicht mal schlecht. Physisch präsenter als Michael Keaton und weit entfernt vom beleidigenden Schauspiel eines George Clooney, würde ich ihm einen guten zweiten Platz hinter Christian Bale einräumen. Mit einigem Abstand zwar, aber doch gleich dahinter. Gibt er auch einen guten Batman ab? Jein. Für sich allein, kämpfend und Verbrecher zu Klump schlagend, kann er durchaus glänzen - zumindest hat er weit mehr Kampfgeschick als das leere Hemd Keaton. Wortkarg, verbittert und brutal; was will man mehr? Sobald man ihm jedoch eine der Kopfschmerzen bereitenden Nebenfiguren vor den Bug schubst, wird es schäbig. Szenen wie der Dialog beim Batsignal mit *hust* "Dr." Chase Meridian (zu der komme ich noch) oder beim wiederholten Maßregeln eines nervig-arschigen Robin (zu DEM komme ich auch noch!) sind einfach nicht schön anzusehen. Es ist, als sei das schlechte Schauspiel ansteckend...schwer zu erklären, aber zuzuschauen, wie Batman, der eben noch Verbrecher krankenhausreif geschlagen hat und aus einem explodierenden Hubschrauber geschleudert wurde, sich bei einem grauenvollen Arztroman-Dialog mit Nicole Kidman von ihr wegdreht wie eine verschüchterte Jungfrau und dabei Sätze fallen lässt wie "It's the car, right? Chicks love the car." oder "I don't blend in at a family picnic!" ist einfach mehr, als manch einer ertragen kann.
Was wäre Batman ohne seinen treuen Sidekick Robin? Nun, im vorliegenden Fall wäre er um einiges besser dran. Charisma-Vakuum Chris O'Donnell gibt einen Dick Grayson/Robin ab, der jeglicher Beschreibung spottet. Dem Kerl würde ich nicht einmal den Burgerwender bei McDonalds abnehmen, geschweige denn den toughen Rebellen oder gar die trauernde Vollwaise, die es nach Rache für den Mord an der kompletten Familie gelüstet. Man könnte fast glauben, O'Donnell würde mit Absicht auf glaubwürdiges Schauspiel scheißen. Besteht seine vollständige Reaktion auf die gerade erst samt und sonders von Two-Face ermordete Familie darin dreinzuschauen, als hätte er sich gerade in die Hose geschissen, tut er, was natürlich jeder von uns tun würde, wenn wir erfahren, dass unser neuer Vormund derjenige ist, dem wir die Schuld am Tod unserer Sippe zuschreiben: das Batmobil kapern und damit "WOOHOO!" johlend durch die Stadt schlingern, um Nutten aufzureißen. Wenn schließlich direkt danach Batman auftaucht, damit O'Donnell, plötzlich tränenerstickt und rotzverschmiert, ihm mit den Fäusten auf dem Brustpanzer rumtrommeln kann wie ein kleines Mädchen, will man nur noch vor Fremdscham das Gesicht in die eigenen Hände vergraben. Schlecht geschrieben, noch schlechter gespielt - die Figur wurde von allen Beteiligten gnadenlos an die Wand gefahren. Allerdings fand ich Chris O'Donnell schon immer zum Kotzen, aber vielleicht irre ich mich ja und aus der Rolle ist einfach nicht mehr rauszuholen gewesen.
Womit wir beim zweiten Charakterfehlgriff angelangt wären: Nicloe Kidman als Dr. Chase Meridian, die, in den leeren Stuhl von Vicky Vale geschubst, den Film damit verbringt, Batman hinterher zu hecheln wie eine läufige Hündin (sie greift ihm sogar an die Nippel seines Kostüms) und schon in ihrer ersten Szene eindrucksvoll vorführt, dass Intelligenz und ein Doktortitel nicht zwingend Hand in Hand gehen ("Bats aren't rodents, Dr. Meridian."). Abgesehen von solchen Zahnschmerzmomenten bleibt sie als damsel in distress vor allem farblos und nebensächlich; in ihrer Funktion als Psychologin dient sie hauptsächlich als Stichwortgeber für Bruce Wayne, wenn es um seine Vergangenheit geht. Da hätte mehr drin sein müssen als bloß ein austauschbares love interest in den Film zu schmieren.
Nachdem wir die Helden den Helden und seine zwei Volleumel behandelt haben, widmen wir uns der Schurkenriege, an der die Autoren augenscheinlich weit mehr Spaß hatten. Two-Face hat mal eben die beste Einführung von allen ("Are you a gambling man?") spendiert bekommen, ist im Sinne des Camps der alten Serie großartig aufgebaut (Horden von maskierten Handlangern, ein extrem passend gestalteter Unterschlupf, die beiden Harveys gespaltener Persönlichkeit entsprechend kostümierten Gespielinnen Sugar und Spice, etc.) - alles wunderbar wahnsinnig getragen von Tommy Lee Jones, der hier overacted, als gäbs kein Morgen; man merkt dem Mann den Spaß durchaus an, den er beim Dreh hatte. Wem das Ganze zu dick aufgetragen erscheint, der soll sich einfach nochmal einen rohen Fisch verschlingenden Danny DeVito vorstellen, der auf einem kleinen mechanischen Batmobil durch die Gegend rüttelt und eine Armee von Pinguinen mit gestreiften Raketen auf dem Buckel befehligt. Einziges Manko: Er befindet sich nach eigener Ansicht in der falschen Rolle; die des Jokers wäre ihm sicher lieber gewesen...
Schließen wir den Charakterpart ab mit dem alleinigen Grund, warum ich überhaupt zum Schreiben dieses Reviews genötigt wurde: dem Riddler! Hm...schwierig. Einerseits bekommt man mit Jim Carrey als Edward Nygma genau das, was man von dem Schauspieler erwartet hat, besonders gerade mal ein Jahr nach "Dumm und Dümmer", "Die Maske" und "Ace Ventura". Andererseits fragt man sich, inwieweit sich Carreys Gesichtsakrobatik mit der Figur des sonst vergleichsweise ruhigen und berechnenden Riddlers verträgt...oder mit der Tatsache, dass der Film nun ZWEI manisch gackernde Psychopaten hat, die sich eigentlich nur noch durch ihre Kostüme unterscheiden. Ebenso wie Tommy Lee Jones hielt Carrey offenbar den Joker für den coolsten aller Batman-Schurken (womit er auch recht hat), was man seinem Schauspiel durchaus ansieht...oder ansehen könnte, würde man die Tatsache verdrängen, dass der Mann im Grunde nur sein Standardrepertoire an Wahnwitz austeilt, das er schon in bereits genannten Filmen verströmte. Trotzdem muss man Jim Carrey zugestehen, dass er im Großen und Ganzen einen brillanten Comicbösewicht abgibt; zwar hier und da etwas zu gewollt bekloppt agierend, aber insgesamt durchaus ordentliche Resultate auf den Tisch legend. (Ich gebs zu, bei seiner blinkenden Jacke und der hinterhergeschobenen Erklärung "It keeps me safe when I'm jogging at night!" hab ich fast unterm Tisch gelegen.)
Zur Ausstattung sei gesagt, dass "Batman Forever" zwar nicht der obszön kreischende Haufen Unglaublichkeit ist, der sein Nachfolger zwei Jahre später wurde, aber es liegt doch einiges im Argen. Einer Stadt, die tagsüber aussieht wie vom "Star Wars"-Set geklaut und nachts wie ein Weihnachtsbaum auf Drogen nehme ich den vom Verbrechen zermürbten Sündenpfuhl einfach nichts ab. Schumacher hätte seinen Neonröhrenfetisch besser zuhause gelassen. Der Score ist passend und angenehm batmanig geraten und der Atmosphäre zuträglich. Nichts zu beanstanden.
Was hat man uns mit "Batman Forever" also vorgesetzt? Wohin wollte man? Den Camp der alten TV-Serie in die Neuzeit verfrachten? In dem Fall wirkt das weite Ausholen in Bruce Waynes Vergangenheit und Psyche ziemlich deplaziert. Den Fokus auf die Tragik des Charakters legen? Dann passen wiederum comichaft überzogene Schurken und grelles Neon nicht. Dementsprechend stolpert der Film gerne mal über die eigenen Füße, fällt aber dabei nie so spektakulär auf die Schnauze wie sein Nachfolger. Denn schlecht oder gar langweilig ist "Batman Forever" bestimmt nicht. Zerfahren und mit sich selbst nicht ganz einig, ja - dennoch wird dem Zuschauer einiges geboten, so sich dieser darauf einlässt. Ich würde ihn nicht einmal unbedingt unter "Batman Returns" einstufen wollen...zumindest nicht besonders weit. Alles in allem kann man zwei Stunden weit schlechter ins Land ziehen lassen als mit diesem Film.