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Hat die 12-jährige Alice wirklich ihre jüngste Schwester Karen am Tag ihrer Kommunion umgebracht? Niemand kann und will das glauben, was an diesem Tag passiert sein soll. Doch die Beweislage ist erdrückend. Alles deutet darauf hin, dass Alice schuldig ist...


Zwei vollkommen unterschiedliche Schwestern, zwischen denen eine offenkundige Ablehnung steht die letztendlich eventuell zum Mord führt? Eine Thematik, die sicherlich nicht sonderlich neu daher kommt, aber in Alfred Sole's Werk aus dem Jahr 1976 sehr gut bearbeitet wird und zudem auch noch diverse Wendungen bietet, auf die man zu Beginn der Geschichte nicht unbedingt wetten würde. Zugegebenermaßen braucht die Geschichte ein wenig Zeit um so richtig in die Gänge zu kommen und so wird der Zuschauer bis dahin mit einigen offensichtlichen Seitenhieben gegen die katholische Kirche konfrontiert. Desweiteren kann man sich einen recht guten Einblick in das doch ziemlich angespannte Verhältnis der beiden Schwestern verschaffen, von denen das spätere Opfer eines Mordes von der damals noch blutjungen Brooke Shields dargestellt wird. Sämtliche Hinweise und Indizien lassen in Sole's Geschichte im Prinzip gar keinen Zweifel daran, das es sich bei der Mörderin von Karen um deren ältere Schwester Alice handelt und so ist man eine geraume Zeit wirklich hin-und her gerissen zwischen dem allzu Offensichtlichen, oder der Möglichkeit einer Wendung, die das Geschehen doch noch in einem vollkommen anderen Licht erscheinen lässt.

Genau aus diesem Aspekt bezieht der Film dann auch seinen ganz besonderen Reiz, denn das Geschehen baut zwar recht gemächlich dafür aber doch recht intensiv eine konstante Spannung auf, unter deren Einfluss sich auch nach und nach der subtil aufkommende Horror bemerkbar macht, der dem Ganzen eine wunderbar mysteriöse Note verleiht. Sole gelingt es dabei ganz hervorragend, mit der Ungewissheit des Zuschauers zu spielen, der sich seiner aufkommenden Ahnungen eigentlich nie sicher sein kann und mit diversen falschen Fährten immer wieder auf eine falsche Spur gelockt wird. Hinzu kommt der Aspekt, das sehr geschickt alltägliche Probleme wie beispielsweise das Verhältnis des geschiedenen Eltern-Paares in den Fokus gerückt werden, um den Betrachter von der eigentlichen Suche nach dem Mörder abzulenken. So bekommt dann auch die katholische Kirche ordentlich ihr Fett weg, werden doch diverse Abläufe ziemlich offensichtlich angeprangert, was dem Szenario auch eine bedingt kritische Komponente verleiht. Dennoch verliert man zu keiner Zeit vollkommen das Wesentliche aus den Augen und ist umso überraschter, als das Szenario nach gut 70 Minuten auf einmal mit einem Aspekt aufwartet, der den wunderbar aufgebauten Spannungsbogen erst einmal für einen Moment vollkommen in sich zusammenbrechen lässt.

Wie aus dem Nichts und vollkommen ohne jegliche Vorwarnung wird im Prinzip absolut unnötig die Identität des Killers preisgegeben, der mittlerweile nicht lediglich nur die kleine Karen getötet, sondern auch ihre Tante Annie mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hat. Als Zuschauer weiß man erst gar nicht wie man reagieren soll, denn hat der Film immerhin noch eine Restlaufzeit von knapp über 30 Minuten. Nachdem man jedoch den ersten Schock überwunden hat muss man erfreut feststellen, das es Alfred Sole erstklassig gelungen ist, auch mit der vorgezogenen Preisgabe der Identität des Mörders dem Ganzen nicht jegliche Spannung zu nehmen, denn die Geschichte entpuppt sich doch bis zur letzten Minute als absolut sehenswert und hält noch die ein-oder andere kleine Überraschung parat. Für einen Film der 70er Jahre beinhaltet die Geschichte einige doch recht blutige-und harte Passagen, so wird beispielsweise die Messer-Attacke auf Tante Annie sehr detailliert gezeigt, wobei insbesondere die blutigen Einstiche gut zur Geltung kommen. Nicht umsonst kann man "Alice Sweet Alice" wie der Film im Original heißt, durchaus gewisse Anlehnungen an einen waschechten Slasher attestieren, wobei sich die Geschichte aber doch zum Großteil durch ihre gruselige Grundstimmung definiert und in einigen kleinen Passagen sogar Ähnlichkeiten mit Nicolas Roeg's Meisterwerk "Wenn die Gondeln Trauer tragen" erkennen lässt, wobei allerdings ein wirklicher Vergleich der beiden Werke nicht ganz zulässig wäre.

Letztendlich präsentiert sich hier ein wirklich stimmiger Film, dessen ganz große Qualitäten sicherlich in der hervorragenden Atmosphäre zu suchen sind. Die zu Beginn kaum merkliche, aber mit der Zeit immer stärker werdende Entfachung des subtilen Horrors im Zusammenspiel mit dem extrem gelungenen Score sorgt hier in etlichen Passagen für eine wohlige Gänsehaut und hinterlässt eine äußerst nachhaltige Wirkung beim Zuschauer. Die etwas zu frühe Bekanntgabe der Identität des Mörders stellt sich im Endeffekt gar nicht mal unbedingt als negativer Kritikpunkt heraus, auch wenn man im ersten Moment unter einer Art Schockzustand steht, den man kurzzeitig überwinden muss. Alfred Sole hat mit "Communion - Messe des Grauens" sicher kein filmisches Meisterwerk, aber einen absolut sehenswerten Thriller kreiert, der teilweise auch Anlehnungen an den Slasher erkennen lässt. Sehenswert ist dieser Film allemal, auch wenn er auf manch einen im ersten Moment eventuell einen etwas eingestaubten Eindruck hinterlässt.


Fazit:


"Alice Sweet Alice" ist ein insgesamt gesehen sehr stimmiger Film, der durch seine hauptsächlich ruhige-und bedächtige Erzählweise eine hohe Intensität erzeugt und überraschenderweise mit diversen blutigen Passagen aufwartet. Im Mittelpunkt steht jedoch ganz eindeutig der Aspekt des subtilen Grauens, das hier phasenweise mit einer erschreckenden Vehemenz durchschlägt, die sich im Kopf des Betrachters festsetzt.


8/10

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