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Reese Witherspoon spielt die 26jährige Cheryl Strayed, die nach dem Tod der Mutter, gespielt von Laura Dern, ihren Schmerz mit Drogen und Sex betäubt, womit sie ihre Ehe zerstört. Sie beschließt, aus ihrem bisherigen Leben auszubrechen und den Pacific Crest Trail von Kalifornien bis Washington zu wandern.

Selbstfindungstrips waren schon häufiger Gegenstand diverser Hollywood-Produktionen, wobei zuletzt insbesondere Sean Penns Genrebeitrag „Into the Wild“ nachhaltig beeindrucken konnte. Und nun nimmt sich also auch der kanadische Regisseur Jean-Marc Vallee, der letztes Jahr mit „Dallas Buyers Club“ einige Oscar-Nominierungen und auch Auszeichnungen einheimsen konnte, der Thematik an, die auch diesmal auf einer wahren Begebenheit basiert, auf dem Buch der realen Cheryl Strayed. Vallee ist, soviel sei schon einmal gesagt, damit erneut ein durchaus sehenswerter Film gelungen, der sich aber weder mit „Dallas Buyers Club“, noch mit „Into the Wild“ messen kann.

„Der große Trip“ bringt Vieles mit, was ein gelungener Genrebeitrag braucht, aber eben auch wenig Neues. Wir haben es mit einer mitreißenden Geschichte zu tun, um eine Frau, die aus ihrem Leben ausbricht, sich einer schweren Herausforderung stellt und diese meistert, die sich immer wieder in Gefahr begibt und auf ihrer Reise allerlei interessante Bekanntschaften macht. Es gibt tolle Bilder zu sehen, schöne und abwechslungsreiche Landschaftsaufnahmen, Wälder und Steppen, verregnete Wiesen und verschneite Berge, somit immer neue Eindrücke, Figuren und Schauplätze, wodurch der Film nicht langweilig wird. Zwischendurch streut die Protagonistin einige Lebensweisheiten ein und denkt über ihre Vergangenheit nach, ohne dass der Film allzu rührselig werden würde.

„Der große Trip“ krankt aber an seiner höhepunktslosen Erzählweise. Der inszenatorisch ansonsten überzeugende Vallee erzählt die Geschichte seiner Protagonistin zwar leicht und unbeschwert, baut immer wieder amüsante Szenen ein, etwa die, in der die ständig fluchende Strayed mit ihrem viel zu schweren Rucksack kämpft und beschert dem Zuschauer somit zwei unterhaltsame Kinostunden. Das hat zwar zunächst durchaus seinen Reiz, irgendwann vermisst man dann aber doch den dramaturgischen Spannungsbogen und wünscht sich, dass der Regisseur Akzente setzt, anstatt verschiedene Episoden und Anekdoten der Reise aneinanderzureihen. Es ist alles durchgehend im Fluss, dazu passen auch der abrupte Beginn und das ebenso abrupte Ende der Reise, echte Spannung oder Dramatik kommen so aber nicht auf. Zudem streut Vallee die Rückblenden zur Vergangenheit der Protagonistin, die durchaus überzeugen und ihren Hintergrund beleuchten, immer wieder zu unpassenden Zeitpunkten ein, wenn sie gerade thematisch fehl am Platz sind. Dabei wirken sie relativ lang unstrukturiert, bis sie sich gegen Ende doch noch zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenfügen.

Dass der Film trotz der dramaturgischen Schwächen durchaus packend ist, ist vor allem der grandiosen Hauptdarstellerin geschuldet. Witherspoon, die selbst bei ihrer Oscar-Performanz in „Walk the Line“ nicht derart überzeugen konnte wie hier, trägt von Anfang bis Ende durch den Film, auch dann, wenn gerade wenig gesagt wird und weit und breit kein zweiter Mensch zu sehen ist. Man nimmt ihr die Strapazen der Wanderung durchgehend ab, weil sie sie nicht glaubhafter verkörpern könnte, bringt die innere Überzeugung der Protagonistin genauso authentisch auf die Leinwand wie ihre Ängste und Sorgen. Es ist eine regelrecht fesselnde Ausnahme-Vorstellung. Und auch in den Rückblenden überzeugt Witherspoon auf ganzer Linie, genauso wie Laura Dern, die die Mutter verkörpert. Warum Dern für ihre gefühlte 5-Minuten-Rolle für den Oscar nominiert wurde ist anders als bei Witherspoon aber schwerlich nachvollziehbar.

Fazit:
„Der große Trip“ bietet wenig Neues, kaum etwas, was bei Sean Penns „Into the Wild“ nicht schon besser gemacht worden wäre. Der Film unterhält mit seinen tollen Landschaftsaufnahmen, den amüsanten aber auch emotionaleren Episoden der Reise dennoch durchweg, wenngleich aufgrund des höhepunktslosen Erzählstils und der etwas unstrukturierten Rückblenden kaum Dramatik aufkommt. Dieser großartigen Reese Witherspoon wäre man jedoch auch nach der zweistündigen Reise gern noch weiter gefolgt.

71 %

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