kurz angerissen*
Dass die Grundidee originell war, haben selbst Skeptiker des ungewöhnlichen Home-Invasioners „The Purge“ aus dem Jahr 2013 zugegeben. Jetzt beweist sie ihre Vielseitigkeit auch auf dem Papier. Ob „Anarchy“ nun dem Ruf des Publikums gefolgt ist, mehr zu zeigen als das Innere eines Einfamilienhauses, ist im Grunde genommen egal: In Hinblick auf eine potenzielle Franchise hat Universal alles richtig entschieden. „The Purge“ erscheint nun wie ein endlos tiefer Ideentopf, aus dem in Zukunft noch dickere Fische zu ziehen sein könnten.
Denn fest steht auch, James DeMonacos Fortsetzung zu seinem eigenen Film lässt erneut Luft nach oben. Wünschen sich Verwandte am Vorabend des Purge Day gefühlte zwanzig Mal eine „sichere Nacht“, versucht man also penetrant oft, einen Sprachwandel als Hinweis auf dystopische Veränderungen zu implementieren, so wird dem B-Charakter mancher 80er-Jahre-SciFi-Kracher à la „Running Man“ entsprochen.
Nachfolgend führt Frank Grillo als knallharter Tour Guide durch die dunkle Stadt und gewährt Blicke auf schräge Einzelepisoden, zu denen nicht nur Straßenaktivitäten gehören, sondern mitunter auch Besuche hinter verriegelten Türen, in denen ein vermeintliches Fest der Familie und des Zusammenhalts stattfindet, unterschwellig jedoch ebenso der Terror brodelt wie in der zur urbanen Savanne verkommenen Situation vor der Tür. Das Skript wird auf diese Weise in Einzelabschnitte zerfasert, die eine TV-Serie als zweite Option geradewegs bewerben. Die Charaktere folgen entweder ihren Überlebensinstinkten oder verborgeneren Zielen, die nicht selten zu Kompromissen führen, welche DeMonaco für den kleinen Twist ausschlachtet und sich dabei wie gehabt um Logik wenig schert.
In der Folge bietet „Anarchy“ so manch abgefahrene Idee, spart aber auch bewusst die Umstände aus, unter denen der Purge Day auf politischer Ebene entschieden wurde. So lässt es sich leichter auf das Ende der Kette, die Konsequenzen auf der Straße, konzentrieren.
Die vermeintlichen Haupdarsteller, ein blasses Pärchen, wird von Grillo bis zur Unsichtbarkeit ausgespielt. Seine Präsenz bleibt die einzige Konstante in einem zerfahrenen Film voller angedeutetem Potenzial. Für sich betrachtet arg verbesserungswürdig und auch weniger konsequent als der erste Teil, liegt der eigentliche Verdienst des Films also darin, aufzuzeigen, was noch alles so in der Prämisse stecken könnte.
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