Red Dragon, ein Remake des Films von Michael Mann, ist weitaus erträglicher als sein Vorgänger. Dies liegt nicht nur an der Vermeidung von Fallen, die der Regisseur geschickt vermieden hat: so ist z.b. der Killer in Manhunter nicht angsteinjagend, sondern mit seiner schmuddeligen Strumpfhose über dem Kopf nur witzig, sogar lächerlich. In Red Dragon sieht man Fiennes nur ein Mal mit diesem Utensil, und danach ist Schluss. Red Dragon ist auch atmosphärisch besser: während Manhunter meist den Psychologen beim Selbstgespräch zeigte („Warum hast du es getan bla bla bla…“), ist die Figur des FBI-Agenten, der den Roten Drachen fangen soll, mit mehr Abstand gespielt. Es ist genau dieser Abstand, der die Entwicklung der Figuren mehr auf den Roten Drachen lenkt. Die in Red Dragon gezeigte Charakterentwicklung, hervorragend durch Ralph Fiennes dargestellt, ist sensibel. Sie zeigt außerdem die verschlossene, kranke Welt des Mörders und dessen Ursache: eine traumatische Kindheit. Denn in Wirklichkeit ist die Figur des Dolarhyde/Dragon nicht entstellt: Und die kleine Narbe des Killers ist nicht wirklich entstellend. Umsomehr spielt Fiennes psychologisch hervorragend den gekränkten, sich verändernden Charakter, eine Art Jekyll & Hyde Wandlung, in der auf der einen Seite die Liebe zur blinden Laborangestellten erwächst (und ein Typ nach billiger Anmache auch gleich gekillt wird), zum anderen wird im Zwiegespräch mit einem imaginären Drachen der Wahnsinn deutlich. Die Charakterentwicklung ist daher in Red Dragon als hervorragend anzusehen.
Im letzten Drittel des Films aber, dessen Wendung zugegebermassen spannend ist, und hier nicht verraten werden soll, ist die Gewalt doch etwas überzogen dargestellt und die Action zuviel des Guten: eine Großaufnahme eines Schusses ins Gesicht des Killers, so böse dieser auch sein mag, hat hier keinen Sinn, und soll nur billige Rachegelüste der Publikums befriedigen, ist also typisch Bush-Amerikanismus. Was während des ganzen Films wohltuend wenig vorhanden war (Gewalt wie in Hannibal), soll hier ergänzt werden, fügt dem Film aber keine bessere Note zu.
Alles in allem: ein ziemlich ruhiger Film, der nicht an Schweigen der Lämmer herankommt, aber Spannung aufzubauen weiß, und bei weitem das Original schlägt.
8/10