Review

Nun ja. Empfanden viele Fans des gepflegten Psychothrillers schon "Hannibal" als gelackten Werbeclip für Gourmetgerichte, hat meiner Meinung nach die "Hannibal-The-Cannibal"-Saga mit diesem Remake des Prequels zum "Schweigen der Lämmer" seinen neuen Tiefpunkt erreicht. Dies soll nicht heißen, dass "Roter Drache" ein schlechter Film ist, allerdings stinkt er im Vergleich zu den anderen "Hannibal"-Filmen etwas ab.

Die Story ist durch die sehr vielzähligen Reviews zu diesem Film hinlänglich bekannt, weswegen ich sie hier nicht noch einmal durchkauen möchte. Vielmehr möchte ich den Film kritisieren und das macht es mir natürlich einfach.

Für mich ist Edward Norton in der Rolle des FBI-Profilers Will Graham schlicht eine Fehlbesetzung. Er spielte schon einmal besser (siehe "Zwielicht" und natürlich "American History X") und hätte zu Anfang des Films im Urlaub bleiben sollen. Obwohl er sich redlich müht, kommt seine Figur für mich zu harmlos und weich herüber. Der kantige William L. Petersen im ersten "Roten Drachen" von 1986 war in dieser Hinsicht glaubwürdiger und nicht so ein verkappter Milchbubi wie Ed Norton. Tschuldigung, aber es ist nun einmal so. Der Rest der Besetzung - allen voran der "Teufel in Menschengestalt"; Anthony Hopkins als Hannibal Lecter in seiner Paraderolle - agiert indes souverän. Harvey Keitel ("Pulp Fiction") als Crawford hat in seiner Nebenrolle (leider) nicht viel zu schauspielern, Ralph Fiennes - bisweilen auf eher zahmere Rollen abonniert, siehe "Der englische Patient" - offenbart ungeahnte Qualitäten als psychopathischer Ritualmörder und Emily Watson - für "Breaking the Waves" immerhin oscarnominiert - zeigt als dessen blinde Geliebte in ihrem Schauspiel der Emotionen ihre ganze Klasse und Brillanz.

Wenn ich mich nicht irre, hat Drehbuchautor Ted Tally schon den "Das Schweigen der Lämmer"-Roman für dessen Verfilmung adaptiert. Gelang ihm damals ein Geniestreich, ist die Enttäuschung über "Roter Drache" umso größer. Keine ausgefeilten Wortgefechte, Pseudo-Charakterzeichnungen die im Sand verlaufen und schließlich das lächerlich kurze Finale im Hause Graham - Gott wie ist das mies (Oder liegt es etwa an der Vorlage?). Von einigen obligatorischen Logik-Löchern und ein paar Längen wollen wir einmal absehen. Immerhin sind ihm ein paar makabre Spitzen sowie einige nette und spannende Wendungen gelungen (PS: die Blindheit spielt dabei eine Rolle).

Ansonsten nichts Neues an der Thriller-Front: "Rush Hour 2"-Regisseur Brett Ratner liefert solide Genrekost ab mit Hochglanzoptik, unaufdringlicher Musik und ein paar passablen Effekten. So gerät der Film leider zu glatt und ihm fehlt gerade der Schmutz und die Tiefe, welche "Das Schweigen der Lämmer" zu einem der besten Psychothriller aller Zeiten machte.

Fazit: Ein guter Serienkiller-Film, welcher allerdings besonders im Drehbuch ein paar kleine Hänger aufweist. Im "Hannibal"-Film-Zyklus sicherlich der schlechteste Film, aber für einen wohlig gruseligen Abend mit einem diabolisch guten Ralph Fiennes reicht es. Nichts für Intellektuelle, aber alle Anderen können sich an diesem (weitgehend) kurzweiligen Suspense-Entertainment erfreuen.

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