„Die Seelen im Feuer“ wurde seit Tagen als herausragendes TV-Ereignis beworben, in zahlreichen Medien angepriesen und erstaunlicherweise überall als ansprechender Historienfilm positiv kritisiert – das machte Lust auf mehr und tatsächlich zog es mich auf den Fernsehsessel, um dem Fernsehfilm der Woche beizuwohnen.
Nach dem Roman von Sabine Weigand erzählt das Drama vor historischem Hintergrund die Hexenverfolgungen im 16. Jahrhundert.
Doktor Cornelius Weinmann (Mark Waschke) lehrt in Wien eine fortschrittliche Medizin abseits religiöser Erklärungen. Als er nach Bamberg anVaters Sterbebett eilt, will er nur kurz bleiben, aber der erkrankteFürstbischof nutzt die Gunst der Stunde für eine alternative Behandlungsmethode.
Derweil gesteht der 14-jährige Hansi, dass die Elin ihn verführt hat – der Anfang eines menschenverachtenden Hexenwahns, der in Bamberg seinen Höhepunkt erreicht.
Weinmann soll bei den Verhören mitwirken, hält aber erwartungsgemäßnichts von dem ganzen Hokus-Pokus, bis er aufgrund persönlicher Beziehungen inden Sog des Wahnsinns hineingezogen wird...
Der TV-erfahrene Regisseur Urs Egger („Opernball“ liefert Historien-Kino in Perfektion: Aufwändige Kulissen, nachvollziehbare Charaktere und eine Geschichte mit Realitätsbezug. Das sind Zutaten, wovon viele Kinoproduktionen heute nur träumen können!
Anhand einzelner Schicksale erfahren wir, wie sich die Jagd vom einzelnen Individuum durch Macht, Einfluss und Strategie zu einem denkwürdigen Massenmord entwickelt, wobei Aberglaube, sexuelle Fantasien, Unwissenheit, Angst und Machtkalkül den Scharfrichtern in die Karten spielen. Bamberg war als zentraler Ort mittelalterlichen Hexenprozesse unter der Regentschaft von Johann Georg II. Fuchs von Dornheim (1623–1633) bekannt. Unter seiner Vorherrschaft starben im Hochstift Bamberg 300 Personen in den Flammen der Scheiterhaufen, nachdem sie in einem mehrstufigen menschenunwürdigen Verfahren im Hexengefängnis „Drudenhaus“ gefoltert und anschließend verurteilt worden waren. Bekanntestes Opfer war schließlich Bürgermeister Johannes Junius, dessen wachsender Widerstand eine zentrale Rolle im Verlauf des Films spielen wird.
Die Produktion wird von einem gut sortierten Schauspieler-Ensemble getragen, allen voran Mark Waschke macht als Doktor Weinmann eine gute Figur, indem er die Entwicklung seines Charakters von anfänglicher Ignoranz zum letztendlich selbst verfolgten Helden jederzeit nachvollziehbar auf die Leinwand bringt. Silke Bodenbender steht diesem Spiel als seine gescheiterte Jugendliebe, die – natürlich – eine zweite Chance bekommt (was aber glücklicherweise nicht ein Bestandteil der Handlung wird) in nichts nach. Überhaupt sind die tragenden Rollen der Produktion mit namhaften Größen der deutschen TV-Landschaft glücklich besetzt.
Was soll man sagen: Ausnahmsweise trägt dieser Streifen die hohen Vorschußlorbeeren zu Recht.
Urs Egger ist mit dieser aufwändigen und anspruchsvollen TV-Produktion ein Stern am deutschen Fernseh-Himmel geglückt: Eine beachtliche Umsetzung eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, die nur zu gerne in Vergessenheit gerät.
Eigentlich fast zu schade für die Flimmerkiste im Wohnzimmer…
(9 / 10)