Schwer zu sagen, was die eigentlich als sicher im Umgang mit Eigenkreationen und einer gewissen Akzeptanz von Genremustern eingestuften Südkoreanerischen Filmemacher und Produzenten nun vermehrt bewegt, sich wie der gefühlte Rest der Welt, allen voran natürlich die Dominanz der Amerikaner, plötzlich auf bekannte Stoffe zu zubewegen und deren Adaption anzustreben. Seit Jahren gerade auf dem Sektor des Crime, im Wechselspiel vom Gangsterfilm und dem Polizeifilm mit quantitativ und qualitativ derart starken Output vertreten, dass man sich die eigene Marke , das Gütesiegel erarbeitet hat, wurden in letzter Zeit mit den offiziellen Remakes Cold Eyes und eben The Target sowie der deutlichen, aber gerade noch unabhängigen Referenz No Tears for the Dead gleich aufeinanderfolgend auch Budget- und Prestigeobjekte mit der Quelle anderer Kreativitäten formuliert. Wobei jeweilig die Schatten der Vorbilder stark und die Erträge der Mühen ihrer neuen Autoren und Regisseure so immer gedämmt waren. Während auch in Zukunft in Richtung des (ehemaligen) Hongkong-Kinos geschielt und entsprechende Verträge mit Johnnie Tos Milkyway Image unterschrieben waren, stellt sich The Target ausnahmsweise auf ein französisches Original, Fred Cavayés À bout portant a.k.a. Point Blank (2010) ein:
Von zwei Killern durch die nächtlichen Straßen gejagt, erleidet der eh schon durch eine Schußverletzung geplagte Baek Yeo-hun [ Ryu Seung-ryong ] bei der Flucht einen Autounfall, was ihn allerdings für wenigstens den Moment aus der Schußlinie und in die Notaufnahme des Arztes Lee Tae-jun [ Lee Jin-uk ] bringt. Für Lee, der ihm kurz darauf noch zusätzlich, bei einer Reanimation, nach einem weiteren Attentat das Leben rettet, fängt damit der Albtraum allerdings erst an, wird doch tags darauf seine schwangere Frau Hui-ju [ Jo Yeo-jeong ] entführt, und verlangt der Kidnapper als Gegenleistung die persönliche Übergabe von Baek. Zwar gelingt es dem Arzt, den mittlerweile von der Polizistin Inspector Jeong Yeong-ju [ Kim Seong-ryeong ] und Assistent Park Su-jin [ Jo Eun-ji ] als Mordverdächtigen Gesuchten aus dem Hospital zu schleusen, macht er sich dabei aber mit verdächtigt und übernimmt nun auch Senior Inspector Song Gi-cheol [ Yu Jun-sang ] von Regional Investigation Unit die Fahndung.
Der große Vorteil der Erzählung nach fremden Leitbildern hierbei und so gewissermaßen auch vorgegebenen Beispielen, die großteils doch übernommen werden – dort der Krankenpfleger, hier schon Arzt, dort eine Hochschwangere, hier noch einige Wochen hin, dort wird der kriminelle Mitwisser mit zwei Schüssen in den nackten Bauch getötet, hier 'nur' durch die Massageliege getreten und ausgequetscht etc. – , ist die überraschende Kürze der Geschichte, die gegenüber dem Original zwar immer noch eine gute Viertelstunde an mehr Spiel- und Laufzeit zulegt, die landeseigene Hürde von 120min Ausdehnung aber dennoch weit verpasst und dadurch nur gewinnt. Denn gerade zu Beginn wird keine Vorrede, keine lange Einführung und Vorstellung der Personen und ihrer Charakterisierungen und Verwicklungen, sondern bereits eingangs die dynamischen Pole und die schnelle Konfrontation korreliert. Die Handlung hat schon die Fahrt aufgenommen, als die credits gerade vorbei sind und man den Aktionen am Folgen und darüber Nachdenken und sich nicht erst lang und breit in der Umwelt am zurechtfinden ist. Eine gewisse Schnelligkeit und Behändigkeit braucht der Film, der abermals mit den Mitteln von Macht und Gier und Korruption und Missbrauch all dessen und so auch dem großen Verschwörungsplot und dem Unschuldig darin Gefangenen spielt, aber auch. Der richtige Mann zur falschen Zeit am falschen Ort, der sich plötzlich und erst ohne Bewusstsein und vor allem ohne Schuld in einem engmaschigen Spinnennetz, einem riesigen Komplott verschiedener Organisationen, schiesswütiger Handlanger und oft und zuguterletzt auch im Visier der Spürhunde der Polizei und so allein gegen Alle auf weiter Flur befindet.
Hitchcock schuf eingangs dieses run-for-cover Konstrukt, variierte es viel und wandelte es bis fast zur Perfektion; eine weitere Erinnerung, die diesen Film umgibt und umweht und in seine Fänge des Vergleichens zieht. So schlecht abschneiden tut man dabei sicherlich nicht, weder zum Allgemeinen noch dem Speziellen im Blick, ist die Identifikation gleich mit mehreren Protagonisten, parallel zum Fortschreiten des Plots gar immer weiter anwachsend gegeben und steigert sich gleichsam einheitlich auch das Bild der Antagonisten und so die gegeneinander abwägenden Perspektiven immer mehr heraus. Die Feindbilder sind nicht neu, kann man aber bei der schon von vornherein vorhandenen Übernahme von nun mal anderen Neigungen, in diesem Fall der Imitation des Schriftstückes von Fred Cavayé (und Co-Autor) Guillaume Lemans auch nicht mehr erwarten und sollte so auch nicht geschehen. Jegliche Erkenntniskraft ist im Grunde einer Anpassung an die landeseigenen Vorstellungen, also eher im passiven Gebrauch statt dem Zufall überlassen geschehen, was das Werk als schon überaus routiniert, aber eben nicht mehr und schon gar nicht überraschend und trotz technischer Stabilität auch nicht mitreißend im weiteren Sinne macht;( einzig der Umgang mit den Frauenrollen, die im Koreanischen Genrekino doch recht eingeschränkt auf die Dame in Not reduziert sind, wird durch die abermalige Orientierung an den Franzosen positiv editiert und hinsichtlich tatsächlich aktiver Akteurinnen injiziert.)
Ein tätiges Prinzip, was hier funktioniert; die Hetzjagd ist von Sympathien und Antipathien getragen und technisch vielleicht sogar aufwändiger, nur nicht spontan und so in rein handwerklicher Autorität formuliert. Während dort zumeist gelaufen, durch die U-Bahnen und andere Abteilungen des Straßenverkehrssystems gespurtet und den Häscher aus dem Weg gegangen wird, sind hier die Nahkämpfe im kleinen Kreise eingestreut. Ab und an hört man auch die Waffen sprechen und die Motoren aufheulen, gerade auch das Finale im Polizeirevier ist gänzlich anders und der emotionale Abschluss selber, sowieso die Umstände des Ganzen, die Motivation des für eine fremde Familie Kämpfenden auch anders als im Original gewichtend in Szene gesetzt.