Home Invasion der etwas anderen Art, als Thriller in Ruhe und Präzision, in dem mit Erwartung, Erfahrung und Erkenntnis des Zuschauers ebenso gespielt wird wie mit den Urängsten des Eindringens in die Privats- und Intimsphäre; und wo das Leben selbst in der Familie und der vermeintlichen Geborgenheit der eigenen vier Wände nicht mehr sicher ist. In dem von Huh Jung, Jahrgang 1981, als Debütant geschriebenen und gedrehten Hide and Seek wird der Anschein des Rückzugsortes der Wohnung, des Zuhauses gleich in der ersten Szene vollständig genommen und auch danach nie wieder als wenigstens nur vorübergehende Fassade installiert und regeneriert. Vielmehr ist es immer dann am Gefährlichsten, wenn man sich in diesem geographischen Schutzraum wähnt, aber feststellen muss, dass kein noch so scheinbar wirksames Türschloss, keine Absperrungen mit Zahlencode und Detektor, keine CCTV-Überwachung und der Sicherheitsdienst unten im Hauseingang ebenfalls nicht ausreichend für die Wiederherstellung der Zuversichtlichkeit des Schutz des Lebens ausreichend ist:
Das scheinbar perfekte Familien- und Eheleben des zweifachen Vaters Seong-soo [ Son Hyeon-joo ] bricht schnell auseinander, als er sich gezwungenermaßen auf die Suche nach seinem als vermisst geltenden (Adoptiv)Bruder begibt. Nicht nur, dass dessen letzte Unterkunft im Gegensatz zum hochluxuriösen Apartmentkomplex von Seong-soo eine äußerst schäbige Behausung in einer ebensolchen Gegend, allesamt zum Abriss bereit ist, auch scheint der verlorene Verwandte ein überaus schlechtes bis kriminelles Verhalten an den Tag gelegt zu haben, was aufgrund der bisherigen Geheimnistuerei ihres Mannes und einigen plötzlichen Attacken auf sie und ihre Kinder die Ehefrau Min-ji [ Jeon Mi-seon ] aus dem Hause treibt. Nun auf sich alleingestellt und bereits in früher Kindheit diversen Ängsten bis hin zur Mysophobie ausgesetzt, dringt Seong-soo immer tiefer in den aufgewühlten Dreck hinvor.
Zwei Gegenwelten werden im Film präsentiert, zwei Kontraste, die unterschiedlicher nicht sein können, aber ähnlich nur die Frontansicht für so viel Mehr dahinter sind. Ein exklusiver Apartmentkomplex, der im weiten Umkreis bereits mit Schranken von der Außenwelt abgeschottet und nur für die elitären und vermeintlich glücklichen in der Bevölkerung auch zugänglich und entsprechend teuer im Unterhalt ist; und der Widerstand dazu, in dem es leckt und tropft und das Gerümpel in der Umgebung ebenso zahlreich vorhanden wie in den Eingängen und Treppenhäuser und Fluren des heruntergewirtschafteten und vernachlässigten Gebäudes ist. Dabei wird das Geborgensein im Hochhaus in einer eindringlichen Attacke, einer ausgeklüftelten Spannungssequenz mit mehreren langsamen Steigerungen von Bedrohlichkeiten und einer dann trotzdem plötzlich hereinbrechenden Gefahr auf nachhaltige Weise genommen, was im Empfinden des Publikums noch überwältigender im Einreißen der persönlichen Schutzmauern als das von vornherein Unwohlsein verströmende Bauwerk kurz vor dem Abriss ist.
Zwei Welten, die miteinander verglichen und angeglichen werden und zwischen denen getauscht und gewandert wird; eine Erkundung der Inszenierung, in der die Vorderansicht nur kurz gezeigt und bald ignoriert und hinter die Türen geschaut wird. Fakten und Neuigkeiten und Veränderungen von Beobachtung und Wahrnehmung taucht immer dann auf, wenn der Durchgang geöffnet und betreten wird, wenn sich der Vorhang beiseiteschiebt oder die Wand und Begrenzung des Raumes als eine versteckte, heimliche Öffnung zur Nachbarwohnung entpuppt. Wenn der Blick auf das Innere freigegeben wird, was im Film gleichzeitig mit der Sichtweise auf die Vergangenheit der Hauptfigur und seinen Zwängen und auch der Mitschuld an den Ereignissen geschieht.
Auf mehreren Ebenen wird hier gewandert, fast ein wenig störend, da zwischendurch in der Ausbreitung des drohenden Unheils und der Missstimmungen wechselnd bzw. zu viel, wird hier nicht bloß der physische Terror, sondern auch eine psychologische Komponente, das Diktat der Kontrolle, der Reinlichkeit, der peniblen Anordnung von Gegenständen bis zur Wahnhaftigkeit und im Krankheitsmuss erst formuliert, so auch multipliziert und dennoch bald auch wieder ignoriert. Eine Ausbreitung auf frühere fatale Ereignisse, auf die Nachbarn in der Geschichte, auf Außenstehende und über den Weg gelaufene Personen, erstaunlicherweise niemals die Verteilung auf die sonst so gern in Anspruch genommene Hilfe der Polizei, die hier nahezu vollständig ignoriert und selber die Nachforschung ausgeübt wird.
Ignorieren muss man dabei auch das Spiel mit gleich mehreren Standardsituationen des Thrillerkinos, die gerade im langdauernden Finale bis zum Exzess wiederholt und mit Unwahrscheinlichkeiten oder auch Dummheiten der Protagonisten kollidieren; ein Spiel, dass von Skript und Regie auch auf jeden Fall betrieben werden kann und souverän ausgeführt, aber nahe an der Grenze zum Ärgernis oder auch zur unfreiwilligen Komik wird. Neben dem anhaltenden Beherrschen der Mechanismen der Gattung, in einem erst leisen, letztlich oft konträr als Schock platzierten Eindringen eines Horrorszenariums, liegt der Vorteil auch im Aufklappen von neuen Klarsichten und Impulsen. Ergeben sich wie beim Eintreten in eine fremde Wohnung erst der erste schnelle Blick und das das Durchströmen und Durchstöbern, das Aufmachen von Schränken und Schubladen und das Durchwühlen der Inhalte dessen immer weitere Anregungen von Geltung und Rang. Anbei auch die Geschichte einer Einzelperson, die zweimal eine Familie gefunden hat, aber bei beiden diesen Verbänden der Verwandtschaft nur mit dem Verschweigen von Wahrheiten bis hin zu Lügen und so mit dem Zufügen von Schaden Anderer für eine Weile durchgekommen und nie richtig angekommen ist.