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In Michael Karbelnikoff´s 1994er Crime-Drama „F.T.W. – Tiefer als Hass“ (aka „the Last Ride“) geht es um den ehemaligen Rodeo-Champion Frank (Mickey Rourke), der nach einer verbüßten zehn-jährigen Haftstrafe (zu der man ihn wegen Totschlags verurteilt hatte) zu Beginn des Films aus dem Gefängnis entlassen wird: In einer Bar war er damals einer Frau zu Hilfe gekommen, die von ihrem Ehegatten bedrängt wurde – was schließlich in einem Kampf mündete sowie darin resultierte, dass eben jener Herr am Ende tot am Boden lag und die Dame später dann vor Gericht seine „Notwehr-Schilderung“ nicht mehr bestätigen wollte. Erneut „auf freiem Fuß“, sucht er seinen Kumpel Bucky (Rodney A. Grant) auf, der noch immer im Rahmen des von beiden seit jeher geschätzten Sports aktiv ist und für ihn einige „persönliche Dinge“ aufbewahrt hat – wodurch er sich zum Ausklang des Tages wieder im Besitz eines alten Pick-Up-Trucks, eines Pferds und eines zugehörigen Transport-Anhängers befindet. Sein Plan ist es, schon bald in den Kreis der Wettbewerbs-Reiter zurückzukehren…

Parallel dazu lernt das Publikum die als Automechanikerin bewanderte Scarlett (Lori Singer) kennen, welche gemeinsam mit ihrem Bruder Clem (Peter Berg) und dessen Bekannten Joe (John Enos III) eine Bank auszurauben gedenkt. Clem weist offenkundige psychopathische Züge auf und zwingt seine Schwester zudem regelmäßig zu sexuellen Handlungen mit ihm. Joe indes hat ein Auge auf das hübsche Mädel geworfen – allerdings überwiegt bei ihr die Angst vor Clem, weshalb sie seine Avancen nicht so wirklich als eine „realistische Chance“ erachtet, ihrer Lage zu entfliehen. Zwar gelingt es ihnen, bei dem Überfall etliche tausend Dollar zu erbeuten – doch tötet Clem in jenem Kontext einen Wachmann plus vier Polizisten; was die Behörden sie im Folgenden natürlich umso erpichter jagen lässt. Letztlich wird das Trio in einem Motel aufgespürt: Sogleich entbrennt ein wüster Shootout, bei dem Joe und Clem erschossen werden – während Scarlett dagegen zu entkommen vermag (samt des Fluchtwagens und einiger Habseligkeiten, allerdings ohne dem Geld)…

Auf einem abgelegenen Grundstück hat Frank noch einen Wohnwagen stehen, in welchem er bis zu seiner Verhaftung lebte. Als sein Pick-Up auf der Fahrt dorthin liegen bleibt, erkundet er ein wenig das umliegende Gelände – wobei er Scarlett entdeckt, die sich in einer Scheune schlafen gelegt hatte. Unabhängig dessen, dass sie ihn sofort mit einer Waffe bedroht, behält er seine Ruhe bei und berichtet ihr davon, warum er gerade derart unterwegs ist. Dank seines freundlichen Auftretens sieht sie sich den „streikenden“ Motor mal an und kann ihn auch flugs wieder zum Laufen bringen – woraufhin er ihr wiederum „eine Bleibe“ anbietet und sie über die nächsten Tage hinweg zu einem „sich gegenseitig Halt gebenden“ Paar werden. Erste Erfolge Franks bei Rodeo-Veranstaltungen ändern aber nichts daran, dass Scarlett (angesichts der fortbestehenden Fahndung nach ihr) stets aufmerksam sein muss, sowie dass die gewonnenen Preisgelder nicht ausreichen, um ihre alltäglichen Kosten zu decken – weshalb sie sich eines Abends kurzerhand dazu entschließt, ein weiteres Verbrechen zu begehen…

Der Titel des Films – also „F.T.W.“ – bezieht sich sowohl auf eine Tätowierung Scarletts (mit der Bedeutung „Fuck The World“) als auch auf die Initialen unseres Haupt-Protagonisten Frank T. Wells – was ihr von Anfang an den Eindruck verleiht, dass es „Schicksal“ sei, dass sie sich begegnet sind, bzw. dass sie „füreinander bestimmt“ wären. Zugunsten des Projekts hatte Rourke seinerzeit das Angebot Quentin Tarantinos abgelehnt, in „Pulp Fiction“ die (nun ja von Bruce Willis verkörperte) Rolle des Ex-Boxers „Butch“ zu übernehmen, da ihm dieses Werk hier „speziell am Herzen lag“: Es ist nämlich so, dass er himself hinter dem als Co-Autor der Story aufgeführten Pseudonym „Sir Eddie Cook“ steckt, im Vorhinein rund acht Jahre lang an der (ursprünglich mal im Biker-Milieu angesiedelten) Idee „gebastelt“ hatte und via „Red Ruby Productions” ebenfalls an jenem Bereich der Realisierung beteiligt war. Am Ende hatte Mari Kornhauser („Zandalee“) das Skript fertig verfasst und wurde „Mobsters: the Evil Empire“-Regisseur Karbelnikoff mit der Umsetzung betraut…

Frank ist ein bescheidener, sich nach „individueller Freiheit“ (einer friedlichen, Natur-verbundenen Existenz) sehnender Cowboy, dessen „Gutmütigkeit“ ihm zuvor schon einmal „große Schwierigkeiten“ beschert hat. In der vergangenen Dekade musste er auf all die Dinge verzichten, die ihm wichtig sind – und trotzdem hatte ihn das Gefängnis weder „gebrochen“ noch „mit Verbitterung erfüllt“. Am wohlsten fühlt er sich in den einsamen Weiten Montanas: Die Aussicht darauf, das erneut erleben (erfahren) zu können, hatte ihn zum Durchhalten animiert. Mickey Rourke („Wild Orchid“) portraitiert ihn bedächtig, mit ruhiger Stimme, einem „Country-Akzent“ sowie einem soliden Maß genau jenes Charismas, für das er in den Achtzigern ja u.a. zu Bekanntheit gelangte. Schade, dass ihm nicht manch bessere Dialogzeile vergönnt war. Generell ist Frank ein „integrer Kerl“ – weshalb ihn die Leute, die ihn noch von früher her kennen, losgelöst der Verurteilung weiterhin schätzen und ihm „eine zweite Chance“ gönnen…

Scarlett dagegen ist zusammen mit ihrem zu Gewalt neigenden Bruder aufgewachsen, der sie überdies wiederholt zu „sexuellen Akten“ mit ihm zwang. Sie agiert (und reagiert) oft launisch, impulsiv und irrational – ist „emotional verstört“ und hat mit widersprüchlichen Empfindungen zu kämpfen: Clem verabscheut sie bspw. für das, was er ihr angetan hat – liebt ihn zugleich aber dennoch (auf eine familiäre Weise) und trägt eine beträchtliche Wut auf die Cops in sich, welche ihn förmlich hinrichteten, anstatt ihn zu verhaften bzw. medizinisch zu versorgen. Sie ist verwundert darüber, dass Frank nicht mit ihr schlafen will, als sie ihm das als „Entlohnung“ für seine Gastfreundschaft und Unterstützung anbietet – einfach weil sie anderes Verhalten (von Männern) gewohnt ist. Die psychologischen Aspekte des Parts – vorrangig im Hinblick auf die seelischen Auswirkungen des Inzests – mögen zwar nicht gerade umfassend oder sonderlich akkurat ausgearbeitet worden sein – doch immerhin geht die Performance Lori Singers („Footloose“) insgesamt in Ordnung…

Frank und Scarlett sind unterschiedliche Persönlichkeiten, die einander Geborgenheit sowie eine „Aussicht auf Errettung“ in dieser ansonsten recht „kühlen, rauen Welt“ bieten. Ihm sind ihre „Probleme mit dem Gesetz“ gewahr – allerdings kommt es für ihn nicht in Frage, sie deshalb im Stich zu lassen. Um nicht erkannt zu werden, schneidet sie sich u.a. ihre langen blonden Haare ab und färbt sich jene dunkel. Sie möchte Frank keinen „Ärger oder Schaden“ bereiten – hat aber ansonsten niemanden, an den sie sich wenden könnte, und hegt tatsächlich ernsthafte Gefühle für ihn. Es ist, um ihnen (als Paar) „finanziell auszuhelfen“, dass sie einen Laden überfällt – bloß zeichnet sich dabei auch ihre „selbst-zerstörerische Ader“ ab; etwa indem sie auf jegliche Maskierung verzichtet. Ferner spitzt sich die ganze Situation zusätzlich zu, als sich Frank bei einer Prügelei die Hand verletzt – was seine Sieges-Aussichten bei einem anstehenden Wettkampf unweigerlich verringert. Scarlett gibt sich die Schuld daran – und nimmt das Risiko auf sich, eine weitere Bank auszurauben…

Als Zuschauer kann man sich ab einem gewissen Punkt schon denken, dass diese Geschichte wohl tragisch enden wird: Entweder dürfte Scarlett irgendwann mal „auffliegen“ – oder ihre Entscheidungen, weiterhin Straftaten zu begehen, würden sie „ins Verderben führen“. Im Mittelteil des Films wird die melancholische Atmosphäre mit verschiedenen Szenen „aufgebrochen“, die (für die Charaktere) schöne, hoffnungsvolle Momente aufzeigen – welche aber leider nicht unbedingt arm an Klischees daherkommen (á la Gespräche am knisternden Lagerfeuer, ein Jahrmarkt-Besuch, umhergaloppierende Wildpferde, Baden in einer Metallwanne unter freiem Himmel oder leidenschaftlicher Sex in einem Bach im sonnigen Sommerregen). All das – ebenso wie die zahlreichen Rodeo- und Landschaftsaufnahmen – hat Cinematographer James L. Carter („Ladder 49“) in ansprechend anzusehende Bilder gekleidet, während der Score Gary Changs („Under Siege“) seinen Zweck erfüllt – allerdings nicht ohne bisweilen durchaus „kitschige Klänge“ vorzuweisen…

Um die „leiseren Töne“ herum präsentiert uns Karbelnikoff einige prima arrangierte, an sich prächtig in einen „gritty-gewalttätigen Crime-Flick“ hineinpassende „Genre-Set-Pieces“, die u.a. mit Elementen wie Zeitlupen-Verwendung, Verfolgungsjagden (in Fahrzeugen, zu Pferd) sowie mit vereinzelten sich blutig entfaltenden Shootouts aufwarten. Die Sache ist bloß, dass das gegenüber der geruhsam erzählten dramatischen Love-Story gelegentlich ein Stück weit „holprig“ anmutet. Letzteres gilt ebenfalls für so manche „überzogene“ Aktion der Cops und den Auftritt Peter Bergs („Collateral“), welcher als schießfreudig-irrer, Zahnspange-tragender, seine Schwester vergewaltigender Clem ziemlich „over-the-Top“ agiert – ganz anders als bspw. B-Movie-Veteran Brion James („Nemesis“), der einen örtlichen Sheriff ungewohnt subtil mimt. Nunja, alles in allem präsentiert sich „F.T.W.“ als eine zwar nur wenig spannende, tiefgründige oder originelle, nichtsdestotrotz nicht ununterhaltsame „Außenseiter-Ballade“, die in erster Linie für Mickey Rourke Fans von Interesse sein dürfte…

tendenziell eher knappe „4 von 10“

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