Eigentlich war das Genre ja tot. Nicht zuletzt Michael Ciminos „Heaven’s Gate“, der nicht nur aufgrund seiner katastrophalen Produktion floppte, zeigte, dass der Western sich in dieser Form überlebt hatte. Umso ungewöhnlicher ist die Tatsache, dass Lawrence Kasdan („French Kiss“, „Dreamcatcher“) sich mitten in den Achtzigern ein Projekt vom alten Schlag schrieb und das dann auch mit Starbesetzung inszenierte. Die dringend notwendige Modernisierung des Genres gelang dann auch erst drei beziehungsweise fünf Jahre später mit den beiden MTV-Style-Western „Young Guns“ (dort wurden die hierfür gestalteten Sets übrigens wiederverwendet) und „Young Guns II“. Ein, wenn auch nicht überragend erfolgreicher, guter Beitrag ist „Silverado“ dennoch allemal.
Zu verdanken hat das Kasdan seinem spielfreudigen Cast, denn im Grunde ist sein Skript nur die unwesentlich erneuerte Anordnung längst bekannter Elemente. Sorgsam führt er erst das Quartett ein, die spontan reisenden Siedlern (Anführer Brion James!) ihr geraubtes Kapital zurückschaffen und beginnt erst dann mit der wirklichen Geschichte. Die Charaktere wären damit schon mal vorgestellt.
Zufällig finden sich gleichzeitig in der Kleinstadt Silverado das Brüdergespann Emmett (Scott Glenn, „Backdraft“, „Vertical Limit“) und Jake (Kevin Costner, „Robin Hood: Prince of Thieves“, „Waterworld“), der schwarze Farmer Mal Johnson (Danny Glover, „Lethal Weapon“, „Predator 2“) und Paden (Kevin Kline, „French Kiss“, „Wild Wild West“) ein, um vor Ort festzustellen, dass die dortigen Siedler vom mächtigen Großgrundbesitzer Ethan McKendrick (Ray Baker, u.a. Nebenrollen in „Total Recall“ oder „44 Minutes: The North Hollywood Shoot-Out“) terrorisiert und von ihrem Land vertrieben werden. Jeder auf seine ganz eigene Art von der Situation betroffen, geht darauf zunächst seinen Weg.
Emmett und Jake müssen nach ihrer Rückkehr feststellen, dass der tyrannische Viehzüchter Ethan seinen Vater an Boshaftigkeit noch übertrifft und holen zum Gegenschlag aus, weil es um die Existenz ihrer außerhalb von Silverado ansässigen Familie geht.
Wesentlich schlimmer hat es da Mal erwischt. Nicht nur, dass seine Schwester ein Freudenmädchen geworden ist, seine Mutter längst tot und alles Hab und Gut verbannt wurde, er muss auch noch um seinen Vater trauern und stellt damit die tragischste Figur.
Als zweigespaltener Charakter stellt sich Paden heraus. Hin- und hergerissen zwischen dem lukrativen Job des Hilfssheriffs und damit Laufbursche McKendricks und einem friedlichen Leben als Farmer muss er sich für eine Seite entscheiden.
Lawrence Kasdan mutige Auswahl soll inmitten dieses allseits bekannten Musters die Pluspunkte sammeln. Komiker Kevin Kline wurde hier komplett in ein ihm fremdes Genre versetzt und glänzt mit seiner ruhigen, alle Möglichkeiten abwägenden, letztlich aber auch unentschlossenen Art, während Scott Glenn und vor allem der junge, hier alle Aufmerksamkeit auf sich lenkende Kevin Costner die Heißsporne abgeben. Danny Glover, so urplötzlich seine Trauer zwischendurch auch verfliegt, macht als Gewehre schwingender Cowboy hier jedoch eigentlich den meisten Spaß. Komplettiert werden die Vier von einem herrlich zynischen Brian Dennehy („First Blood“, „F/X“), dem windigen Spieler Jeff Goldblum („The Fly“, „Jurassic Park“), B-Routinier Jeff Fahey („Operation Delta Force“) in seinem Leinwanddebüt, John Cleese (als Sheriff unverfälschbar komisch) und Linda Hunt („The Relic“, „Kindergarten Cop“). Wichtig war dieser Film für Danny Glover, der darauf mit „Lethal Weapon“ durchstartete, und vor allem für Kevin Costner. Der seine Liebe zum Western entdeckende, hier sehr quirlige Jungstar sollte mit „Dances with Wolves“, „Wyatt Earp“ (wieder mit Kasdan) und nicht zuletzt „Open Range“, jeweils in der Hauptrolle und zweimal auch Regie führend, Unvergessliches abliefern.
An „Silverado“ selbst sollte man diese Erwartungen nicht stellen. Kasdan fotografiert schick, aber nicht unvergesslich, inszeniert die Shootouts genrekonform, aber nicht herausragend. Er treibt die Story voran, wirklich kritisch wird es aber nie – also solide in jeder Beziehung, nur eben nicht herausragend. Dabei wird überdeutlich, dass Kasdan das letzte Quäntchen Talent fehlt, um so einen Stoff wirklich packend auf Zelluloid zu bannen.
Die vier Kämpfer für das Gute nehmen ihre Mission nicht bierernst, weswegen sich auch immer wieder richtig dosierter Humor antreffen lässt. Davon haben die Schergen McKendrick nur leider herzlich wenig, denn die müssen ins Gras beißen. Mit Gespür für sich langsam aufbauende Spannung, entlädt Kasdan „Silverado“ so richtig erst zum Schluss, als es inmitten einer Amok laufenden Rinderherde auf McKendrick zum finalen Shootout kommt. Reibereien, Prügeleien, Wortgefechte und das einander Umkreisen gehen dem Vorweg. Dabei überrascht der Regisseur immer wieder mit Passagen, in denen er vor allem dem nachdenklichen Paden seine Zeit erhält.
Dank der realitätstreuen Sets, des rauen Klimas und dem klassischen Kampf Gut gegen Böse kann man „Silverado“ seine Qualitäten gar nicht absprechen. Kasdan gelingt nur, trotz flotter Dialoge und gänzlich überdrehter Akteure, nicht die erwartete Genrerevolution. Dafür ist der Film zu halbherzig und klammert sich an alten Motiven fest. Das tut „Young Guns“ zwar auch, aber er weiß sie entsprechend modern aufzubereiten.
Fazit:
Bleibt ein immer noch klar überdurchschnittlicher Western, der zu seiner Zeit ein wenig auf verlorenem Posten stand. Lawrence Kasdan fehlt der Mut hier das Genre revolutionieren, weswegen „Silverado“ nur ein Spagat zwischen klassischen Motiven und modernen Einflüssen darstellt. Die Interesse an Western war seinerzeit nun mal gering, weswegen Kasdan unter Finanz- (25 Millionen Budget) und Erfolgsdruck nicht nur inhaltlich Kompromisse eingehen musste.
Die kompetente, wenn auch nie überragende Inszenierung, die Spielfreude der damals zum Teil noch unbekannten Starriege und die ungewöhnlich intensive Charakterdarstellung einzelner Personen runden den Film ab. Für Westernfans trotz Abstrichen immer noch eine Empfehlung.