Review

Nicht jeder hat das Talent, als Autorenfilmer ein Werk mit hohem Unterhaltungswert zu schaffen. Dazu gehört leider auch Mathieu Seiler, der für das Drehbuch und die Regie von True Love Ways zuständig ist.

Aber erst mal zum Positiven, denn davon hat der Film einiges zu bieten. Vor allem das Bild hat mir sehr gut gefallen. Oliver Geislers Kamera und das Licht wirken außergewöhnlich (für einen deutschen Film). Immer wieder nimmt die Kamera Winkel ein, die durchaus an den Giallo erinnern, genauso das intensive Spiel mit der oftmals nur sehr punktuellen Schärfe bei Großaufnahmen. Die Ausleuchtung hingegen erinnert - vor allem im Zusammenspiel mit dem Schwarz-Weiß - an Hitchcock, den Film Noir oder aber auch an den frühen Lynch. Der schien auch für einige Dialoge, die eher kurz geraten sind, Pate gestanden zu haben. Was aber etwa in Lost Highway vom Altmeister wunderbar funktioniert, wirkt in True Love Ways mehr gewollt als gekonnt. Nicht nur, dass die Dialoge hölzern und teilweise albern wirken, auch die Darsteller konnten mich mit ihrer Art, diese zu präsentieren, nicht überzeugen. Mein Eindruck war allerdings, dass dies weniger am Talent der Schauspieler als mehr an der schlechten Schauspielerführung lag, die sich auch in Mimik und Gestik ausdrückte.

Und schon sind wir bei den negativen Seiten. Das Drehbuch hat eine sehr interessante Grundidee, die sich erst am Ende auflöst. Allerdings ist Seiler einem großen Problem erlegen: Er ist in seine Ideen zu selbstverliebt. Das führt zu einem Ungleichgewicht der Storyelemente, die den Film einerseits unsäglich in die Länge ziehen, andererseits wichtige Elemente nur am Rande behandeln, und somit der Handlung Tiefgang entziehen. Reduktion wäre hier ein Schlüssel gewesen: Reduktion einzelner Elemente, die der Regisseur offenbar für zu wichtig hielt, um sie zu opfern, damit die Handlung und auch das Tempo besser funktionieren. Denn der zähe Anfang verliert sich in ermüdenden Einstellungen und Sequenzen (und ich bin ein Freund langer Einstellungen). Erst als sich die Hauptfigur auf den Weg in den Urlaub macht, nimmt der Film sprichwörtlich Fahrt auf. Aber auch dann musste ich mich einige Male fragen, warum einiges nicht einfach straffer erzählt wurde.

Ein zweites großes Problem ist die stereotype Figurengestaltung. Vieles wirkt wie ein Sammelsurium, als hätte ein Filmstudent all seine bildlichen und filmischen Vorbilder zusammengetragen und das vermeintlich Passende geklaut. Da wirkt einiges unfreiwillig komisch (die Snuffgangster, die Nachrichtensendungen im TV, oftmals das schwer nachvollziehbare Verhalten der Figuren) und nimmt dem Film seinen ernsthaften und surrealen Grundton. Zudem ist der Film inkonsequent, denn die gezeigte Gewalt, meist in Verbindung mit Sexualität, ist nur halbherzig umgesetzt und wirkt deshalb bemüht und unglaubwürdig.

Auch am Schluss erliegt der Regisseur dem alten Problem und präsentiert eine Abfolge von Sequenzen, die alle als Ende funktioniert hätten. Wirklich dämlich ist der CGI-Effekt der explodierenden Villa. Das eigentliche Ende, in dem Severine den wahren Hintermann des Snuffprojekts entdeckt, ist gelungen. Dennoch ist die Folge dieses Moments so vorhersehbar wie vieles in True Love Ways.

Einzig Hauptdarstellerin Anna Hausburg hat sehr starke Momente, die aber durch die Regie immer wieder auf ein schwaches Niveau heruntergezogen werden.

Fazit:
True Love Ways hat ein großes Potenzial, allerdings verspielt dies die Personalunion des Drehbuchautors und Regisseurs derart, dass man sich ärgert, dass ein solch interessantes Projekt, das auch noch finanziert werden konnte, so versemmelt wird. Besonders die Sequenz zu Beginn im Park, die Sequenz im Keller der Villa (selten jemanden so schlecht über eine Leiche stolpern sehen) oder als Severine als Brigitte-Bardot-Verschnitt durch Paris tapselt zeigen, dass Regisseur Mathieu Seiler das Feingefühl für eine glaubwürdige und spannende Inszenierung fehlt. Für Idee, Bild, Schnitt und Musik sowie die Hauptdarstellerin vergebe ich ich insgesamt 7 Punkte. Für das schwache Drehbuch und die Regie 2. Ich wünsche mir mehr solcher Projekte, aber dann mit talentierten Personen am Schreibtisch und auf dem Regiestuhl.

4,5/10

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